Luft wie auf der Zugspitze konnten gestern die Gäste bei der Eröffnung des neuen Distributionszentrums der Firma Leuze in Unterlenningen schnuppern. Das ist dem Stickstoff zu verdanken, der in das Herzstück des Hallenkomplexes - das vollautomatische Kleinteilelager - geblasen wird. Dadurch verringert sich der Sauerstoffgehalt, sodass nicht einmal ein Feuerzeug entzündet werden kann. Dieser Kniff brachte gleich mehrere Vorteile. Bei dieser Art des Brandschutzes entsteht zum einen garantiert kein Wasserschaden wie es traditionelle Sprinkleranlagen im Ernstfall verursachen würden. Außerdem nehmen Sprinkleranlagen viel Platz in Anspruch, die neue Halle konnte deshalb auch um einiges niedriger gebaut werden - was für die Genehmigung von großer Bedeutung war.
„In nur zwölf Monaten gelang es allen Beteiligten, dieses Gebäude mit den stattlichen Maßen von 80 mal 45 mal 10 Meter zu erstellen“, sagte Frank Leuze, Gesellschafter und Verwaltungsrat, beim Empfang auf dem Sulzburghof. Sowohl die geplante Bauzeit als auch das Baubudget im zweistelligen Millionenbereich wurde trotz Corona eingehalten. Im Juli begann der Umzug von Owen nach Unterlenningen. Zwischenzeitlich ist das Lager in Betrieb, wie sich die Gäste in Kleingruppen-Führungen überzeugen konnten.
Kernstück des Gebäudekomplexes ist das 16 Meter hohe Kleinteilelager. Es ragt über die Dachfläche der übrigen Halle hinaus. Dort sind Warenein- und ausgang untergebracht, ebenso Einlagerung, Kommissionierung und Versand. „So ist hier ganz nebenbei ein riesiger Showroom für unsere eigenen Produkte entstanden. Als Intralogistik-Experte haben wir hier inklusive der Reflektoren weit über 1000 Leuze-Sensoren verbaut“, sagte Frank Leuze. Ihn freut die Reaktion der Lenninger auf das Gebäude, dem zunächst mit Skepsis begegnet worden war. Jetzt nach der Fertigstellung hört er Bemerkungen wie: „Erscheint ja gar nicht so hoch“, „viel schönere Fassade und Farbgebung als der Altbau“ und „schön, wie alles begrünt und zeitgemäß gebaut ist.“
Frank Leuze blickte auch in die Zukunft: „Als Nächstes wird der bisherige Logistikbereich abgerissen. Hier entsteht eine Vorhaltefläche für eine gespiegelte, zukünftige zweite Ausbaustufe des neuen vollautomatischen Kleinteilelagers.“ Die Umsetzung ist eher mittel- als langfristig geplant. Direkt nebenan entsteht ein zweistöckiger Bau, indem ein Edeka-Markt und Aldi einziehen werden. „Im ersten Stock planen wir moderne, großzügige und helle Mietflächen“, so Frank Leuze.
Christof Leuze nahm die Gäste auf eine Zeitreise mit, als er von den Anfängen der Firma Leuze im Jahr 1861 und den Urgroßvätern erzählte. Von Eningen bei Reutlingen zogen die Gründungsväter der Wasserkraft wegen einst nach Unterlenningen und kauften eine Mühle. Es war der Beginn der Baumwollweberei und -spinnerei. Doch schon 1886 war der Platz zu eng und so wurde Owen der neue Stammsitz. Nachdem die Textilbranche lange florierte, war irgendwann ihr Niedergang nicht mehr aufzuhalten und die Geburtsstunde für Leuze electronic war gekommen. Auf dieser Entscheidung fußt die Erfolgsgeschichte Leuze - und mit dem Einzug ins Distributionszentrum in Unterlenningen ist das Unternehmer wieder am Stammsitz angekommen.
Bürgermeister Michael Schlecht freut sich über diese Rückkehr, ebenso über die gelungene Architektur des Gebäudes, um das im Genehmigungsverfahren so gerungen wurde. „Ich war dabei, als 1999 die letzten Leute hier an diesem Standort verabschiedet wurden“, erinnerte er an den damaligen Arbeitsplatzverlust. „Umso schöner, dass die Firma Leuze wieder zurückgekommen ist“, sagte er. Ein kleiner Wermutstropfen ist für ihn jedoch dabei, denn in einem vollautomatisierten Lager sind wenig Arbeitsplätze angesiedelt. „Dieser Neubau ist ein Bekenntnis zur Region“, ist er froh über dieses Signal. Michael Schlecht sieht die Standorte Lenningen und Owen nicht als Konkurrenz, im Gegenteil. Beide Standorte würden sich gegenseitig stärken. „So ist Arbeiten in Wohnortnähe möglich“, sagte der Schultes.
Den Bau gestemmt hat die Bau- und Planungsfirma Mörk. Geschäftsführer Matthias Schäfer hat den Rundgang durch das Gebäude genossen. „So konnte ich wieder Industrieluft atmen“, sagte er, ehe Ulrich Balbach, Geschäftsführer der Firma Leuze, den offiziellen Teil für beendet erklärte. Er hatte in der Halle auch für den freundlichen Empfang gesorgt.