Schnell mal die Füße kühlen: Die Verlockung bei hohen Temperaturen ist groß, wenn man direkt am Bissinger See auf seinen Gesprächspartner wartet. Also flink die Schuhe ausgezogen und rein in den „Sai“, zumindest bis zu den Knien. Doch auf den Stufen, die im Wasser liegen, hat sich Moos angesammelt und die bilden einen tückischen Film. Die Rutschgefahr ist nicht von der Hand, weniger noch von den Füßen zu weisen, das merkt auch der Reporter.
Ungeeignetes Material?
Nun lässt es sich trefflich darüber streiten, ob die neuen Betonstufen schuld sind. Das wäre ärgerlich, denn vor knapp einem Jahr hat die Verwaltung einen fünfstelligen Betrag in die Hand genommen, um am See für mehr Sicherheit zu sorgen. Rechts- und Bäderexperte Dr. Carsten Sonnenberg, auch Vorsitzender des Deutschen Saunabunds, war eigens aus Norddeutschland angereist, um den Bissinger See unter die Lupe zu nehmen. Sein Befund damals: Es fehlt an einer Beschilderung und der Schwimmbereich muss abgetrennt werden, um die Schilfe am Rand zu schonen.
Auch am Einstieg müsse einiges gemacht werden, unter anderem waren die alten Steinstufen brüchig und scharfkantig, befand der Experte. Gesagt, getan: Neue Betonstufen wurden gemauert, sogar Handläufe montiert und auch Schilder wurden aufgestellt: Erstmalig bekam der See eine Badeordnung und Bürgermeister Marcel Musolf freute sich. „Wir haben jetzt maximale Rechtssicherheit.“
Nun ist die Freude leicht getrübt: „Man hört immer wieder, dass die Leute ausrutschen“, sagte Gemeinderätin Andrea Bizer in der jüngsten Sitzung. Einem Besuch von ihm sei genau das passiert, pflichtete ihr Ratskollege Rolf Rüdiger Most bei. Dokumentierte Verletzungen gibt es allerdings nicht. Nun steht die Frage im Raum: War es vorher mit den scharfkantigen Steinen sicherer? Waren die nicht auch teilweise von Moos überwachsen? Oder ist das gerade Klagen auf hohem Niveau? Das meint zumindest der Bissinger Eckhard Russ: „Das Problem gibt es doch schon immer. Manche Leute sind mit nichts zufrieden.“
„Ich wollte auch niemanden kritisieren“, sagt Andrea Bizer auf Nachfrage. Ihr sei es darum gegangen zu klären, ob man Regress fordern könne. Zumal sich bei hohen Temperaturen noch ein weiteres Problem ergeben hat: Die Handläufe werden zu heiß. Wer nicht rutschen will, verbrennt sich stattdessen die Finger? Auch diese Fälle sind zumindest nicht schriftlich dokumentiert.
Paul Russ und seine Freundin Amelie Fischer lassen sich den Badespaß jedenfalls nicht nehmen. Auch wenn er sagt: „Rutschiger als vorher ist es schon.“ Tückisch sei, dass das Neue stets den Eindruck vermittele, sicherer zu sein. Das bestätigte auch der Gemeindechef, der sich über den „ein oder anderen Zuruf“ zu diesem Thema wunderte: „Früher ist man vorsichtiger in den See gegangen.“ Hinweis- und Warnschilder gibt es jedenfalls genug, auch dass es keine Aufsicht gibt und nachts das Baden untersagt ist. Und mit dem Reinigen der Stufen ist das ist so eine Sache. „Dafür müsste man Wasser aus dem See ablassen“, erklärte Marcel Musolf. Das wollte im Gemeinderat aus naheliegenden Gründen keines der Mitglieder angesichts der momentanen Trockenheit.
Es ist gesunder Menschenverstand gefragt: Wer langsam ins reingeht, kann dann im Wasser umso schneller seine Bahnen ziehen. Der Vor-Ort-Besuch hat aber noch eine weitere Gefahrenquelle ergeben: Ein Radfahrer, der eine extrem schnelle Seerunde absolvierte. Vielleicht wäre hier ein Schild mit Tempo 10 angebracht.