Lenninger Tal
Eine Liebeserklärung ans Papier

Ausstellung Im Papiermuseum in Oberlenningen zeigt der Kirchheimer Künstler Günter Habermann Faltobjekte aus Papier. Seine Installation „Dreifaltigkeit“ füllt einen ganzen Raum. Von Andrea Barner

Fast jeder weiß, was Origami ist. Der „Kranich“ ist ein Klassiker unter den gefalteten Papieren, man sieht aber auch Fische oder Blüten. Dafür gibt es Anleitungen, schon Kindergartenkinder üben einfache Dinge, etwa „Fliegerle“. Das Wort kommt aus dem Japanischen von „Oru“ (falten) und „kami“ (Papier). Dieser Kunst hat sich Günter Habermann mit Leib und Seele verschrieben, allerdings sind seine Objekte anders: Sie stellen keine Gegenstände dar, sind größer und eher als Wand- und Raumschmuck zu bezeichnen.

Das Origamipapier ist in der Regel quadratisch mit 15 Zentimeter Seitenlänge, preiswert erhältlich in jedem Papier- oder Bastelgeschäft. Habermann dagegen arbeitet mit unterschiedlichen, auch sehr edlen Papieren. Viele stammen von der Lenninger Papierfabrik Scheufelen, die vor mehr als 100 Jahren das Kunstdruckpapier erfand.

Die Objekte hängen an der Wand, mal mit, mal ohne Rahmen. Sie schmücken auch einige der zahlreichen antiken Kommoden oder Tische, die im Lenninger Schlössle reichlich zu finden sind. Manche Faltobjekte sind klein, andere recht groß, mehr als ein Quadratmeter, und jeder fragt sich: Wie geht das? Grundlage sind Ziehharmonikafalten, exakt geknickt, aber mit ganz besonderen dreidimensionalen Effekten. „Meine Faltobjekte verbinden Geometrie mit Natur“, sagt Günter Habermann. „Geometrie als Grundstein menschlicher Rechenkünste in Verbindung mit einem Werkstoff pflanzlicher Herkunft.“

Rolf Bordon, Pfarrer im Ruhestand, beschreibt in seiner Laudatio die Vorgehensweise des Künstlers: „Mit wenigen Knicken gelingt es Günter Habermann, einem Blatt Papier Leben einzuhauchen.“ Das nötige Wissen darüber hat der ehemalige Grafiker und Werbefachmann Habermann durch Studium und jahrzehntelangen professionellen Umgang mit Objekten, Fotografien, Bühnenbildern und Prospekten gesammelt, in dem Zusammenhang natürlich auch mit Papier. Nach Jahren der Pflicht folgt für ihn jetzt im Ruhestand die Kür. Habermann hat Hochachtung vor dem Werkstoff Papier. Viele seiner Faltobjekte sind so ausgeklügelt, dass sie sich ganz flach zusammenklappen lassen. „Die kann ich in einen einzigen Karton packen und damit eine ganze Ausstellung bestreiten“, lächelt der Esslinger augenzwinkernd. Wie viele Fehlversuche er faltet, bevor eines seiner komplizierten Objekte gelingt? Keine. „Bei mir wird gar nichts entsorgt“, sagt er. „Wenn mal was danebengeht, dann mach ich an der Stelle so einen Knautschi, das sieht dann auch gut aus.“

Ein Mammutprojekt hat er mit der „Dreifaltigkeit“ geschaffen. Das Wortspiel passt zur Technik des Künstlers, beschreibt aber auch den Gott der Christen: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Der Anstoß dazu kam von Pfarrer Rolf Bordon. Günter Habermann hat die Herausforderung angenommen und ein Kunstwerk ganz im Sinne des Theologen geschaffen. Die mehrteilige Papierinstallation füllt einen ganzen Raum im Obergeschoss des Schlössles. Die fast wie riesige Gespenster anmutenden gefalteten Papierbögen sind dort an Drahtseilen aufgehängt, man kann dazwischen durchlaufen, sie auf sich einwirken lassen und sich ganz persönliche Gedanken dazu machen.