Denkendorf. Eine textile Wundauflage, mit der sich Verbrennungen äußerst schonend behandeln lassen, weil sie mit der Haut verwächst. Eine leichte Schneekette aus technischen Fasern, die sich viel einfacher anlegen lässt als die klassische Metallversion und mindestens genauso gut bei winterlichen Verhältnissen hilft. Ein Helm aus textilem Material, der ein Drittel mehr Aufprallenergie schluckt als übliche Kunststoffmodelle. Es gibt kaum einen Bereich, in dem Innovationen aus den DITF nicht zum Einsatz kommen. Ein paar Beispiele, wie Forschungsprodukte aus Denkendorf im Alltag eingesetzt werden.
Ein Skelett namens Charly
Im Haus wird er nur „unser Charly“ genannt. Seit Mitte der 1990er-Jahre gehört das Skelett zum Stammpersonal. Ausgestellt in einer Vitrine, zeigt Charly die ganze Bandbreite von Medizin- und Bio-Medizin-Produkten aus textilen Stoffen, die sich tausendfach bewährt haben. Ob Gefäßprothesen, chirurgische Nähfäden, einen Luftröhrenstent oder ein temporärer Leberersatz - mittlerweile trägt Charly 28 Forschungsprojekte zwischen seinen Knochen.
Der elektronische Schutzengel
Als elektronischer Schutzengel für Babys, die vom plötzlichen Kindstod bedroht sind, wurde der E-Babybody erdacht. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein gewöhnliches Kleidungsstück, doch im Inneren besticht er durch ungewöhnliche Technik: Über textile Sensoren werden zentrale Vitalparameter wie Körpertemperatur, Hautfeuchte, Atem- und Herzfrequenz stetig überwacht. Eine Lebensversicherung für den Säugling.
Das solarthermische Eisbärfell
Mit ihrem Eisbärhaus haben die DITF 2013 von sich reden gemacht. In diesem temporären Versuchsbau wurden neuartige solarthermische Textilien erprobt. Dafür hatte man zuvor ein Eisbärfell aus der Wilhelma untersucht. Mit diesem bionischen Forschungsansatz wollte man herausfinden, wie bei einem Eisbär Sonnenlicht in Wärme umgewandelt, zum Körper geführt und gespeichert wird und ob sich diese Mechanismen mittels Textilien nachbauen und nutzen lassen.
Stabil wie Pflanzenhalme
Vieles lässt sich von der Natur abschauen. Zum Beispiel die Stabilität von Pflanzenhalmen, die auch Stürmen trotzt. Mit künstlichen Fasern und Kunststoffen hat man deren Struktur als Matrix nachgebildet. Tausende Fäden aus Glas oder Carbon werden in einer Horizontalflechtmaschine zur gewünschten Struktur geflochten, durch ein Kunstharzbad gezogen und in einem beheizten Werkzeug ausgehärtet. Fertig ist der technische Pflanzenhalm.
Kubus als Wohnmodell
Wie lässt sich begrenzter Wohnraum lebensfreundlich gestalten? Die Antwort der DITF ist „Smart urban living“. Seit 2018 werden in einem Forschungskubus textile Konzepte entwickelt, bei denen Wohnqualität, Ökologie und Ökonomie im Einklang stehen. Sonnen- und Wärmeeinstrahlung werden mittels Beschattungstextilien effektiv gelenkt, sodass es im Inneren auch ohne Klimaanlage angenehm kühl bleibt. Trotzdem ist die Sicht nach außen nicht merklich eingeschränkt. Auf Kunstlicht kann meist verzichtet werden.
Kampf gegen Plagiate
Ein komplexes Forschungsgebiet sind spezielle Tinten, die auf textilen Substraten zu guten Druckergebnissen führen und hohe Druckgeschwindigkeiten zulassen. Gegen billige Plagiate, die sich in der globalisierten Textilwelt immer mehr ausbreiten, helfen unsichtbare Tinten, die unter Infrarotstrahlung sichtbar werden. So kann der Hersteller seine Ware nach außen hin unsichtbar markieren, Zwischenkäufer wie Endkunden sind vor Plagiaten sicher. Harald Flößer