Es ist Medizin für mich, wenn ich an der Orgel sitzen und spielen darf“, sagte Hans Gölz bereits im Jahr 2015, als er auf 70 Jahre Orgelspiel zurückblickte. „Heute ist das nach wie vor so“, bestätigt er lachend an „seiner“ Orgel in der evangelischen Martinskirche sitzend. Im Herbst 2019 zog er sich leise zurück und wollte seine enorme Leistung am liebsten so stehen lassen. „Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt“, schränkt Hans Gölz bescheiden ein.
„Die Gruibinger Orgel der evangelischen Martinskirche ist schon fast 150 Jahre alt“, erzählt Hans Gölz. Zu seiner Freude darf er weiterhin jederzeit darauf spielen.
1943 begann diese musikalische Ära für Hans Gölz, als Pfarrer Walter Frieß junge Leute suchte, die Harmonium spielen wollten. Die Mutter von Hans Gölz spielte damals Zither und förderte das musikalische Talent ihres Sohnes gerne. Der Vater hatte eine originelle Idee: Er ging in den Wald, schlug einen Baum, und der Stamm wurde eingetauscht gegen ein Harmonium. Das heimische Üben war so gesichert und der Grundstein fürs baldige Orgelspiel gelegt.
Pfarrer Walter Frieß kam ins Haus der Harmonium-Schüler und unterrichtete sie dort. „Er war sehr exakt und genau in seiner Lehrweise“, erinnert sich der Rentner. „Die Orgelstunden wurden mit Eiern, Butter und Milch entlohnt“, beschreibt er die Zeit im und nach dem Krieg. 1950 erlangte er nach der landeskirchlichen Organistenausbildung seine Befähigung als Organist und spielte ab dieser Zeit in Gruibingen. Gleichzeitig war er 30 Jahre lang jeden zweiten Sonntag in Bad Ditzenbach und 25 Jahre lang in Auendorf. Hans Gölz begleitete in den vielen Jahren jeden Sonntagsgottesdienst, jede Hochzeit und jede Beerdigung. Seine Klänge auf der Orgel eröffneten und beschlossen den Gottesdienst, dazwischen unterstützte er musikalisch den Gesang der Gläubigen. Das Kirchenjahr im Jahreswechsel begleitete er mit den jeweiligen Orgelstücken. Wenn er samstags die Liederauswahl bekam, wurde bereits nachmittags geübt.
Eine weitere musikalische Heimat wurde für ihn die Kastelruther Pfarrkirche in Südtirol. Am Urlaubsort spielt der Gruibinger ebenfalls gerne Orgel. Die Kirchentür ist dort, wie in Gruibingen, stets für ihn geöffnet. „Einen Nachfolger gibt es nicht“, sagt Pfarrerin Magdalena Smetana. Barbara Eberhardt und Philipp Kuch wechseln sich ab. „Das ist ein großes Glück, dass wir zwei Organisten haben. Hans Gölz ist ein Unikum, ich weiß nicht, ob es in der ganzen Landeskirche so jemanden gibt.“