Wo sich früher nur weite Wiese befand, blüht heute das (Vorstadt-)Leben. Wildwachsende Sträucher sind modernen Mehrfamilienhäusern, gepflegten Vorgärten und Garagenzufahrten gewichen. Der Wohnraum wächst, die Bevölkerung auch – zumindest mancherorts. Denn während einige Städte und Ortschaften mit dem Bauen kaum hinterherkommen, sind neu Zugezogene anderswo Mangelware. Auch rund um die Teck hat sich innerhalb von 30 Jahren viel getan.
Holzmaden fährt Achterbahn
Eine abenteuerliche Kurve zeichnet Holzmadens Wanderungssaldo – darunter versteht man die Differenz zwischen Zu- und Fortgezogenen – in den drei Jahrzehnten zwischen 1994 und 2023. So legten die Zahlen rund um das Jahr 2010 einen kurzen Tauchgang unter die Nulllinie hin und schossen anschließend in die Höhe. Die Euphorie war jedoch nur von kurzer Dauer: In den vergangenen Jahren ging es für die Gemeinde schnell wieder bergab.
Für die Schwankungen hat Bürgermeister Florian Schepp keine strukturelle Erklärung, verweist jedoch im Kontext des kurzzeitigen Ansturms auf die Bemühungen der Gemeinde um ein attraktives Holzmaden. So habe man unter anderem die Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren nochmal „erheblich“ ausgebaut, das Internet verbessert und das ÖPNV-Angebot ausgeweitet.
Aktuell zu beobachten sei ein Generationenwechsel innerhalb der Gemeinde: Es seien vor allem junge Familien, die in dem Ort neue Wurzeln schlagen. Das möge mitunter an der ländlichen Struktur mit gleichzeitiger Nähe zu Kirchheim und Weilheim liegen, vermutet Florian Schepp. Der Reiz: außerstädtischer Flair ohne die meisten üblichen Einbüßungen des Landlebens.
Besonders dynamisch seien die Zahlen in den letzten drei Jahren aufgrund der verhältnismäßig hohen Zahl Geflüchteter gewesen, die man in der Gemeinde aufgenommen habe. Für den Zeitraum bis 2040 wird ein weiterhin moderates Bevölkerungswachstum erwartet.
Ohmden geht es ruhig an
Auch im beschaulichen Ohmden tut sich etwas: Langsam, aber sicher, ist das Wanderungssaldo, das lange im Minusbereich herumdümpelte, innerhalb der letzten zehn Jahre über die Nulllinie geklettert, wo es vorerst auch bleibt.

Wie Bürgermeisterin Barbara Born berichtet, befinden sich unter den Neuzugängen im Ort vor allem junge Familien mit Kindern, die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe machen kinderlose Paare aus. Zuziehende im Rentenalter gebe es in Ohmden kaum.
Der hohe Anteil an jungen Familien gibt Anlass zur Annahme, dass sich die Strategie der Gemeinde auszahlt: Um als Wohnort attraktiv zu sein, habe man der Bürgermeisterin zufolge vor allem die Kinderbetreuung ausgebaut. Auch gebe es seit 2016 ein Ganztagsangebot in der Grundschule, das von den Familien gut nachgefragt werde.
Wie sich die Anwohnerzahlen in den kommenden Jahren entwickeln, könne man jedoch noch nicht einschätzen.
Neidlingen kommt nicht voran
Zwischen mau und ziemlich mau bewegte sich Neidlingens Wanderungssaldo in den letzten Jahrzehnten. Ab den späten 90ern schaffte es die Gemeinde über einen Zeitraum von rund 15 Jahren nicht, ihre Fortzüge durch Neuankömmlinge auszugleichen. In den Folgejahren sah es einige Zeit lang gut aus, dann war die Luft wieder raus, und das Wanderungssaldo stürzte ins Negative zurück.
Dieser Entwicklung ist sich auch Bürgermeister Jürgen Ebler „sehr bewusst“. Der Knackpunkt sei in erster Linie Neidlingens Lage: Da sich die Gemeinde in einem regelrechten Kessel aus Schutzgebieten befindet – was bekanntermaßen mit langwierigen Genehmigungsverfahren einhergeht – hat sich in Sachen Wohnraumerschließung 20 Jahre lang nicht viel getan. Mit dem kürzlich gesetzten Spatenstich für das Neubaugebiet „Schießhütte“ ändert sich das. Auch die Betreuungssituation wurde durch die 2024 eröffnete Naturkita bedarfsgerecht optimiert, sodass jedes Kind einen Platz sicher hat. Außerdem, so Ebler, habe man die Angebote für Jugendliche ausgebaut und arbeite derzeit daran, die Infrastruktur wie auch die Internetversorgung der Gemeinde zu verbessern.
Durch diese Maßnahmen hofft Neidlingen, künftig wieder schwarze (Bevölkerungs-)Zahlen schreiben zu können. Wie es aussieht, wird das neue Wohngebiet vorerst aber das letzte bleiben. Wie es langfristig mit dem Wachstum von Neidlingen weitergeht, bleibt also spannend.
Bissingen kämpft sich hoch
Das Problem der angrenzenden Schutzgebieten kennt Bissingen nur zu. Obwohl es laut Bürgermeister Jens Fritz genug Interessenten gibt, herrscht dort in Sachen Neubaugebiet gezwungenermaßen weiterhin Fehlanzeige.
Nichtsdestotrotz ging die Gemeinde aus dem gesamten Jahrzehnt zwischen 2014 und 2023 mit einem durchaus zufriedenstellenden Saldo hervor – ob sich Bissingen daran gewöhnen darf, ist abzuwarten, denn wirklich gute Zahlen in einzelnen Jahren hatte die Ortschaft auf längere Sicht nur 2015 und 2022 – hauptsächlich aufgrund des Zuzugs von Geflüchteten – zu verzeichnen.
Die Strategie der Gemeinde: Innenentwicklung. Bürgermeister Jens Fritz erkennt jedoch an, dass sich daraus „naturgemäß keine so starken Einmaleffekte“ ergeben wie aus Neubaugebieten. Eine Prognose für die kommenden Jahre könne man derzeit noch nicht abgeben.