Er hat in seinem Leben viel geleistet und bewegt. Ob in der Politik, im Sport oder in der Kultur – der Esslinger SPD-Politiker Wolfgang Drexler hat seine Stadt, seinen Landkreis und ganz Baden-Württemberg nachhaltig geprägt. Mit seiner authentischen und mitreißenden Art hat Drexler unzählige Menschen begeistert, die sich gemeinsam mit ihm vielfältig engagiert haben. Das hat ihm viel Anerkennung eingebracht – nicht zuletzt die Esslinger Ehrenbürgerwürde. Schon in der Jugendarbeit hat der heute 78-Jährige unermüdlich Brücken gebaut, vor allem nach Polen und nach Israel. Weil er sich wie nur wenige um die christlich-jüdische Zusammenarbeit verdient gemacht hat, wurde Drexler nun im Stuttgarter Rathaus in großer Runde mit der Otto-Hirsch-Auszeichnung 2024 gewürdigt.
Mögen sich viele Menschen Ihr Engagement zum Vorbild nehmen.
Michael Kaski, Israelitische Religionsgemeinschaft
Stuttgarts Erster Bürgermeister Fabian Mayer erinnerte daran, dass sich Drexler schon in jungen Jahren mit der Erinnerung an die Shoah konfrontiert sah – anfangs nicht ahnend, dass das Esslinger Jugendhaus, wo er viel Zeit verbrachte, bis 1938 jüdische Synagoge gewesen war. Dass dort wieder eine jüdische Gemeinde Einzug halten konnte, ist nicht zuletzt seinem Engagement zu verdanken. Drexler war es auch, der eine Initiative zur Finanzierung einer Thorarolle für Esslingens jüdische Gemeinde zum Erfolg geführt hat. „Von Jugend an war ihm bewusst, wie essenziell wichtig es ist, dass sich jüdische Menschen im Land der Täter sicher und willkommen fühlen“, betonte Mayer. Gerade mit Blick auf den Gaza-Krieg und auf zunehmende antisemitische und demokratiefeindliche Tendenzen findet Mayer das Engagement von Menschen wie Drexler wichtiger denn je.
Michael Kashi vom Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs (IRGW), die die Otto-Hirsch-Auszeichnung gemeinsam mit der Stadt Stuttgart und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (GCJZ) verleiht, betonte die Bedeutung gerade der jüngeren Generation für Frieden und Aussöhnung. Damit schlug er einen Bogen zu Drexler, der einst im Kreisjugendring Esslingen intensive Kontakte nach Polen und Israel initiiert hatte – vieles von dem, was heute selbstverständlich scheint, wäre ohne ihn nicht möglich geworden. In bewegenden Worten mahnte Kashi, dass sich jüdische Gemeinden heute so bedroht wie lange nicht sehen. Der Ernstfall trete nicht erst ein, wenn Menschen deportiert werden – er sei bereits traurige Realität, wenn jüdische Synagogen rund um die Uhr von der Polizei bewacht werden müssen. Drexler habe viel dafür getan, dass jüdisches Leben ganz selbstverständlich sichtbar werde. Mit seiner Frau Ella habe er eine treue Begleiterin und wichtige Ratgeberin an seiner Seite.
Bürgermeisterin Isabel Fezer vom Vorstand der GCJZ dankte dem Geehrten dafür, dass er den Gedanken eines christlich-jüdischen Dialogs stets getragen und gefördert habe: „Schließlich geht es dabei auch um Menschenwürde.“ Dieses Miteinander zu pflegen, sei eine Aufgabe für alle. Dass Drexler bei der Initiative für eine neue Thorarolle für Esslingen die gesamte Stadtgesellschaft mitgenommen hatte, sei ein wichtiges Zeichen: „Wenn so etwas gelingt, muss uns nicht bang sein.“ Schließlich sei es „unser aller Aufgabe, allen Anfeindungen entschieden entgegenzutreten und das Existenzrecht Israels zu verteidigen“.
Andreas Koch, ein langjähriger Weggefährte, charakterisierte den Menschen Wolfgang Drexler als „Meister der kleinen Dinge“ und betonte: „Basisnähe und Bürgerwille sind für ihn das Wichtigste.“ Nicht von ungefähr sei er bei Kommunalwahlen mit großem Abstand Stimmenkönig geworden. Drei Eigenschaften schrieb ihm Koch besonders zu: „Seine aus der Jugendarbeit herrührende Aufgeschlossenheit fürs Internationale und für die Völkerverständigung, seine stadt- wie parteibekannte Kantigkeit, die kein Blatt vor den Mund nimmt, aber immer zielgerichtet ist, und seine Affinität zu Frieden, Versöhnung und Integration.“
Auch wenn er nach einem Schlaganfall auf den Rollstuhl angewiesen ist, wurde in Drexlers Dankesworten deutlich, welch brillanter Kopf und engagierter Zeitgenosse er bis heute ist. Drexler ließ seine Aktivitäten für Frieden und Versöhnung Revue passieren und verschwieg nicht, dass er und andere dafür auch Anfeindungen ausgesetzt waren – etwa Anfang der 80er-Jahre, als es anlässlich einer Auschwitz-Ausstellung des Kreisjugendrings in Esslingen Morddrohungen und sogar Bombenanschläge gab. Drexler hat sich nie von seiner Überzeugung abbringen lassen. Und er tut bis heute viel dafür, dass sich jüdische Menschen in Esslingen und anderswo als selbstverständlicher Teil der Gesellschaft fühlen können. Zunehmende antijüdische Tendenzen sieht er mit großer Sorge – und er ist sicher: „Vorurteile kriegen wir nur weg, wenn wir einander gegenseitig kennenlernen. Ich hoffe, dass wir in Esslingen und überall eine Stimmung hinbekommen, dass wir jüdische Menschen umarmen.“