Lenninger Tal
Emma und die große Rückreise

Lebensplanung Familie Glaser hat drei Jahre lang ihren Traum vom Pferdehof inmitten der weiten Natur Schwedens gelebt. Jetzt ist sie wegen ihrer kleinen Tochter auf dem Weg zurück an die Teck. Von Iris Häfner

Kinder können das Leben frischgebackener Eltern ganz schön durcheinander wirbeln. Schwerpunkte verschieben sich, Lebensinhalte werden unter neuen Gesichtspunkten betrachtet und daraus die Konsequenzen gezogen. Diesen Prozess hat Emma in Schwung gebracht. Noch kein Jahr alt, sorgt sie für große Veränderungen. Ihre Eltern Annika und Georg Glaser ziehen mitsamt Hausstand und zwei Pferden von Stöllet im schwedischen Värmland zurück an die Teck, nach Owen.

Vor drei Jahren haben sich Annika und Georg Glaser ihren Traum erfüllt und sind nach Mittelschweden ausgewandert. Durch Zufall fanden sie ein passendes Kaufobjekt in Stöllet - und damit im gleichen Ort, in dem Georgs Bruder, Stefan Pech und seine Frau Bianca, einen Campingplatz betreiben. „Wir haben die Ecke schon vom Urlaub her gekannt und deshalb im Umkreis von 100 Kilometer ein Haus gesucht, um die Familie besuchen zu können“, erzählt Georg Glaser. Der 30-Seelen-Ort Gravol gehört zu Stöllet in der Kommune Torsby, die knapp 12 000 Einwohner hat - verteilt auf eine Fläche größer als die Region Stuttgart.

Elch spaziert durch den Garten

Viel Landschaft gibt es auf diesem Flecken Erde. Georg Glaser hat zunächst einen Paddock für die Pferde gebaut, die Koppeln angelegt und das Haus renoviert. „Das ist ein Stück weit eine Lebenseinstellung. Die Weite, die Natur ist für uns unvergleichbar“, schwärmt er. Aus jedem Fenster des Hauses ist die Natur zu bewundern. Im nahe vorbeifließenden Fluss Klarälven - klarer Fluss - kann man baden und paddeln. Der Fluss ist auch für seine Flößerei bekannt. Touristen können sich einen Tag oder bis zu zwei Wochen auf einem Floß den Klarälven hinuntertreiben lassen. Die unzähligen Seen in nächster Nachbarschaft laden ebenfalls zum Baden und Angeln ein. „Das ist ein sehr freies Leben in der Natur hier“, sagt Georg Glaser. Der Elch spaziert durch den Garten und die Koppeln. Die Einzäunung stört das große Tier wenig, er nimmt ihn in einem lässigen Sprung. „Faszinierend ist auch, wenn die Zugvögel in riesigen Schwärmen übers Tal ziehen.“ Gemeinsam mit seiner Frau hat er auch ein bisschen Landwirtschaft für den Eigenbedarf betrieben. So gab es beispielsweise neben dem Gemüsegarten mit Gewächshaus auch einen kleinen Kartoffelacker.

Annika Glaser, in der Telekommunikation und im IT-Bereich in Stuttgart beschäftigt, konnte den Job dank Homeoffice einfach mit nach Schweden mitnehmen. Georg Glaser kommt aus dem Baubereich und fand als Bauinspekteur eine Anstellung bei der Kommune Torsby. Das Leben auf dem Land mit Pferden und Katzen hat bis heute seine Faszination für die Zwei nicht verloren. Doch schweren Herzens verkaufen sie nun ihre Immobilie. Mehrere Überlegungen spielten dabei eine Rolle. „Öffentliche Einrichtungen sind von uns ziemlich weit weg. „Zur nächst größeren Stadt, in der ich arbeite, sind es 50 Kilometer. Künftig spielen für uns neue Themen wie Kinderbetreuung und -freizeitangebote eine große Rolle - und vor allem haben wir uns die Frage gestellt: Wollen wir, dass Emma ihre Großeltern nur von Urlauben kennt“, erzählt Georg Glaser. Daraus ist der Wunsch gewachsen, sich wieder in der alten Heimat aufzuhalten, bei all den anderen Menschen, die er und seine Frau schätzen. Rund um die Teck wohnt der Großteil der Familie. „Wir haben jetzt zwei Heimaten und kehren in unsere erste zurück“, fasst er die Entscheidung von Vernunft und Gefühl zusammen. Ein trauriger Tag war, als die Pferde im Transporter verladen waren. „Das war der Abschied vom Pferdehof.“ Familie Glaser steht die lange Umzugsreise im Gegensatz zu den Isländern noch bevor. In Zeiten von Corona weiß keiner so genau, wie die Route verlaufen wird, auch nicht, ob es am geplanten Termin auch tatsächlich losgehen kann. Das meiste „Hab und Gut“ kam bereits mit einem Anhänger am Pferdetransporter in Owen an. „Das ist im Moment eine verzwickte Lage“, sagt Georg Glaser.