Die Szenen sind noch in Erinnerung: Feldbetten, die sich in Sporthallen aneinanderreihen, leer geräumte Fabrikhallen, Zelte und lange Schlangen vor eiligst eingerichteten Registrierungsstellen. In der heißen Phase 2016 brachte ein massiver Zustrom Geflüchteter Hilfskräfte und Verwaltung im Landkreis an ihre Grenzen. In kürzester Zeit wurden damals Unterkünfte für mehr als 6500 Menschen aus dem Boden gestampft. Zurzeit sind es noch 30 bis 40 Neuankömmlinge im Monat, die im Kreis Schutz vor den Folgen von Krieg und Vertreibung suchen.
Das könnte sich rasch wieder ändern, seit die Türkei ihre Grenzen geöffnet hat und im griechischen Grenzgebiet und in Lagern in der Ägäis Zigtausende unter katastrophalen Verhältnissen ausharren, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Mit einer Situation wie vor vier Jahren rechnet hierzulande trotzdem niemand. Schon deshalb, weil man aus der Krise gelernt hat und trotz des drastischen Rückgangs bei der Zuwanderung noch immer einiges an Kapazitäten zur Verfügung steht.
Zum Ende dieses Jahres wird es im Kreis noch immer rund 1200 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften geben. Knapp drei Viertel davon sind zurzeit belegt. Obwohl viele Standorte aufgelöst wurden, um eine höhere Auslastung zu erreichen. Eine Zahl, die eigentlich noch geringer ausfallen müsste, denn noch immer leben 116 Personen in provisorischen Unterkünften, weil es in den Kommunen keinen geeigneten Wohnraum auf Dauer gibt.
Sorge nein, Wachsamkeit ja. Wie sich die Lage an der türkisch-griechischen Grenze entwickle und wie die Politik darauf reagiere, sei im Moment schwer abzuschätzen, meint Peter Keck, Sprecher im Esslinger Landratsamt. In der zuständigen Behörde beobachtet man die Lage bisher noch entspannt. Mit massiven Holzbauten wie im Bergdorf bei Hochdorf wäre man im Kreis in der Lage, schnell zu reagieren. In einer der größten Sammelunterkünfte im Land stehen 240 Plätze zur Verfügung, von denen zur Stunde 140 belegt sind.
Zudem gelten noch immer Vereinbarungen mit den Großen Kreisstädten Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen, Ostfildern und Filderstadt über städtische Grundstücke, die genutzt werden könnten, um Container oder Zelte zu errichten. Rein rechnerisch wäre dort Platz für weitere 540 Menschen. Die Stadt Kirchheim ist in dieser Vereinbarung außen vor. Mit dem Wohnheim in der Charlottenstraße und dem längst entfernten Containerdorf an der Dettinger Straße lag die Teckstadt während der heißen Phase vor vier Jahren über ihrem Soll.
Der Kreis ist also gewappnet. Trotzdem sagt Keck: Bei einem sprunghaften Anstieg der Zahlen müsste das Land eine Rückkehr zur 4,5-Quadratmeter-Regelung ermöglichen. Dass dies als Wohnfläche zu wenig sei, darüber herrschte selbst während der Krise Einigkeit. Trotzdem dauerte es bis 2018, ehe der Rechtsanspruch auf sieben Quadratmeter Wohnfläche im Land umgesetzt wurde. Sorge bereitet den Behörden indes die Frage, wo im Extremfall das nötige Personal in Flüchtlingsämtern und in der Betreuung herkommen soll. Die öffentliche Verwaltung tut sich im Moment generell schwer damit, Stellen zu besetzen. „Neues Personal zu finden, wäre sicher schwierig“, sagt Peter Keck.