Die „BlackSheep Paramotor“ ist ihm zufolge deutschlandweit die einzige Flugschule dieser Art. Eine 16 000-Euro-Leader-Förderung über das Regionalbudget, um ländliche Räume zu stärken und weiterzuentwickeln, ermöglicht es ihm, auch andere über die Wolken zu bringen.
„Es ist mein Lebenstraum gewesen“, sagt Marco Gotterbarm-Dangel. Endlich kann er ihn realisieren. Dafür ist der studierte Grund- und Hauptschullehrer, der in Karlsruhe unter anderem als Kitaleiter gearbeitet hat, gemeinsam mit dem dreijährigen Sohn und seiner Frau in deren Heimatregion gezogen. Nirgendwo sonst in Deutschland gebe es eine derartige Dichte an Flugplätzen im Radius von 20 Kilometern, von denen aus gestartet werden könne. Gotterbarm-Dangel legt eine Landkarte auf den Tisch und zeigt die Punkte. Ideale Bedingungen für ihn und sein Vorhaben. In Deutschland dürfte ein motorisierter Gleitschirmflieger nur auf einem zugelassenen Flugplatz starten, erklärt er. Und da könne er gleich drei nutzen: in Grabenstetten, Riedlingen und Bad Ditzenbach.
Trotz der Flugplatzdichte ist es heute nicht möglich, zu starten. Immer wieder hat er die Wetterkarten des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen, einem Wetterdienst für globale numerische Wettervorhersagen und Klimatologie, und des Icon-D, einer detaillierten Wetterkarte des Deutschen Wetterdienstes, verglichen, um die Wetterprognose anzusehen. Nicht nur eine Regenlücke ist relevant, sondern vor allem die Windstärke. Da riskiert Gotterbarm-Dangel nichts.
Sicherheit steht bei ihm an erster Stelle. Das bringt er auch seinen Flugschülerinnen und Flugschülern bei. Zunächst gibt es Theorieunterricht. Der beginnt mit dem ausgiebigen Kennenlernen der Ausrüstung. Gotterbarm-Dangel führt in die Details und Funktionsweise des Motors und die Technik des Gleitschirms ein. Es gelte, einen Fußgänger zum Piloten zu machen, sagt er. Aber oft seien die Motorschirmflieger keine Anfänger. Von den rund 60 000 Gleitschirmfliegern bundesweit schwenkten manche auf Motorschirme um. Dieser habe den Vorteil, dass nicht ein Felsen wie beispielsweise beim Neuffen benötigt werde, sondern vom Boden aus gestartet und der Flug jederzeit abgebrochen werden könne. Rund 8000 Motorschirmflieger gibt es laut Gotterbarm-Dangel bundesweit. Die meisten davon seien Männer.
Frauen für den Sport begeistern
Das will Gotterbarm-Dangel ändern. Im E-Motor-Schirm sieht er die Chance, Frauen für den Sport zu begeistern. Im Gegensatz zum Benzinmotor sei dieser technisch einfacher zu handhaben und es rieche nicht nach Sprit. Zudem sei er leichter bis zum Startpunkt zu tragen, da der Akku des Rucksackmotors herausgenommen werden kann. Rund 27 Kilogramm wiegt er mit Propeller, Akku und einem mit einem Netz bespannten Ring-Schutzkäfig. Sei der Motorschirm erst einmal in der Luft, werde das Gewicht des Motors im Fluge vom Schirm getragen und belaste den im Gurtzeug sitzenden Fliegenden kaum. Seiner Beobachtung zufolge sind Frauen beim Austarieren gefühlvoller, während Männer mehr Kraft einsetzen. Als weiteren Vorteil sieht er das ruhigere Fliegen in der Luft. Es sei fast so ruhig wie beim Gleitschirmfliegen. Doch bislang gebe es keine Verordnung für eine Ausbildung mit dem E-Motor-Schirm, erklärt Gotterbarm-Dangel. Das sei Neuland. Trotzdem legt er seinen Fokus auf Elektrofliegen. Er bietet heute schon eine Auswahl an Geräten dafür an.
Gerade ist ein Akku aus den USA bei ihm eingetroffen. Rund 40 Minuten könne man je nach Wetterbedingung mit ihm in der Luft bleiben. Er sei damit zwar leistungsfähiger als sein erster, reiche aber noch nicht an die der benzinbetriebenen Motorschirme heran. Sie betrage bei einem Zehn-Liter-Motor rund drei Stunden. Genug Puffer für die meisten Motorschirmfliegenden, die durchschnittlich rund eine Stunde in der Luft sind. Zudem seien für den Motorschirmschein neben einer bestimmten Zahl an Trainingsstunden drei einstündige Überflüge vorgeschrieben. „Irgendwann wird auch eine rein elektrische Ausbildung möglich sein“, sagt er. Bislang betreibe er in Deutschland die einzige Flugschule, die Elektrofliegen mittrainiere. Die nächsten Flugschulen, die Motorschirmausbildungen anböten, seien in Basel, Kassel und im Allgäu.
Touren in Europa anbieten
Gotterbarm-Dangel selbst fliegt seit 2017 mit dem Motorschirm. Davor war er sechs Jahre mit dem Gleitschirm unterwegs, darunter auch auf Wettkämpfen. Dadurch kennt er viele Gebiete in Slowenien, Italien, den Alpen und Südfrankreich. Diese Ortskenntnis nutzt er nun für sein zweites Standbein: Neben der Ausbildung zum Motorschirmflieger möchte er Touren in anderen Gegenden Europas anbieten. Außerdem können Interessierte bei einem Tandemflug mit dem Trike, das ist ein Motorschirm mit drei Rollen, das Gefühl kennenlernen, wie grenzenlos die Freiheit über den Wolken ist. 2024 hofft er, dass ihn sein Konzept in die Gewinnzone trägt.
Leader-Programm für den Startschuss
Leader ist ein Förderprogramm der Europäischen Union. Es steht für die französische Abkürzung von „Liaison Entre Actions de Développement de l’Économie Rurale“ und bedeutet so viel wie die Verbindung zwischen verschiedenen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft.
Marco Gotterbarm-Dangel hat eine Leader-Förderung über das Regionalbudget zur Förderung von Kleinprojekten von 16 000 Euro erhalten. Es dient dazu, die zum Teil schwierige Infrastruktur ländlicher Gebiete zu fördern und die Wirtschaftskraft nachhaltig zu stärken. Grundlage dafür ist die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Die Projektgesamtkosten dürfen bei maximal 20 000 Euro netto liegen. Der Förderbetrag muss mindestens 1000 Euro betragen. Gefördert werden maximal 80 Prozent der Nettokosten. mab