Sie sind jedes Jahr eine wahre Augenweide auf dem Neidlinger Zwetschgenmarkt - und immer ganz schnell ausverkauft: die Kränze aus hundert Prozent Naturmaterialien von der „Kleinen Farm“. Schon Tage vor dem Neidlinger Nationalfeiertag ziehen die vier Freundinnen Sibylle Wacker, Michaela Stiefelmeyer, Beate Klein und Nicole Hepperle, die Macherinnen der „Kleinen Farm“, mit Reb scheren los und machen die Gärten von Freunden und Nachbarn unsicher - und selbstverständlich plündern sie auch den eigenen.
In Kisten und Körben landen Hortensienblüten, Efeublätter, Fette Hennen, Hopfen, Erikas, Gretchen im Busch und anderes Grünzeug. „Das wär‘ doch was für euch.“ Diesen Satz hören die Frauen im September regelmäßig, denn es hat sich im Flecken rumgesprochen, dass die vier täglich frisches Material für ihre legendären Kränze brauchen. Auch von ihren täglichen Streifzügen durch die Natur unterm Reußenstein bringen sie ihre Beute in Form von Pfaffenhütchen, Hagebutten oder Waldrebe mit in die Schaltzentrale in der Kirchstraße. „Über die Jahre haben wir selbst viel gepflanzt, zum Beispiel eine Hagebuttenhecke. So haben wir immer eine gute und sichere Quelle“, verraten sie.
Neben landwirtschaftlichen Geräten steht in dem offenen Gebäude ein großer Tisch, um den sich die Frauen reihen und mit flinken Fingern ihre Kunstwerke binden. Im großen Müllsack liegt loses Heu. Innerhalb kürzester Zeit ist daraus der Rohling für den nächsten Kranz zusammengeflochten. Der Bindedraht bleibt gleich dran, und Nicole Hepperle lässt ihren Blick über die gesammelten Pflanzen schweifen. Eine Auswahl kommt auf den Tisch und wird von ihre probeweise zusammengestellt. Fällt das Urteil positiv aus, wird der nächste Kranz in Angriff genommen. „Man wählt zuerst die Grundmaterialien aus, wobei Efeu eigentlich immer dabei ist“, sagt Michaela Stiefelmeyer. Für die großen sind es in der Regel drei bis vier „Zutaten“, für die kleinen fünf bis sechs. Auch Moos oder getrocknetes Waldgras finden sich zwischen den Blüten und Beeren.
Dank der Pferde gibt es die Kränze
Begonnen hat alles vor 21 Jahren. Sibylle Wacker und Michaela Stiefelmeyer haben Pferde, die schon damals im selben Stall - der „Kleinen Farm“ - standen. Die jungen Mütter überlegten, wie sie ein bisschen Geld verdienen könnten, um ihr Hobby zu finanzieren. So kamen sie auf die Idee, Kränze herzustellen, um sie auf dem Zwetschgenmarkt zu verkaufen. Die gingen gleich beim ersten Mal weg wie warme Semmeln, weshalb die beiden im Brustton der Überzeugung zu Nicole Hepperle und Beate Klein sagten: „Das könnt ihr auch.“ Das bezweifelte vor allem Letztere stark - und wurde eines Besseren belehrt. Allerdings geben alle zu: „Am Anfang ist es uns nicht so von der Hand gegangen wie heute.“
Die vier treffen sich rund eine Woche vor dem Matthäustag,und damit Zwetschgenmarkttag, täglich in der geräumigen Scheune und legen gut gelaunt mit ihrem Tagwerk los. „Das war ganz schön anstrengend damals mit den Kindern. Die waren im Kinderwägele immer mit dabei“, erinnern sich die Frauen. Je älter sie wurden, desto mehr halfen sie mit. „Doch peu à peu sind sie wieder weggefallen“, sagt Sibylle Wacker. Mittlerweile hat sich die Produktion zu einem kleinen Kraftakt entwickelt. Alle vier gehen zur Arbeit, und nicht alle können freinehmen. Krönender Abschluss ist der Zwetschgenmarkt, an dem sie die Früchte ihrer Arbeit und viel Lob einsammeln können. Ist der letzte Kranz abgeholt, gehen sie kurz zum gemütlichen Teil über und gönnen sich was zu essen und zu trinken. Dann geht‘s aber gleich zur Manöverkrititk. Die dient als Grundlage und Gedankenstütze fürs nächste Jahr. Was besonders gut angekommen ist, wird notiert. „Das hätten wir uns auch nicht träumen lassen, dass wir das so lange machen. Aber unsere Kränze haben einfach richtig eingeschlagen“, freuen sie sich über die Beliebtheit ihrer Kreationen. In der Regel wissen sie untereinander, wer welchen Kranz gebunden hat, jede hat ihre eigene Art. Beate Klein macht laut ihren Kolleginnen immer Gugelhupf, weil sie üppig und dicht gebunden sind. „Meine werden immer klein“, sagt Nicole Hepperle.
Seit vergangenem Jahr haben die vier ein Patenkind in Uganda. „Die Idee haben wir schon lange gehabt, ein Kind oder einen Jugendlichen in Afrika zu unterstützen. Wir haben uns für die Organisation Adept in Weilheim entschieden“, erzählt Sibylle Wacker. Mit dem Verkaufserlös der Kränze finanzieren sie der 15-jährigen Susan den Besuch einer weiterführenden Schule.