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Ein guter Start für alle Kinder

Kita Die Owener Kindertageseinrichtungen arbeiten schon seit Jahren nach dem pädagogischen Konzept des ­Instituts für angewandte Sozialisationsforschung (infans). Jetzt wird nachgeschärft. Von Antje Dörr

Hochkonzentriert: Ein Junge im Kindergarten Rinnenweg in Owen beschäftigt sich mit der Konstruktion eines Fahrzeugs. Foto: Markus Brändli

In den Owener Kitas wird das pädagogische Konzept infans, das vor 14 Jahren in den Einrichtungen eingeführt wurde, aufgefrischt. Das hat der Gemeinderat auf Wunsch der Einrichtungen in der Bahnhofstraße und im Rinnenweg einstimmig beschlossen und rund 11 000 Euro für die Beauftragung eines Experten freigegeben. Kurt Hiller, der das Konzept des Instituts für angewandte Sozialisationsforschung
 

„Es ist das Ziel, für jedes Kind einen ,Maßanzug‘ zu fertigen.
Kurt Hiller
Der Pädagoge über die Notwendigkeit, jedes Kind in seiner Eigenart wahrzunehmen

 

(infans) im Gemeinderat vorstellte, wird die Kitas acht bis zehn Monate lang auf diesem Weg begleiten. Hiller ist Sozialpädagoge und Betriebswirt mit Führungserfahrung im Bereich Kita, außerdem Autor, Dozent an der EH Ludwigsburg und der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Stuttgart sowie freier Berater.

Ziel des infans-Konzepts ist es, allen Kindern – unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund – einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Nach wie vor hänge der Bildungserfolg in Deutschland stark vom Elternhaus ab, so Kurt Hiller. „Dreijährige Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern kennen beispielsweise bereits etwa doppelt so viele Wörter wie Kinder aus bildungsbenachteiligten Familien.“ Kinder seien Schnellstarter: Bis zum vierten Lebensjahr lerne der Mensch besonders viel. Dies beeinflusse den weiteren Bildungsweg der Kinder: „Denn wer schon früh viel weiß, lernt später leichter dazu“, so Hiller. So könnten sich aus kleinen Vorsprüngen große Bildungsunterschiede entwickeln. Gute Kindertagesbetreuungsangebote verbesserten durch eine individuelle, anregende und vielfältige pädagogische Förderung die Start- und Bildungschancen von Kindern, so Hiller.

Das infans-Konzept setzt stark auf Beobachtung: Die Erzieher sehen, was das Kind aktuell interessiert, und greifen seine Themen auf. Sie verschaffen dem Kind Herausforderungen und helfen ihm dabei, sich das Wissen, das es braucht, anzueignen. „Wir müssen dem Kind Möglichkeiten bieten, die Welt zu erkunden“, so Kurt Hiller. Aus frühem Forschergeist entwickelten sich Kreativität und lebenslange Lust am Lernen. „Es gibt nicht mehr ‚die Kinder‘. Es gibt ‚das Kind‘ “, so der Pädagoge. „Deshalb nehmen wir jedes Kind von Anfang an in seiner Eigenart wahr. Wir unterstützen es aufmerksam in seinem Bildungsverlauf.“

Es braucht Ziele

Für alle Kinder würden Bildungsziele formuliert. „Wir brauchen Ziele. Erst dann können wir überprüfen, wo das Kind auf dem Weg ist“, sagte Hiller. Es gehe nicht um den Übergang in die Schule, sondern darum, zu schauen: „Welche Kompetenzen braucht ein Erwachsener, wenn er in die Welt entlassen wird?“ Ziel sei es, gesellschaftlich akzeptierte Normen und Werte weiterzugeben. Natürlich müssten auch die Räume und die Ausstattung anregungsreich sein und vielfältige Erfahrungsmöglichkeiten bieten.

Der Wunsch, infans noch einmal zu vertiefen, ist in Owen von den Kindergartenleitungen gekommen. Denn das Konzept, das vor 14 Jahren eingeführt wurde, ist – unter anderem durch viele Personalwechsel – über die Jahre verwässert worden. Auch Bürgermeisterin Verena Grötzinger sprach sich dafür aus, fachliche Unterstützung von jemandem von außen zu holen, der einen ganz anderen Blick auf die Einrichtung habe. „Es ist wichtig, dass jemand ungeschönt sagen darf, was sich verändern muss“, sagte sie.