Dampfend liegt der Lammrollbraten in der Krone-Küche vor Marc Rettenmaier. Mehrere Stunden gart er bereits im Ofen. Seit fünf Jahren leitet der Küchenchef gemeinsam mit seiner Frau Marie-Luise das familieneigene Hotel und Restaurant Krone in Ochsenwang in mittlerweile sechster Generation. Dieses Jahr besteht der Betrieb seit 160 Jahren. Während Marc Rettenmaier, wie schon zuvor 45 Jahre lang sein Vater Wilfried, der Koch des Landgasthofs ist, hat seine Frau als gelernte Restaurantfachfrau die Verantwortung für den Service und im Büro.
Wir kochen zum Jubiläum übers Jahr verteilt Rezepte
Wilfried Rettenmaier
der Groß- und Urgroßeltern. So kann jeder teilhaben.
In der Küche der Krone wird schon immer mit regionalen und saisonalen Zutaten gekocht. Darauf, sowie auf Details wie die handgeschabten Spätzle oder auch die selbstgemachten Maultaschen und Soßen wird dabei großen Wert gelegt. „Den Unterschied schmeckt man einfach“, sind die Köche Marc und Wilfried Rettenmaier überzeugt. In diesem Jahr stehen immer mal wieder besondere Gerichte auf der Speisekarte: „Wir machen zum Jubiläum kein großes Fest, sondern kochen übers Jahr verteilt zusätzlich immer wieder alte Rezepte der Großeltern und Urgroßeltern“, erklärt Wilfried Rettenmaier, „zum Beispiel in Ei ausgebackene Leberknöpfle oder auch Brotsuppe und ‘Lombaknöpfla’ – das sind Serviettenknödel. So kann jeder, der möchte, teilhaben.“ Viele Rezeptbücher der Vorfahren seien dafür durchforstet worden.
Im Betrieb aufgewachsen
Das Grundstück, auf dem die Krone an der Ochsenwanger Hüle, dem Dorfweiher samt Brunnen, steht, wurde 1846 erstmals urkundlich erwähnt. „Zu der Zeit standen hier zwei zusammengebaute Gebäude der Familien Klett und Ginger“, erzählt Wilfried Rettenmaier. Vererbt wurden diese schließlich an die Familie Fischer, deren Tochter einen Gutenberger der Familie Ehni heiratete. „Diese Familie Ehni waren die Ur-Ur-Ur-Großeltern von Marc. Um 1860 richteten sie eine damals noch namenlose Trinkstube samt Schnapsbrennerei ein“, weiß Wilfried Rettenmaier. In den 1880er-Jahren übernahm schließlich deren ältester Sohn mit seiner Frau Rosine den Betrieb zusammen mit einer kleinen Landwirtschaft. Seit 1905 trägt das Haus den Namen „Krone“.

Einige Jahre später übernahm wiederum deren Tochter Magdalene mit ihrem Mann Johannes Renz den Familienbetrieb, immer wieder kamen zu der Zeit auch schon Übernachtungsgäste auf die Schwäbische Alb in die Krone. „1955 übernahmen meine Eltern Lina und Albert Rettenmaier“, erzählt Wilfried Rettenmaier, nur ein Jahr später sei erweitert und umgebaut worden: 15 Betten und 110 Sitzplätze hatte die Krone in den 1950ern. „Zu der Zeit gehörte auch noch ein Lebensmittelladen dazu, der Ausflugs- und Wochenendverkehr nahm beständig zu“, erinnert sich der heutige Senior-Chef, der selbst schon im Kindes- und Jugendalter fleißig bei den Großeltern und Eltern mitgeholfen hat.
Koch war der Traumberuf
„Als Schuljunge habe ich zum Beispiel den Wanderschäfern, die mit ihrer Herde im Randecker Maar oder am Breitenstein Station gemacht haben, das von meiner Oma gerichtete Essen gebracht.“ Einer der Schäfer stammte aus Weilheim. Der habe sich mit ihm immer wieder einen Spaß erlaubt und sich vor dem jungen Essens-Lieferanten erstmal versteckt, erinnert sich Wilfried Rettenmaier und lacht. „Damals hat man noch mit Holz gekocht, ich habe oft das Holz für die Küche geholt. Selbst in meinen ersten Jahren als Koch war es noch ein mit Holz befeuerter Herd“, erinnert er sich an die Anfänge.

Seine Koch-Lehre hat Wilfried Rettenmaier in Stuttgart-Uhlbach absolviert, „passenderweise ebenfalls in einem Restaurant Krone. Das war eine gehobene Küche und damals der Treff der Stuttgarter High Society“, erzählt Wilfried Rettenmaier. Dass er Koch werden würde, sei für ihn immer klar gewesen, „das war mein Traumberuf.“ 1967 schloss er seine Ausbildung erfolgreich ab und ging für drei Jahre in die Schweiz nach Zürich, um in mehreren bekannten Hotels - darunter das „Baur au Lac“ oder der „Engematthof“ - sowie verschiedenen Speiserestaurants zu arbeiten. Im August 1970 kehrte er nach Ochsenwang in den elterlichen Betrieb zurück, den er fünf Jahre später mit seiner Frau Doris in fünfter Generation übernahm. Zu der Zeit bot die Krone 210 Sitzplätze und 28 Betten für Übernachtungsgäste. Immer wieder wurde in den Folgejahren noch etwas um- und angebaut oder saniert.
Tradition wird fortgesetzt
„Unser heutiger Konferenzraum war früher zum Beispiel der Hühnerstall des Nachbarn, wo heute das Ofeneck ist, war, war zu Großmutters Zeiten die Küche. In der saßen damals auch mal gern die Gäste, denn in der Küche wärmte ein gußeiserner Ofen“, erzählt Wilfried Rettenmaier.
So wie er, setzt auch sein Sohn Marc die Familientradition fort und wählte den Beruf des Kochs: „Ich habe schon als Kind meinem Vater über die Schulter geschaut. Mit 16 habe ich dann meine Ausbildung bei August Kottmann in Gosbach begonnen und 2004 abgeschlossen.“ Dort lernte er auch seine heutige Frau Marie-Luise kennen, die aus einer Winzerfamilie in Sachsen-Anhalt stammt. „Nach der Ausbildung habe ich Erfahrung in verschiedenen Küchen in Deutschland und Österreich gesammelt. Das ist wichtig, dass man etwas rumkommt“, sagt Marc Rettenmaier. Die letzte Station, bevor er 2006 nach Ochsenwang zurückkehrte, um seinen mittlerweile verwitweten Vater zu unterstützen, war das Jagdschloss Niederwald bei Rüdesheim. 2020 hat er mit seiner Frau die Leitung der Krone übernommen.

Die Einschränkungen der Corona-Pandemie habe man zum Glück gut überstanden und sich eine Zeitlang mit dem „Verkauf über die Straße“ über Wasser gehalten“, berichtet Marie-Luise Rettenmaier, „in der Zeit haben wir sogar neue Stammgäste dazugewonnen.Den urigen Stil des Hauses und damit dessen Tradition wollen die beiden jungen Geschäftsführer auch in Zukunft beibehalten, „ein weißes, modern cleanes Restaurant würde nicht wirklich passen“, sagt Marie-Luise Rettenmaier.