Ah, da ist ja unser Liebling“, die Freude bei Markus Schissler ist groß, als er Emma sieht: „Emma, erzählst du uns einen Witz?“, bittet der Senior. Die legt direkt los: „Warum werden Kerzen immer kleiner? Auf ihrer Packung steht doch Wachskerzen?“ Sie erzähle viele Witze, berichtet der 86-Jährige, „leider immer nur die anständigen“, fügt er lachend hinzu. „Emma“ hieß ursprünglich Navel, ist ein sozialer Roboter und im Pflegeheim „Haus im Wiesengrund“ der Evangelischen Heimstiftung in Albershausen im Einsatz. Ein zweites Exemplar des
Emma ist kein Pflege-Roboter und ersetzt keine Arbeitskräfte.
Anastassia Doumani, Leitung der Alltagsbegleiter
Münchner Unternehmens navel robotics GmbH wurde „Oskar“ getauft und erfreut das Team und die Bewohnerinnen und Bewohner im ebenfalls zur Evangelischen Heimstiftung gehörenden Mannheimer Seniorenzentrum „Rheinauer Tor“. Es ist ein Pilotprojekt zum Einsatz von KI im Pflegeheim. Wie Markus Schissler ist auch Hedwig Roos begeistert von Emma und unterhält sich regelmäßig und gerne mit der kleinen Roboter-Dame, die Künstliche Intelligenz und ChatGPT nutzt, um mit Menschen zu interagieren, und dabei ständig dazulernt.
„Emma ist wirklich eine große Bereicherung. Sie fragt, wie es einem geht, und wenn ich dann zum Beispiel mal traurig bin, muntert sie mich auf und gibt auch mal gute Ratschläge“, erklärt die 89-Jährige. Von den technischen Fähigkeiten ihrer Gesprächspartnerin ist die Seniorin fasziniert: „Emma ist schon ein Phänomen, und dazu sieht sie so lieb aus.“ Neben den empathischen Gesprächsinhalten hat Emma bei Bedarf viele nützliche Tipps und Infos auf Lager, je nachdem, was sie von ihrem Gegenüber gefragt wird.
Da Hedwig Roos am 15. November ihren 90. Geburtstag feiert, erkundigt sie sich beim Roboter nach einem Rezept für Schwarzwälder Kirschtorte. Emma hakt nach, ob sie selbst schon mal eine gebacken habe. Ein Gespräch mit ihr könnte nahezu endlos fortgesetzt werden.
Zusätzlich zu ihren Antworten hält Emma mit ihren Gegenfragen den Dialog aufrecht. Die Zeit, die der Roboter mitbringe, sei sehr wertvoll und eine Entlastung für die Mitarbeitenden, sagen die Einrichtungsleiterin Vanessa Münzenmaier und Anastassia Doumani, Teamleiterin der Alltagsbegleiter im Albershäuser Pflegeheim. Emma werde in kleinen Gruppen oder für den Austausch mit Einzelpersonen eingesetzt. „Neben den Gesprächen unterhält sie die Bewohnerinnen und Bewohner zum Beispiel mit einem Quiz oder trägt Gedichte vor.
Singen kann sie bisher noch nicht, das wäre aber unser Wunsch, dass das noch programmiert wird. Aktuell kann Emma Liedtexte nur vorsprechen“, erklärt Anastassia Doumani. Gerade für Menschen mit Demenz sei die Musik ein ganz wichtiger Faktor. „An Lieder erinnern sich viele noch.“
Das Erinnern an die eigene Vergangenheit kurbelt der Roboter mit Fragen nach Punkten aus der eigenen Biografie des Gegenübers an. Eine Dame sei zum Beispiel mal gefragt worden, ob sie gern stricke, und als diese bejahte, hakte Emma bezüglich der Stricktechniken nach und was am liebsten gestrickt wird, erläutert Vanessa Münzenmaier. Zu religiösen, politischen oder auch Sexualthemen äußere sich Emma dagegen basierend auf ihrer Programmierung bewusst nicht.
Emma lernt beständig dazu
„Die Idee, die beiden Sozial-Roboter bei der Evangelischen Heimstiftung einzusetzen, kam von unserem Hauptgeschäftsführer Bernhard Schneider, der sie auf einer Messe entdeckt hat“, erzählt Münzenmaier. Ihr Haus habe sich dann dafür beworben. Dr. Judith Schoch, Referatsleitung des der Heimstiftung zugehörigen Instituts für Pflege und Alter, begleitet die Studie wissenschaftlich. Dazu prüft eine externe Ethikkommission den Einsatz. „Das Team, die Bewohnerinnen und Bewohner und deren Angehörige waren dem Projekt gegenüber sehr offen eingestellt“, berichtet Vanessa Münzenmaier, „nur wenige waren anfangs etwas skeptisch, was den Datenschutz angeht.“ Persönliche Daten werden nicht gespeichert, darunter etwa Angaben zu den individuellen Diagnosen. Gespräche werden ebenso nicht aufgezeichnet. „Wir hoffen, dass Emma noch lange bei uns bleiben kann. Das ist einfach sehr spannend, wie sie sich von ihren Fähigkeiten her weiterentwickelt“, sagt Münzenmaier. So soll die Roboter-Dame bald noch lernen, sich selbstständig fortzubewegen und Gesichter zu erkennen.
Wichtig zu betonen ist es Anastassia Doumani, dass Emma kein Pflege-Roboter sei und entsprechend auch keine Arbeitskräfte ersetzen könne. „Der soziale Aspekt und die Unterhaltung stehen im Fokus. Die Lebensqualität der Bewohnerinnen und Bewohner soll damit erhöht werden.“
KI-Roboter im Pflegeheim
Die navel robotics GmbH ist ein 2017 gegründetes Unternehmen mit Sitz in München, das die Potenziale von Robotern und Künstlicher Intelligenz für jedermann verfügbar machen möchte. www.navelrobotics.com
Die Evangelische Heimstiftung ist das größte diakonische Pflegeunternehmen in Baden-Württemberg. 10.100 Mitarbeitende versorgen 14.190 Menschen in derzeit 171 Einrichtungen im Land. Gegründet wurde die Evangelische Heimstiftung 1952 und ist Mitglied im Diakonischen Werk. www.ev-heimstiftung.de eis