Weilheim und Umgebung
Eine ganze Welt aus einem Tropfen Tusche

Kunst Die Mitmachaktion der Weilheimer Tusche-Künstlerin Barbara Grupp kommt gut an.

Weilheim. Auf dem Vorplatz der Weilheimer Peterskirche stehen Tische, Bänke und zahlreiche Mahlutensilien bereit. Im Rahmen der Kulturzeit Weilheim lädt die Künstlerin Barbara Grupp am Sonntagmorgen zu einer besonderen Mitmachaktion ein: Heute darf sich hier jeder kostenlos im Japanischen Tuschezeichnen Sumi-E ausprobieren: Zu Beginn sind es nur wenige, die Barbara Grupp Gehör schenken: „Aus einem Tropfen Tusche kann eine ganze Welt entstehen,“ schwärmt die Künstlerin und zeigt, wie in vier Schritten nach und nach wundervolle Bambuswelten entstehen können.

Die Anwesenden beobachten die anmutigen Pinselstriche begeistert. Normalerweise bevorzugt sie Seiden- oder Reispapier. „Zum Üben verwenden wir heute Packpapier aus dem Baumarkt, das reicht völlig aus und eignet sich darüber hinaus, um Geschenke damit einzupacken. Manch einer hat sich dann schon das Geschenkpapier an die Wand gehängt,“ grinst Grupp.

Bei ihren heutigen Gästen achtet sie auf eine aufrechte Haltung und fließenden Atem. „Mit der Atmung kann man seine ganze Kraft in den Pinselstrich legen. Diese Kraft erkennt man später dann auch in den Bildern“.

Mittlerweile gesellen sich immer mehr Menschen hinzu und möchten gerne mitmachen. Selbst neugierige Gottesdienstbesucher bewundern die bisherigen Werke der Experimentierenden. „Sumi bedeutet im Japanischen übrigens Tusche und E das Bild“, erklärt Brigitte, die Japanisch spricht und sich momentan an den Bambusblättern ausprobiert. Barbara Grupp erinnert sie daran, ihren Atem während des Pinselstrichs fließen zu lassen. „Die Haltung und die Atmung sind immer wichtig, auch beim Entspannen und Meditieren,“ sagt die Tusche-Künstlerin, die in ihren Kursen auch eine Form der Meditation mit der Kunst verbindet. „Ich brauche oft nicht viel mehr im Leben, als einen Pinsel, Tusche und ein Blatt Papier,“ erzählt Barbara Grupp, die sich nach zehn Jahren Tuschemalerei und unzähligen Kunstwerken immer noch demütig als Anfängerin bezeichnet.

„Das ist wie im richtigen Leben, man lernt stets dazu und nur durch regelmäßiges Üben wird man besser,“ schmunzelt die sympathische Künstlerin. Mittlerweile sind alle Teilnehmer per Du und man unterhält sich angeregt: da sind beispielsweise Mütter, die sich über ihre Kinder unterhalten, Sophia, Chinesin und Bewunderin der Malerei und Pit, der einzige Mann, der den Weg zur Aktion gefunden hat.

Die Kunst unter den Kastanien scheint die Menschen zu verbinden. Darüber freut sich Barbara Grupp umso mehr: „Die Tuschemalerei ist eigentlich wie eine Gegenbewegung zu all dem Schnellen und Unersättlichen, das uns momentan umgibt. Durch die stillen, konzentrierten Bewegungen vergisst man alltägliche Sorgen, taucht in eine andere Welt und man lernt wieder mit weniger zufrieden zu sein,“ lächelt sie.

Und für die eine oder den anderen Teilnehmer war dieser Sonntag vielleicht wirklich ein Einstig in eine Welt, die ihm oder ihr bisher gänzlich unbekannt und verborgen war. Anja Schulenburg