Die Kinder sind sommers wie winters draußen, sie spielen mit Blättern, Stöcken und Steinen, klettern auf Baumstämme, hangeln, toben, balancieren, matschen und buddeln und lassen ihrer Fantasie im Umgang mit Naturmaterialien freien Lauf. Als Rückzugsort dient ihnen bei Schmuddelwetter ein Bauwagen. Landauf, landab etablieren sich Waldkindergärten als Alternativangebote zu herkömmlichen Einrichtungen, und sie sind meist rappelvoll.
In Holzmaden haben nun Eltern eine Initiative gegründet, um auch in der Urweltgemeinde einen Naturkindergarten ins Leben zu rufen. „Ich finde das Konzept toll“, sagt Julia Truppat, Mutter von zwei Kindern, die mit ihrem Mann Markus zu den Initiatoren gehört. Regelmäßig besucht sie mit ihren Töchtern die Waldmäuse des Weilheimer Waldkindergartens - ein wöchentlich stattfindendes Angebot für unter Dreijährige. Unglaublich sei die Ruhe dort, faszinierend, wie konzentriert die Kleinen beim Vorlesen von ganz einfachen Geschichten zuhörten.
Die Idee, in Holzmaden einen Kindergarten ohne Dach und Wände zu gründen, schwelt bereits länger. Erste Gespräche mit Bürgermeisterin Susanne Jakob wurden dazu schon vor einem Jahr geführt. Die eigentliche Initialzündung gab nun die Planungswerkstatt im Rahmen der Gemeindeentwicklung. Diskutiert wurde beim Komplex „Kindergarten“ unter anderem über verlängerte Öffnungszeiten und mangelnde U-3-Betreuung, was ebenfalls einigen Holzmadener Eltern auf den Nägeln brennt - und eben das Thema Naturkindergarten. Sieben Elternteile schlossen sich daraufhin zusammen, trafen sich mehrfach, ließen Plakate drucken und verteilten 500 Flyer, um für den Infoabend am Donnerstag, 28. September, einzuladen. Engagiert ist der „Waldkindergarten-Guru“ Rudolf Hettich. Der Umweltpädagoge, Natur-Spiel-Raum-Planer, Spieltherapeut, Naturfotograf und Autor hält an dem Abend einen Vortrag über Naturpädagogik. Die Initiatoren hoffen, dass möglichst viele - auch Eltern noch kleiner Kinder - den Weg in die Gemeindehalle finden, um sich in die Unterschriftenliste einzutragen. Mit ihrem Ansinnen möchte sich die Gruppierung anschließend an den Gemeinderat wenden.
Nadja Wössner, Erste Vorsitzende des Vereins Waldkindergarten Weilheim, der aufgrund des Zustroms derzeit nur Geschwisterkinder aufnimmt, verspricht sich von dem Abend, dass er Vorurteile abbaut. Eine Mär sei beispielsweise, in einem Waldkindergarten werde nur die Grobmotorik gefördert. Ein großes Plus ist für sie, dass sich Kinder in einem Naturkindergarten sehr viel bewegen. „Ohne Bewegung gibt es keine Entwicklung des Gehirns“, betont Nadja Wössner und stützt sich damit auf Hirnforscher wie Manfed Spitzer. Ursprünglich wollte die vierfache Mutter, die in Holzmaden wohnt, die Initiatoren lediglich beraten. Doch könnte sie sich inzwischen vorstellen, ihre beiden Jüngsten in den Naturkindergarten in der Urweltgemeinde zu bringen, wenn dort einer gegründet würde.
Schon vor dem Infoabend stoßen die Eltern mit ihrem Anliegen auf Interesse im Ort. Wichtig ist ihnen das Miteinander und die Akzeptanz. „Wir wollen, dass auch Rentner den Waldkindergarten toll finden“, sagt Nadja Wössner. Er könnte das Angebot erweitern, als Aushängeschild dienen und die Attraktivität der Gemeinde steigern, so Markus Truppat. „Er soll ein Kindergarten ohne Sonderstellung sein“, betont Julia Truppat, und Tina Schmierer ergänzt: „Es handelt sich einfach um unterschiedliche Lebensstile. So wie sich der eine für Klavier und der andere für Trompete entscheidet.“
Der Infoabend in der Holzmadener Gemeindehalle findet am Donnerstag, 28. September, um 20 Uhr statt. Interessierte können sich auch per E-Mail unter naturkindergarten-holzmaden@gmx.de an die Elterninitiative wenden und sich in die Liste aufnehmen lassen.