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Ein Leben für die Musik und den Handball

Nachruf Der Musiker Günther Scheuring ist mit 71 Jahren gestorben. Während eines Auftritts in Ötlingen war er auf der Bühne zusammengebrochen. Von Günter Kahlert

Betroffenheit ist ein viel zu schwaches Wort dafür, was die Menschen, die ihn kannten, bei der Nachricht vom Tod Günther Scheurings empfanden. Der Begriff Schock trifft es viel eher, als bekannt wurde, dass der 71-jährige Musiker beim Auftritt seiner Band „Lagerfeuer“ zur Sonnwendfeier in Ötlingen vergangenen Samstag auf offener Bühne zusammenbrach und trotz sofortiger Maßnahmen nicht mehr reanimiert werden konnte. Mitten aus dem Leben gerissen - selten traf die gern genutzte Floskel so den Kern des Geschehens. Keine Anzeichen, keine Warnsignale - nichts.

Zwei Leidenschaften durchzogen Günther Scheurings Leben: Handball und Musik. Bereits Anfang der 60er-Jahre gründete der gebürtige Esslinger seine Schulband. Und es war wie so häufig in jenen Jahren: Der Vater war gegen Musik, die Oma kaufte ihm seinen ersten Bass. Beim ersten Auftritt im Waldheim Zollberg soll sein Vater heimlich durchs Fenster reingespäht haben, erzählte Günther gerne mit seinem typischen verschmitzten Schmunzeln. Damals entstand auch der Name „The Rumblers“, den er viele Jahre später wiederbeleben sollte. 1965 folgte seine Ausbildung zum Speditionskaufmann am Stuttgarter Flughafen, Musik machte er in der Folge nur noch privat, nicht mehr mit Band. Aber es gab auch noch den Sport. In der ersten Hälfte der 70er-Jahre spielte er beim Handballverein Esslingen-Berkheim und machte auch den Schiedsrichterschein.

1974 besiegelte er sein privates Glück - er heiratete seine Denise. Drei Kinder haben die beiden, 1976, 1978 und 1981 kommen Tochter Yannick und die Söhne Kim und Thilo zur Welt. 1982 zog die Familie nach Kirchheim.

Ein Musikverrückter

Die Musik ließ ihn zu keiner Zeit los. 1987 wiederbelebte er die „Rumblers“, das Projekt aus grauer Vorzeit. Das hat offenbar so viel Spaß gemacht, dass die Formation in großen Abständen immer wieder mal auftrat. Auch 2019 waren sie - wie die Jahre vorher - bei der Kirchheimer Musiknacht als Mittags-Opener im Kircheimer Wachthausgarten „gesetzt“. 2008 hob der Sänger und Gitarrist mit Jürgen Wursche „Lagerfeuer“ als Duo aus der Taufe, schnell stieß auch Sohn Thilo dazu. Zuletzt spielten sie in wechselnden Besetzungen nach dem Prinzip „Hast Du Lust/Hast Du Zeit“. Und da war auch noch die Bastionsband, die er ebenfalls initiierte. Er war einfach ein absolut Musikverrückter.

2006 wurde Günther Scheuring Mitglied im Club Bastion, engagierte sich im Ausschuss für den Bereich Rock und Blues. Als er 2013 in Rente ging, brachte er sich noch stärker ein und wurde zu einer der prägenden Figuren im Club. Als die Bastion beispielsweise beschloss, das auf der Kippe stehende Rollschuhplatz-Open-Air mit einem Hauptact am Samstagabend aufzupeppen, war er es, der 2017 die „Spider Murphy Gang“ holte und die Veranstaltung zu einem riesigen Erfolg machte. Und er besorgte nicht nur die Bands, er kümmerte sich auch um Aufbau und Organisation, war bei der 2019er-Ausgabe mit „Manfred Mann‘s Earth Band“ immer und überall anzutreffen.

Legendär war auch Günther Scheurings Netzwerk in der Musikszene. Er hat im Laufe der Jahre so viele Kontakte zu Künstlern und Gruppen geknüpft, dass sich eine Aufzählung erübrigt. Besonders gerne erzählte er von Andy Fairweather-Low, einem der weltbesten Tour-Gitarristen für andere Stars, mit dem sich eine echte Freundschaft entwickelt hatte. Dass er immer wieder in der Bastion spielte, tat er Günther Scheuring zuliebe, nicht wegen der überschaubaren Gage.

Auch seiner zweiten Leidenschaft Handball blieb Günther Scheuring treu. Als Schiedsrichter übernahm er regelmäßig Spiele, und selbst nach seinem offiziellen Abschied 2018 pfiff er noch „Jugend trainiert für Olympia“. Keine Frage, er hatte ein Herz für die Nachwuchssportler und begleitete auch Jugendschiedsrichter in ihrer Ausbildung. Mit Günther Scheuring bei Veranstaltungen und als Mensch zusammenzutreffen, hat immer gutgetan. Er war freundlich, empathisch und trotzdem Vollprofi - einfach eine „coole Socke“. Es ist eine sehr traurige Vorstellung, dass Günther Scheuring nicht mehr da ist.