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Energiewende und die Transnet BW: Viele Einspeiser, neue Herausforderungen

Stromnetz Die Transnet BW plant in den kommenden Jahren, das Umspannwerk in Wendlingen komplett umzubauen. Außerdem soll eine Statcom-Anlage das Hochspannungsnetz der Region sichern. Von Philip Sandrock

Im Umspannwerk in Wendlingen steht ein größerer Umbau an. Zum einen nagt der Zahn der Zeit an den Hochspannungs-Schaltanlagen an der Lauter, zum anderen stellt die Energiewende nicht nur die Stromversorger und -erzeuger vor neue Herausforderungen, sondern insbesondere auch die Netzbetreiber. Bislang war deren Hauptaufgabe, den Strom aus den großen Kraftwerken vom Erzeuger bis zur Steckdose zu liefern. Nun laufen Windräder, Blockheizkraftwerke und immer mehr Solaranlagen den Kraftwerksblöcken den Rang ab. Daran müssen auch die Netze und deren Knotenpunkte, wie der in Wendlingen, angepasst werden.

Bei der Informationsveranstaltung zeigte sich auch Projektsprecherin Louisa Oeltjenbruns vom großen Andrang gleich zur Eröffnung beeindruckt. Kaum hatten die Transnet-BW-Mitarbeiter den Infomarkt im Wendlinger Treffpunkt Stadtmitte geöffnet, war der Saal fast voll. Viele waren spontan gekommen, andere hatten sich ausdrücklich die Zeit genommen, um explizit nach Wendlingen zu fahren.

Transnet informierte vor Ort nicht nur über die neue Hightech-Anlage am Standort Wendlingen, sondern auch über alles, was mit dem Projekt zusammenhängt: So wird in den kommenden Jahren die Technik des gesamten Umspannwerks erneuert und umgebaut.
 

Wir können die Anlage ja nicht einfach vom Netz nehmen. 
Louisa Oeltjenbruns
Die Projektsprecherin erklärt, warum der Umbau bei laufendem Betrieb seine Zeit braucht.

 

Einer der drei Transformatoren wird ersetzt, die gasisolierte Schaltanlage wird erneuert. Das alles muss im laufenden Betrieb passieren, weil das Umspannwerk in Wendlingen – als einer der wichtigsten Stromtrassen-Knotenpunkte in Süddeutschland – nicht einfach abgeschaltet werden kann.

In den kommenden Jahren laufen gleich zwei große Projekte zusammen: „Wir müssen die Schaltanlage erneuern“, sagt Umspannwerk-Projektleiter Markus Reeb. Die bisherige Schaltanlage sei rund 40 Jahre alt und damit am Ende der technischen Lebenszeit angelangt. Im laufenden Betrieb soll in den kommenden Jahren eine neue gasisolierte Schaltanlage gebaut werden. „Wir können die Anlage ja nicht einfach vom Netz nehmen, denn das Umspannwerk muss weiter die Versorgung gewährleisten“, sagt Projektsprecherin Louisa Oeltjenbruns. Deshalb werde neben der bestehenden Anlage zunächst die neue gebaut und erst nach Fertigstellung sukzessive in Betrieb genommen. Außerdem werde im Umspannwerk einer der drei Transformatoren durch einen leistungsfähigeren ersetzt.

Das zweite Projekt soll der Stabilisierung des Stromnetzes dienen. Bislang sorgten Großkraftwerke mit ihren Generatoren für Stabilität im Netz, künftig müssen sich die Netzbetreiber selbst darum kümmern. Denn immer mehr kleinere und mittlere Erzeuger speisen ihren Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz ein, oder es wird etwa Windstrom aus dem Norden über weite Strecken transportiert. Dafür sind technische Kniffe erforderlich, um die Übertragung stabil zu halten.

Auf den Lauterwiesen in unmittelbarer Nähe des Umspannwerks will der Netzbetreiber deswegen eine sogenannte Statcom-GFM-Anlage errichten. Die Anlage mit dem etwas sperrig-technischen Namen „Static Synchronous Compensator –Gridforming“ soll die sogenannte Blindleistungskompensation (siehe Infokasten) gewährleisten und damit das Stromnetz stabilisieren. „Diese Aufgabe haben bisher die Generatoren der großen Kraftwerke übernommen“, erläutert Statcom-Projektleiter Lukas Kaiser. Jetzt hilft man mit Umrichtern, Drosselspulen und komplexer Steuerungstechnik nach. Es sei eine erprobte und bewährte Technologie, betont Kaiser. Insgesamt plane Transnet an neun Standorten in Baden-Württemberg vergleichbare Anlagen. Das Innovative in Wendlingen sei die integrierte Super-Kondensatorenanlage, die für ein paar Sekunden auch Wirkleistung für das Netz bereitstellen kann. Dadurch könne man binnen Sekundenbruchteilen auch Leistungsschwankungen ausgleichen.

 

Anlage wird deutlich größer

Flächenmäßig wird sich das Umspannwerk durch den Neubau und die Erweiterung deutlich vergrößern von heute 21 700 Quadratmeter auf künftig 28 500 Quadratmeter. Des Weiteren wird eine zusätzliche Fläche von 12 300 Quadratmeter für die Statcom-Anlage in Anspruch genommen. Als Ausgleichsmaßnahme für den durch den Bau entstandenen Eingriff entsteht im Norden der Lauterwiesen ein Feuchtbiotop mit heimischen Stauden, Gräsern und Röhrichtpflanzen. Um Vögeln, Reptilien und Amphibien einen Lebensraum zu bieten, sind in einzelnen Bereichen spezielle Hecken und Schotteraufschüttungen vorgesehen. „Geplant ist, Anfang 2024 mit dem Umbau des Umspannwerks zu beginnen. Ab 2025 soll dan die Statcom-Anlage folgen. Die Statcom-Anlage soll bis 2027 betriebsbereit sein, das umgebaute Umspannwerk 2031.

Wie die Anlage nach den Arbeiten aussehen wird, das konnten die Besucher auf dem Info-Abend hautnah erleben. Mit einer Virtual-Reality-Brille konnte man durch das Umspannwerk und die Statcom-Anlage gehen oder sich bei einer „Führung“ die neuen Anlagen virtuell erklären lassen. „Wir haben dabei auch versucht, die Geräusche realitätsnah zu simulieren“, sagt Adrian Frey-Schöffler, der bei Transnet für die digitale Bauwerksdatenmodellierung zuständig ist. Tatsächlich: Wenn man den virtuellen Transformatoren näher kommt, wird ihr Brummen lauter. „Die Lärmemissionen spielen im Genehmigungsverfahren eine Rolle, deshalb haben wir sie auch im digitalen Modell berücksichtigt“. Die 3-D-Anwendungen werden nicht nur zur Bürgerinformation verwendet. Je nach Bedarf lassen sich damit auch die Planung verfeinern oder Mitarbeiter an den virtuellen Anlagen schulen. 

 

So soll der Umbau ablaufen

Umspannwerk Die bisherige Schaltanlage ist rund 40 Jahre alt und damit am Ende der technischen Lebenszeit angelangt. Im laufenden Betrieb soll bis 2031 eine neue gasisolierte Schaltanlage gebaut werden. Außerdem wird im Umspannwerk einer der drei Transformatoren durch einen leistungsfähigeren 380-/110-kV-Transformator ersetzt.

STATCOM-GFM Das zweite Projekt soll der Stabilisierung des Stromnetzes dienen. Bislang sorgten Großkraftwerke mit ihren Generatoren für Stabilität im Netz. Künftig müssen sich die Netzbetreiber selbst darum kümmern: Denn immer mehr kleinere und mittlere Erzeuger speisen ihren Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz ein, oder es wird etwa Windstrom aus dem Norden über weite Strecken transportiert. Dafür sind technische Kniffe erforderlich, um die Übertragung stabil zu halten. Auf den Lauterwiesen in unmittelbarer Nähe des Umspannwerks will der Netzbetreiber eine STATCOM-GFM-Anlage (Static Synchronous Compensator – Gridforming) errichten. Sie soll das Stromnetz stabilisieren.

Zu Fragen des Netzausbaus bietet Transnet BW auch eine kostenlose Hotline an: Unter der Telefonnummer 0800/380 47 01 oder per E-Mail unter dialognetzbau@transnetbw.de ist das Unternehmen für Fragen erreichbar. ps