Sie sind keine Lückenbüßer, auch wenn sie eine wichtige Lücke in Dettingen füllen wollen: die Initiatoren des Geschichtsvereins. Noch ist die Erinnerungslücke nicht allzu groß. Noch erinnern sich Menschen an die Dettinger Geschichte im 20. Jahrhundert. Noch gibt es Gegenstände, die an die Geschichte erinnern, sogar an Zeiten, die weiter zurückliegen als hundert Jahre. Die Erinnerungen aufzuzeichnen und die Gegenstände zu sammeln, ist ein Ziel des Vereins.
Wichtige Wendepunkte in der „großen“ Geschichte haben sich auch auf Dettingen ausgewirkt. Das beginnt schon in der Vor- und Frühgeschichte, wie Dr. Roland Krämer, der Gründungsvorsitzende des Vereins, ausführt: „Die Neandertaler waren auf dem Käppele, das ist gesichert.“ Weiter geht es mit den Römern, denen das Lenninger Tal unter anderem die Sibyllenspur zu verdanken hat.
Auch die Neuzeit hat historische Spuren in Dettingen hinterlassen, etwa im Bauernkrieg, in dessen Verlauf 1525 die Teck zerstört wurde. Ein weiterer Krieg hat 420 Jahre später zu noch größeren Zerstörungen geführt. Am 20. April 1945 ist ein Großteil des Ortskerns einem Bombenangriff zum Opfer gefallen. An dieser Stelle deckt sich die Geschichte mit einem zentralen Problem des Geschichtsvereins: Nach dem Bombenangriff war fast das gesamte Gemeindearchiv verbrannt.
Wertvolle Geschichtszeugnisse gingen dabei verloren - unwiederbringlich. Deshalb haben die Vereinsmitglieder jetzt, im 21. Jahrhundert, beschlossen, das zu retten und zu bewahren, was noch vorhanden ist. Die historische Bedeutung der Sammlungsgegenstände erschließt sich nicht immer auf den ersten Blick. Oftmals wird dann achtlos „alts G‘lomp“ weggeworfen, weil man sich eben nicht vorstellen kann, dass das noch einen Wert haben könnte.
Fotos und schriftliche Aufzeichnungen sind enorm wichtig für den Geschichtsverein - auch wenn es sich „nur“ um Familienbilder und private Texte handelt. Dasselbe gilt für Gegenstände, die gar nicht alltäglich genug sein können. Schließlich sind es gerade bei der lokalen Geschichte nicht immer die Haupt- und Staatsaktionen, die eine Rolle spielen. Die alltägliche Geschichte der „einfachen“ Menschen rückt ohnehin immer mehr in den Fokus der Geschichtsschreibung.
Dr. Eberhard Sieber, einer der Beisitzer im Ausschuss des Vereins, erinnert deshalb an einen Aufruf, den die Initiatoren schon lange vor der eigentlichen Vereinsgründung gestartet haben: „Bevor jemand was wegschmeißt, soll er sich bei uns melden.“ Vereinsmitglieder schauen sich die Gegenstände an, um zu entscheiden, ob sie in die Sammlung aufgenommen werden können. Dabei geht es nicht nur darum, die Dinge einfach zusammenzutragen. Wichtig ist auch eine möglichst genaue Dokumentation, erklärt Roland Krämer: „Bei Fotos beispielsweise fragen wir nach, aus welchem Jahr die Aufnahmen stammen könnten und welche Personen darauf zu sehen sind.“ Das ist eine Schwierigkeit, die wahrscheinlich jeder kennt: Beim Betrachten von alten Familienbildern ohne Beschriftung fehlt plötzlich die Sachkenntnis, weil keiner mehr die alten Großonkel oder Großtanten kennt, die da vor 80 oder 120 Jahren für den Fotografen posiert haben.
Die Bevölkerung - übrigens nicht nur aus Dettingen, sondern auch aus der Umgebung - ist zudem aufgerufen, sich inhaltlich einzubringen. „Jeder kann uns Themen und Ideen mitteilen“, sagt Ulrike Schweizer, die Zweite Vorsitzende. Beispiele sind das Handwerk in Dettingen oder die Wirtshausgeschichte, der Krankenpflegeverein, den die legendäre Schwester Rosa mitbegründet hat, oder die Geschichte der alten Bogenbrücke über die Lauter, die eine Art Bürgerinitiative vor dem Abbruch bewahrt hat.
Die reichhaltige Geschichte zu bewahren, aber auch zu vermitteln, ist das Anliegen des Vereins. Führungen, Exkursionen, Vorträge, Ausstellungen und Workshops sind geplant. Eher langfristige Ziele sind ein eigenes kleines Museum oder auch Publikationen zur Geschichte Dettingens.
Wer Kontakt zum Dettinger Geschichtsverein aufnehmen möchte, kann sich bei Roland Krämer melden: unter der Telefonnummer 0 70 21/5 48 56 oder per E-Mail an roland.kraemer@t-online.de