Weilheim und Umgebung
Eine Erfahrung für das ganze Leben

Erasmus Isabel Hummel aus Weilheim und Arne Harr aus Schlierbach haben mit weiteren Handwerksgesellen drei Monate im italienischen Volterra gearbeitet.

Die schöne Toskana erleben, Praxiserfahrungen in Handwerksbetrieben und auf Baustellen sammeln und dabei Freundschaften fürs Leben schließen: In diesen Genuss sind sieben Gesellinnen und sieben Gesellen beim diesjährigen Erasmus+-Projekt der Handwerkskammer Region Stuttgart gekommen. Die sogenannten Erasmini verbrachten von Januar bis März drei Monate in Volterra und konnten nach einem einmonatigen Sprachkurs ihre handwerklichen Kenntnisse in italienischen Betrieben anwenden. „Das Projekt zeigt eindrucksvoll auf, welche großartigen Leistungen durch europäische Freundschaft und Zusammenarbeit entstehen können, und ist eine Win-win-Situation für beide Seiten“, erklärt Peter Friedrich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart. Während die Erasmini eine fremde Kultur kennenlernen und Arbeitserfahrungen sammeln, profitiere die gesamte Stadt von den handwerklichen Fähigkeiten der deutschen Fachkräfte.

In den ersten vier Wochen des Auslandsprogramms lernten die Gesellinnen und Gesellen aus der gesamten Region Stuttgart in einem Intensivsprachkurs grundlegende Italienischkenntnisse, die sie in der anschließenden Arbeitsphase in den Betrieben und auf den Baustellen einsetzen und verfeinern konnten. Restauriert wurde unter anderem das Museo Etrusco Guarnacci, das zu den ältes­ten Museen für etruskische Kunst zählt. Um die Decken und Wände zu streichen, wurden alte italienische Techniken angewendet, die heute nicht mehr eingesetzt werden. „Besonders gut haben uns die Arbeitstechniken, aber auch die Zusammenarbeit gefallen – wir sind als Malerteam wie eine kleine Familie geworden“, erklärt Malerin und Lackiererin Katharina Albert-Socaciu, 22, aus Göppingen. Auch Friseurgesellin Isabel Hummel aus Weilheim tauschte jeden Montag die Schere gegen den Pinsel ein und half im Museum. Aber auch im Friseursalon erhielt die 22-Jährige neue Impulse: „Die Mitarbeiter nehmen sich viel Zeit für ihre Kunden und der soziale Aspekt spielt eine wichtige Rolle.“

Die Restauration der mehr als 100 Jahre alten Eingangspforte der Stadtbibliothek war ein weiteres Großprojekt, dem sich ein „Erasmini“-Team stellte. In aufwändiger Handarbeit wurde die mehrere Meter hohe Tür aus Kas­tanienholz neu lackiert, Metallringe ausgetauscht und das Holz an einigen Stellen ersetzt. „Für uns Zimmerleute waren die Schreiner-Tätigkeiten wie das Schleifen erst mal eine Herausforderung, aber es war interessant, neue Techniken zu lernen“, erklärt Zimmermann Julian Preuß, 25, aus Fellbach.

In der Bildungseinrichtung SIAF wurde gleich an mehreren Projekten gearbeitet: „Neben einem gemauerten Outdoor-Barbecuegrill und einem Brunnen dürfen sich die Schülerinnen und Schüler auf einen neu gestalteten Platz freuen, der den Austausch verschiedener Kulturen fördern soll“, berichtet die 25-jährige Maurergesellin Esther Schoofs aus Viersen. Eingeweiht wurde der Grill bei der Überraschungsparty für Tischler Arne Harr, 21, der in Volterra seinen Geburtstag feierte. Der Barbecuegrill sei für den Handwerker aus Schlierbach definitiv das Highlight gewesen, denn beim Bau durfte er sich als Maurer ausprobieren. „Ich habe unglaublich viel Neues gelernt und auch viel fachübergreifend gearbeitet“, betont Arne Harr.

„Jeden Abend beim gemeinsamen Essen haben wir erzählt, welche Highlights es am Tag gegeben hat“, erklärt Zimmerer Benedikt Hilliges. Interessant sei für den 20-Jährigen das italienische Arbeitsklima gewesen, das etwas entspannter sei als in Deutschland. „Aber auch mit anderen Handwerkern zusammenzuleben, war etwas ganz Besonderes – die Zeit in Volterra wird für immer eine wunderschöne Erinnerung bleiben“, betont der Zimmerergeselle aus Deckenpfronn. „Da viele von uns vor wichtigen Entscheidungen im Leben stehen, war die Zeit wertvoll, da die Gedanken komplett frei sein konnten“, erklärt Tischlerin Corinn Wizemann. Die 23-jährige Karlsruherin strebt die Selbstständigkeit an. „Es war eine tolle Gruppe und wir hatten sehr viel Spaß zusammen“, berichtet sie. Deshalb würde sie das Programm auch gerne wiederholen. pm