Der Umbau ist in vollem Gange. Deutschland ist auf dem Weg, seine Energieversorgung neu auszurichten. Das Kohlekraftwerk Altbach/Deizisau wird dafür in den kommenden Jahren so umgebaut, dass dort Energie und Wärme ab dem Jahr 2026 aus Gas, später aus Wasserstoff gewonnen werden, sogenanntes Fuel Switch. Am Montagmittag fand der offizielle Spatenstich für den Bau des neuen Gaskraftwerks auf dem westlichen Kraftwerksgelände statt.
Neben den Bürgermeistern Thomas Matrohs aus Deizisau, Martin Funk aus Altbach und dem EnBW-Vorstand für nachhaltige Erzeugungsinfrastruktur, Georg Stamatelopoulos, kam die Grünen-Landesministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, Thekla Walker, zum offiziellen Spatenstich nach Altbach. „Es ist ein wichtiger Meilenstein, den wir heute setzen“, hob die Ministerin die Bedeutung des Baubeginns für das neue Gaskraftwerk hervor. Es gehe um nicht weniger, als das Land auf eine neue Energieversorgung vorzubereiten. Mit Blick auf die lange Geschichte des Standortes erklärte die Ministerin: „Man bleibt hier der Innovation treu.“ Das Kraftwerk werde zu einem wichtigen Anker für die notwendige Reduzierung des CO2 -Ausstoßes.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien schreite parallel voran. Während Walker dem Ausbau der Sonnenenergie im Land einen guten Stand attestierte, sei beim Ausbau der Windenergie Luft nach oben. „Da werden wir noch Fahrt aufnehmen“, versprach sie. Gleichzeitig würden Wind und Sonne vermutlich auch bei einem weiteren Ausbau nicht den gesamten Energie- und Wärmebedarf decken können.
An manchen Tagen gelinge es bereits, rund 70 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen, erklärte der EnBW-Vorstand Stamatelopoulos. Doch die Energieerzeugung mit Wind und Sonne sei nicht immer gleichmäßig. „Wir brauchen weiter Kraftwerke, die zu jeder Tages- und Nachtzeit Energie zur Verfügung stellen können“, erklärte er. Gleichzeitig ermögliche es die Produktion von Wasserstoff, überschüssige regenerative Energie sinnvoll zu verwenden.
Infrastruktur unerlässlich
Dass der Kohleausstieg ermöglicht werde, sei auch den Fuel-Switch-Projekten in Stuttgart-Münster, Altbach/Deizisau und Heilbronn zu verdanken. Die momentanen Pläne sähen vor, den Betrieb der Gasturbinen bis 2035 auf Wasserstoff umzustellen. Damit wäre man klimaneutral, so Stamatelopoulos. Ob der Umstieg gelinge, hänge auch davon ab, wie erfolgreich eine Infrastruktur für die Versorgung mit Wasserstoff in den nächsten Jahren aufgebaut werde.
Der Deizisauer Bürgermeister Thomas Matrohs lobte die Kooperation zwischen der Kommunalpolitik, den Einwohnern und dem Kraftwerksbetreiber. „Not in my backyard“ (Nicht in meinem Hinterhof), das sei hier nicht die Devise. „Mit dieser Haltung kommen wir auf Dauer nicht weiter“, so Matrohs. Der Altbacher Bürgermeister Martin Funk lobte, dass die Emissionen weiter sinken sollen. Es habe auch Zeiten gegeben, da hätten die Altbacher ihre nasse Wäsche nicht zum Trocknen raushängen können, weil diese sonst von den Abgaspartikeln aus dem Kraftwerk wieder schmutzig geworden wäre. Ein Wermutstropfen ist für Funk allerdings, dass das HKW 1 unter Denkmalschutz stehe. Dass auf dem Kraftwerksgelände nun umfangreiche Flächen ungenutzt bleiben müssen, sorgt für Kopfschütteln bei der Kommunalverwaltung.
Energieversorger investiert 1,6 Milliarden Euro
Strategie Die EnBW baut im mittleren Neckarraum gleich drei neue Gaskraftwerke. Neben Altbach/Deizisau hat der Bau im Kraftwerk Stuttgart-Münster bereits im Frühjahr begonnen. Als drittes Projekt soll Anfang des kommenden Jahres der Standort Heilbronn folgen.
Kosten Insgesamt möchte der Energieversorger EnBW rund 1,6 Milliarden Euro in den Umbau seiner drei Standorte Stuttgart-Münster, Altbach/Deizisau und Heilbronn investieren. Rund 600 Millionen Euro soll das Fuel-Switch-Projekt in Altbach/Deizisau kosten.
Emissionen Der Kraftwerksbetreiber EnBW hofft, dass die neue Gas- und Dampfturbinenanlage bereits nach dem Jahr 2026 den CO2-Ausstoß um 60 Prozent senkt. Nach einer Umstellung auf Wasserstoff könnte die Anlage offenbar sogar klimaneutral betrieben werden. bra