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Ein goldiges Handwerk

Handwerk Wer nach einem Vergolder Ausschau hält, muss lange suchen. Dabei hat das jahrtausendealte Handwerk viele unterschiedliche Techniken zu bieten. Von Cornelia Wahl

Salome Stöcklmayer ist ins Vergolder-Handwerk eher so reingerutscht. Sie sollte ein Praktikum machen, aber worin? Sie fragte in der Vergolderwerkstatt von Claudia ­Bachofer in Frickenhausen nach und hatte Glück. Die Praktikantin zeigte sich talentiert. Die Arbeit gefiel ihr. Prompt bekam sie dort einen Ausbildungsplatz.

Mittlerweile ist sie im zweiten Lehrjahr in einem klassischen Handwerk, das seinen Ursprung in Ägypten hat. Dort wurde das Vergolden den Überlieferungen nach vor 3 000 bis 4 000 Jahren angewendet. Zwar nicht bis nach Ägypten, aber doch bis München muss sie fahren, um den Schulunterricht zu besuchen. In der bayerischen Metropole befindet sich die bundesweit einzige Schule für den fast vergessenen Beruf des Vergolders.

Mehrere Wochen im Jahr verbringt sie dort im Blockunterricht. Dazu kommt eine überbetriebliche Ausbildung, wo unter anderem verschiedene Farb- und Vergoldungstechniken oder Gravieren auf dem Lehrplan stehen. Der praktischere Teil der Lehre findet in der Werkstatt oder vor Ort beim Kunden statt. Im zweiten Lehrjahr ist eine Zwischenprüfung abzulegen. Die Gesellenprüfung im dritten variiert von Jahr zu Jahr. Mal ist ein Bilderrahmenaufbau mit unterschiedlichen Verzierungen anzufertigen, mal sind es Skulpturen, die zu vergolden sind. Das Gesellenstück wird in der Werkstatt vom Prüfling alleine angefertigt. „Da ist man ganz auf sich selbst gestellt“, sagt Salome Stöckl­mayer.

Beim Vorgang des Vergoldens sollte alles staubfrei sein. „Jeder kleinste Fussel ist sichtbar“, erzählt die Auszubildende. „Das Gold darf nicht mit den Fingern angefasst werden, sonst sind darauf Abdrücke zu erkennen“, fügt sie hinzu. Achtsamkeit, Sauberkeit und Präzision sind wichtig beim Vergolden.

Mit Hilfe des Atems

Dann öffnet sie ihre Tasche mit den Utensilien, die sie fürs Vergolden braucht. Als Vergoldermaterialien dienen nicht nur Blattgold oder Blattsilber. Es kommen auch hauchdünne Blättchen aus Goldlegierungen, Kupfer, Messing, Weißgold, Platin oder anderen Metallen zum Einsatz. Nachdem sie das feine Blättchen Silber mithilfe ihres Atems auf das Vergolderkissen aufgebracht hat, zerteilt sie es mit einem Vergoldermesser. Sie nimmt den Anschießer, einen breiten Pinsel mit Eichhörnchen-Haar, zur Hand. Um die Borsten statisch aufzuladen, streicht sie den Pinsel mehrmals sanft über ihre Wange.

Anschließend nimmt sie mit den aufgeladenen Härchen ein Stück des Blattsilbers auf und bringt es auf die bereits mit Wasser oder Alkohol benetzte Oberfläche auf. Gelingt dies nicht auf Anhieb ohne Falten, nimmt Salome Stöcklmayer ein bisschen Watte und tupft es vorsichtig faltenfrei. Nach einer Trocknungszeit von etwa drei Stunden poliert die Auszubildende das aufgelegte Blattsilber mit einem Polierstein aus Achat auf und verleiht ihm so den typischen Glanz für die Polimentvergoldung.

Zur klassischen Vergoldung zählt, Bilderrahmen zu restaurieren. Mit Formen, Spachteln und Modellieren werden die Ornamente nachgebildet. Dazu sind verschiedene Kreideaufbauten nötig. Die Polimentvergoldung gibt dem Rahmen am Ende den edlen Glanz in zum Bild passender Farbe und Proportion. Andere Vergolder-Techniken sind das Gravieren, Radieren und die Punzierung, bei der in die fertige Vergoldung punktförmige Vertiefungen eingeschlagen werden.

Wer Salome Stöcklmayer beim Vergolden zusieht, merkt schnell, dass dabei Geduld, ein ruhiges Händchen und Hingabe gefragt sind. Im Umgang mit den Kunden und deren Wünschen braucht es Einfühlungsvermögen. Ebenso dürfen Kreativität und der Sinn für Ästhetik nicht fehlen.

Die vielen neuen, modernen Materialien erfordern auch immer wieder Forschungsarbeit. „Da braucht es den Willen und das Interesse an verschiedenen Techniken“, sagt Claudia Bachofer. Zwar gibt es Rezepturen, die passen aber nie zu 100 Prozent. So hat jeder Vergolder seine ganz eigenen Rezepte mit immer anderen Ergebnissen.