Von dem Moment an, als ich einen Stift halten konnte, wollte ich malen“, erzählt Karin Genitheim in ihrem Atelier im oberen Stock der Kunstakademie Esslingen, die im Jahr 2000 von der Blumen- in die Fritz-Müller-Straße umgezogen war. Seit 1981 ist sie Dozentin, von 2000 bis 2020 leitete sie die Kunstakademie gemeinsam mit Angelika Hentschel. Karin Genitheims Leidenschaft für die Kunst begann bereits in der frühen Kindheit und kam nicht von ungefähr. „Mein Vater hat gemalt und hatte zuhause ein Atelier. Nach dem Krieg wurde er allerdings Bundesbahnbeamter und die Kunst war nur noch ein Hobby“, erinnert sich die 66-Jährige. In der Familie des Vaters habe es mehrere Kreative gegeben. Von ihrem Vater habe sie früh gelernt, genau hinzuschauen und für eine Zeichnung auf die Details zu achten.
Bis heute hat sie sich das bewahrt. „Anfangs habe ich von ihm Zeichenvorlagen bekommen, da war ich im Vorschulalter. Ich habe immer viel gezeichnet und geübt. Beim Einschulungstest sollte ich einen Baum malen, was ich so detailliert gemacht habe, dass man es für ein Bild meiner Mutter hielt. Bis ich gezeigt habe, dass ich das selbst kann“, erinnert sich Karin Genitheim und lacht.
Die Kunst begleitet sie bis heute. Ihr Abitur machte die heute in Hochdorf lebende 66-Jährige in ihrer Heimatstadt Aalen. Danach hätte sie eigentlich gerne Grafikdesign und Freie Malerei studiert. Der Vater sei allerdings der Meinung gewesen, „ich solle was Gescheites lernen und lieber Lehrerin werden.“ So folgte nach dem Abitur das Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule (PH) in Esslingen.
Die Kunst begleitete sie als Studienfach auch dort. „An der PH hatte ich eigenwillige und anspruchsvolle Kunstdozenten, das hat aber gut funktioniert. Beim Studium habe ich über eine Theater AG unter anderem die späteren Kabarettmitglieder der Esslinger Galgenstricke kennengelernt und für deren damalige Stücke die Plakate, Programmhefte oder Bühnenbilder entworfen“, berichtet Karin Genitheim. „Aus Platzgründen für die großen Bühnenbildelemente haben wir damals an der WLB in Esslingen gearbeitet.“ Später, während dem Referendariat an der Esslinger Burgschule, habe sie zudem für die Kindertheaterstücke der WLB die Infobroschüren für Lehrer zur Vor- und Nachbereitung illustriert: „Da gab es einen Arbeitskreis von Lehrern für Lehrer.“
Bis zur Festanstellung als Lehrerin sollten aufgrund des minimal verpassten geforderten Notendurchschnitts fünf Jahre auf der Warteliste vergehen. In dieser Zeit arbeitete Karin Genitheim zunächst im Büro und war parallel immer in der Esslinger Kunstszene aktiv – unter anderem ab 1981 als Dozentin an der Kunstakademie Esslingen. „Ich habe 1987 mit dem Schuldienst an einer Grundschule begonnen und war von 2001 bis 2011 außerdem Fachberaterin für Kunst am Staatlichen Schulamt in Nürtingen in der Lehrerfortbildung“, nennt die 66-Jährige weitere künstlerische Stationen.
Stil hat sich weiterentwickelt
An welcher Schule sie bis zum Ruhestand auch tätig war, die Kunst war stets ein wichtiges Element und im Privatleben sowieso. „Ich habe immer gemalt. Im Schuldienst blieb dafür eben vor allem während der Ferien Zeit. Ich habe in der Freizeit auch von der Akademie aus Kurse an verschiedenen Orten gegeben, unter anderem für Erwachsene in meinem Wohnort Hochdorf. Hier bin ich bis heute ehrenamtlich aktiv, aktuell beim Freien Malen im Rahmen des Dorfwerken-Angebots. Da gebe ich zwar keinen Kurs, aber bei Bedarf Tipps“, so Karin Genitheim. Ihr eigener Kunststil habe sich über die vielen Jahre immer weiterentwickelt: „Kunst bedeutet für mich Freiheit im Denken. Man kann alles auf die Leinwand bringen, was man sich vorstellt.“
Anfangs sei es vom Stil der Bilder her eher ein „fantastischer Realismus“ gewesen, „eine Zeit lang habe ich sehr abstrakt gemalt und grafische Elemente mit malerischen verknüpft“. Aktuell seien es mehr figürliche Bilder. Als Ideen-Vorlagen dienten ihr Fotos, ob aus Zeitschriften, Zeitungen oder auch dem Internet. Sie suche sich Themen, die berühren, Bilder, die aussagekräftig sind. Allein schon was deren Licht- und Farbgestaltung angehe. Ein Beispiel sind jene zum 11. September in New York. Wo liegt der Fokus im Foto? „Diesen arbeite ich dann in meinem eigenen Bild besonders heraus“, erklärt Karin Genitheim. Mittlerweile ist sie vom Schuldienst in den Ruhestand übergegangen, in Sachen Kunst allerdings noch vielseitig und nahezu täglich engagiert. Für sich selbst geht die 66-Jährige immer in der Sommerferienzeit drei Wochen im Allgäu und an anderen Orten in Kunstkurse von Kollegen und Freunden und genießt den Austausch und die Zeit für die eigene Malerei.
Lehrerin und Künstlerin
Karin Genitheim Die Künstlerin Karin Genitheim ist 1957 geboren und lebt in Hochdorf. Sie hat Kunsterziehung, Deutsch und Psychologie auf Lehramt studiert und war in ihrer schulischen Laufbahn zuletzt Rektorin der Wielandschule in Sielmingen. Seit 1981 ist sie Dozentin an der Kunstakademie Esslingen für Grund- und Aufbaukurse, Aquarellieren für Fortgeschrittene, Mischtechnik, Aquarellcollage, Freie Interpretation der Landschaft, Akt, Porträt, Malen mit Pigmenten, Acrylmalerei, Ölmalerei und Kunstgeschichte. Von 2000 bis 2020 leitete Karin Genitheim die Kunstakademie gemeinsam mit Angelika Hentschel. Von 2001 bis 2011 war sie zudem als Fachberaterin für Kunst am Staatlichen Schulamt Nürtingen tätig. Neben der eigenen Kunst, die sie immer wieder in eigenen Austllungen präsentiertausstellt, ist sie bis heute ehrenamtlich künstlerisch aktiv und Mitglied des Vereins „Künstler der Fildern“.
Die Kunstakademie Esslingen ist eine offene Kunstschule. Angeboten werden in der Fritz-Müller-Straße 1 Kunstkurse, Workshops und sonstige Veranstaltungen für Anfänger bis Fortgeschrittene. Ob Zeichnen, Malerei, Bildhauerei, Drucktechniken oder experimentelles Gestalten – das Kursangebot ist vielfältig. eis