Zwischen Neckar und Alb
Einigkeit dank voller Kassen

Kreishaushalt Ein dickes Finanzpolster lässt die Fraktionen im Kreistag ungewohnt eng zusammenrücken. Trotz gewaltiger Bauvorhaben und Coronakrise gibt es Spielraum für Geschenke an die Kommunen. Von Bernd Köble

Dass man neu rechnen muss, bevor ein Haushaltsplan den politischen Segen empfängt, gehört zu den gewohnten Mühen einer jeden Finanzverwaltung. Kreiskämmerin Monika Dostal dürfte die Mehrarbeit vor Weihnachten beim letzten Haushalt ihrer Berufslaufbahn allerdings gerne in Kauf genommen haben. Das gleiche gilt für ihre Kolleginnen und Kollegen in den Rathäusern der 44 Städte und Gemeinden im Kreis. Die Finanzen des Landkreises bewegen sich auf einem Allzeithoch und die Kommunen profitieren kräftig davon. Bereits im Entwurf des 650 Millionen Euro schweren Etats im Oktober hatte die Verwaltung eine Senkung der Kreisumlage von 30 auf 29,3 Prozentpunkte vorgeschlagen. Jetzt gibt es noch einen Zuschlag obendrauf. Beim Etatbeschluss am Donnerstag hat sich der Kreistag ohne Gegenstimme auf eine deutlichere Senkung auf 27,8 Prozentpunkte geeinigt. Das bedeutet für die kommunalen Haushalte eine Entlastung von insgesamt mehr als 13 Millionen Euro. Für die SPD wäre sogar noch mehr drin gewesen. Der Hebesatz liege eher an der oberen als an der unteren Grenze des Machbaren, meinte SPD-Fraktionschef Michael Medla, der schon in seiner Haushaltsrede im Oktober darauf verwiesen hatte, dass sich die Lage in den zurückliegenden Haushaltsjahren gegenüber den Prognosen stets zum Besseren verändert habe.

Ein Geldsegen, der auch jetzt nicht unerwartet kommt. Seit Sommer ist bekannt, dass der Landkreis mit beträchtlichen Mehreinnahmen rechnen kann. Wesentliche Gründe sind höhere Erlöse bei der Grunderwerbssteuer und gestiegene Schlüsselzuweisungen des Landes aus der Einkommenssteuer. In anderen Worten: die anhaltend gute Konjunktur im Südwesten. Die jüngste Steuerschätzung im November hat die Finanzlage weiter verbessert. Obwohl sich auch die Sozialkosten im Kreisetat auf Rekordniveau bewegen und der öffentliche Nahverkehr das zweite Jahr in Folge unter den Folgen der Pandemie ächzt, bleibt unterm Strich ein sattes Plus von 19 Millionen Euro.

Eine Entwicklung, die sich auch auf die Kassenlage niederschlägt. Die Liquidität als eine der wichtigsten Kennziffern im Haushalt liegt inzwischen bei knapp 54 Millionen Euro und wird zum Ende des kommenden Haushaltsjahres noch immer mit etwa 35 Millionen Euro veranschlagt. Das verschafft Luft angesichts gewaltiger Investitionen, die der Kreis im Blick hat. Die Erweiterung der Nürtinger Bodelschwingh-Schule ist nur ein kleiner Teil davon. Die Gesamtkosten für den Landratsamts-Neubau in Esslingen und den Umbau der Verwaltung auf dem Plochinger Stumpenhof belaufen sich auf mehr als 200 Millionen Euro und werden die Kreisfinanzen noch viele Jahre belasten. Der Bezug des Neubaus am Neckar ist für 2026 geplant.

Wer frei von finanziellen Sorgen ist, hat wenig Grund, zu streiten. In den Beratungsrunden zum Haushalt hatte die Verwaltung zwar mehr als 60 Anträge der Fraktionen zu bearbeiten, allerdings keinen, der finanziell ins Gewicht fiel. Die Einhaltung der selbstgesteckten Finanzierungs-Leitlinien sei allen Fraktionen wichtiger gewesen, als das „Feilschen um Zehntel-Prozentpunkte,“ betonte Landrat Heinz Eininger. Es gehe um die richtige Balance zwischen einer Senkung der Kreisumlage und der Verbesserung der Eigenfinanzierung bei einer gleichzeitig moderaten Neuverschuldung

Die gemeinsame Linie, auf der sich die Fraktionen in den Etatberatungen bewegt hätten, wertete Armin Elbl (Freie Wähler) als „wichtiges Signal und solide Basis für die Herausforderungen der kommenden Jahre“.  Auch CDU-Fraktionschef Sieghart Friz erkennt in der breiten Mehrheit für einen „kommunalfreundlichen Haushalt“ die Botschaft, dass man angesichts einer ungewissen Zukunft in der Lage sei, Fraktionsgrenzen zu überwinden. Für die Grünen ist es ein Haushalt, der mehr bietet als Hebesätze. Das Integrierte Klimaschutzkonzept des Landkreises mache deutlich, dass man sich den Problemen des Klimawandels stelle, unterstrich die Fraktionsvorsitzende Marianne Erdrich-Sommer. Allerdings müsse das, was zu Beginn nur Ansatz geblieben sei, im kommenden Jahr vertieft werden. Die AfD enthielt sich als einzige Fraktion bei der Abstimmung zum Haushalt der Stimme. Ihr Sprecher Heiko Kisshauer begründete dies mit erheblichen Zukunftsrisiken, die man sehe. „Vor diesem Hintergrund hätten wir gerne einen Teil des Geldsegens zur Schuldentilgung verwendet.“