Neckartenzlingen. Als der Angeklagte in Handschellen in den Gerichtssaal geführt wurde, versuchte er zuerst mühevoll sein Gesicht vor den Kameras zu verdecken. Nach nur wenigen Sekunden gab er auf und nahm auf der Anklagebank Platz. Das Medieninteresse ist groß an dem ungewöhnlichen Fall, der sich Anfang Februar in Neckartenzlingen zugetragen haben soll. Laut Anklageschrift soll der gebürtige Nürtinger an einem Mittwoch um 17.20 Uhr mit seinem Opel auf den Parkplatz des Rewe-Marktes in der Robert-Bosch-Straße 2 gefahren sein. Ein zum Tatzeitpunkt 22-jähriger Bekannter des Mannes sei gerade dabei gewesen, Einkäufe in den Kofferraum zu packen. Als er den Mann und dessen weibliche Begleitung entdeckt hatte, soll der Angeklagte Gas gegeben haben. „Sein Ziel war es, ungebremst auf sein Opfer zuzufahren und es zu töten“, ist sich der Staatsanwalt sicher. Mit 35 Kilometern pro Stunde sei der Mann auf sein Opfer zugefahren. Der 22-Jährige habe die Gefahr „in letzter Sekunde erkannt“, so der Staatsanwalt und habe sich mit einem Sprung zur Seite retten können. Der Angeklagte habe zunächst das Heck eines Autos gestreift und sei dann in ein parkendes Fahrzeug gekracht. Dabei habe er noch das Bein seines Opfers eingeklemmt. Dass auch andere Personen bei dem Angriff hätten verletzt werden können, sei ihm egal gewesen, so die Einschätzung des Staatsanwalts.
Waffe ist verschwunden
Als der 22-jährige, leicht verletzte Mann, gesehen hatte, wie sein Angreifer im Fahrzeug eine Waffe zieht und durchlädt, sei er zu Fuß in Richtung Aldi geflüchtet. Der Angeklagte sei seinem Opfer hinterhergelaufen. Als ihm klar wurde, dass er den Mann nicht einholen wird, sei er stehen geblieben und habe versucht, ihn aus zehn bis 15 Metern zu erschießen. Wiederholt habe er den Abzug betätigt, jedoch habe sich kein Schuss gelöst. Danach habe der Angeklagte aufgegeben. Der Mann, der der Polizei bereits wegen anderer Gewaltdelikte bekannt ist, wurde noch am Tatort festgenommen. Die Waffe, die er bei sich getragen haben soll, wurde bis heute nicht gefunden. Auch Taucher, die den Werkkanal und Neckar abgesucht haben, konnten sie nicht finden.
Wird der Angeklagte Aussagen machen?
Laut Staatsanwalt kannten sich Angeklagter und Opfer, Hintergrund des Angriffs soll ein persönlicher Streit gewesen sein. Der Angeklagte muss sich unter anderem wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten. Insgesamt sind fünf Verhandlungstage angesetzt, an denen unter anderem das mutmaßliche Opfer und ein Unfallsachverständiger gehört werden sollen. Ob sich der Angeklagte selbst zu den Vorwürfen äußern wird, sei noch nicht sicher, sagte dessen Verteidiger. Zumindest wolle sein Mandant aber Angaben zur Person machen. Der erste Verhandlungstag war nach wenigen Minuten – nach der Anklageverlesung – vorbei. Fortgeführt wird die Verhandlung am Donnerstag, 15. August.