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Ein Lifting für das Gesicht der Autobahn

Verkehr Die in die Jahre gekommene Autobahnmeisterei in Kirchheim wird bis 2026 für mehr als 15 Millionen Euro grundlegend modernisiert und erweitert. Von Bernd Köble

Rund 95 Fahrbahnkilometer einschließlich Nebenstrecken haben die etwa 30 Mitarbeitende der Autobahnmeisterei in Kirchheim in Schuss zu halten. Vom Kreuz Stuttgart bis zum Albaufstieg bei Mühlhausen – rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Die Frauen und Männer in den orangenen Signaljacken entwässern, reinigen und flicken Straßen, mähen Grünstreifen, beseitigen Unfallschäden und halten die Autobahn und ihre Zufahrtsstraßen und Rastplätze im Winter schnee- und eisfrei. Der Stützpunkt an der Anschlussstelle Kirchheim-Ost der A 8 ist in Baden-Württemberg einzigartig. Zum einen, weil er mit den Landkreisen Esslingen und Göppingen in den Einzugsbereich zweier Gebietskörperschaften fällt. Zum anderen, weil er in Teilen aus einer Zeit stammt, als Autofahren noch ein einsames Vergnügen für Wohlhabende war. Genauer: von 1937.

 

Der Bau im laufenden Betrieb wird eine anstrengende Zeit.
Christine Baur-Fewson
Direktorin der Autobahn GmbH Niederlassung Südwest
 

Völlig veraltete Verwaltungsräume und Sanitäranlagen, akute Platznot in Fahrzeughallen und Werkstätten – „die Fahrzeuge sind immer größer geworden, der Platz dafür ist nicht mitgewachsen“, sagt Christine Baur-Fewson, Direktorin bei der zuständigen Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH des Bundes. Damit soll jetzt Schluss sein. Gestern war Grundsteinlegung für eine umfassende Modernisierung und Erweiterung. 2014 bereits kamen auf dem weitläufigen Gelände an der B 465 eine neue Salzhalle und zwei Lagergebäude hinzu. Jetzt wird eine 40 Meter breite Halle für Großfahrzeuge gebaut, neuer Platz für Werkstätten und eine Waschhalle geschaffen. In der seitherigen Fahrzeughalle findet künftig die Technikzentrale Platz. Dazu kommen Umbauten und Erweiterungen des bestehenden Verwaltungs- und Sozialgebäudes. Gemessen an der zehnjährigen Planungsphase soll die Bauzeit mit vier Jahren vergleichsweise kurz ausfallen. 2026 ist die Fertigstellung geplant.

Es geht nicht nur um Modernisierung, zusätzliche Kapazitäten und mehr Sicherheit, es geht auch ums Thema Nachhaltigkeit. „Die Autobahnmeisterei ist das Gesicht der Autobahn in Richtung ihrer Nutzer“, unterstreicht Professor Gerd Riegelhuth, Geschäftsbereichsleiter der Berliner Autobahn GmbH im Bund, die Notwendigkeit für ein zukunftsgemäßes Facelifting, das unterm Strich mehr als 15 Millionen Euro kosten wird und von dem man sich vor allem drei Dinge erhofft: mehr Sicherheit, weniger Staus, weniger CO2. Dazu beitragen soll Holz als Baustoff, die Nutzung von Regenwasser als Löschwasser, zur Fahrzeugwäsche und zur Solebereitung im Winter oder Energie aus Erneuerbaren mittels PV-Anlage und Pelletsheizung.

Die Kehrseite: Bis zum Abschluss der Bauarbeiten erwarten die Mannschaft, die dort rund um die Uhr Dienst tut und übergangsweise in Containern hausen muss, anstrengende Zeiten. Bauen während des laufenden Betriebs komme einer logistischen Meisterleistung gleich, betont Südwest-Direktorin Christine Baur-Fewson. Bei der Grundsteinlegung am Mittwoch wurde immerhin dafür Sorge getragen, dass der Nachwelt keine Frage unbeantwortet bleibt. In einer Stahlkapsel mit eingemauert lagern dort nun bis auf Weiteres die wichtigsten Dokumente: die Baupläne und eine Tagesausgabe des Teckboten.

 

Gebaut von den Nationalsozialisten

Die A 8 führt als Bundesautobahn über 505 Kilometer von der luxemburgischen Grenze quer durch den Süden Deutschlands bis zur Grenze zu Österreich. Sie ist eine der ältesten Fernstraßen der Republik, zu großen Teilen erbaut während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Strecke von Karlsruhe über Stutt­gart nach München war schon 1927 Bestandteil der Planungen im Zuge der Netzerweiterung ausgehend von der „Ur-Autobahn“ von Hamburg über Frankfurt nach Basel (HaFraBa).

In den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs wurde das Sulzbachviadukt bei Wendlingen, das Aichelbergviadukt, das Franzosenschluchtviadukt und die Drachenlochbrücke am Albaufstieg von den Nazis gesprengt. Ab 1949 begann schrittweise die Wiederherstellung der zerstörten Brückenabschnitte. Im Mai 1957 wurde der Albaufstieg am Drackensteiner Hang auf zwei separaten Trassen für den Verkehr freigegeben. Seit 2012 ist die A 8 zwischen dem Kreuz Stuttgart und dem Albaufstieg bei Mühlhausen in beide Richtungen dreispurig befahrbar. bk