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Erdbebenhilfe: „Die Not der Menschen ist groß“

Einsatz Matthias Bliederhäuser-Nille von der Rettungshundestaffel Schlierbach half im Erdbebengebiet mit.

Schlierbach. Sechs Tage im Erdbebengebiet an der türkisch-syrischen Grenze liegen hinter den Einsatzkräften von BRH und ISAR Germany. Zum 42-köpfigen Einsatzteam des Bundesverbands Rettungshunde gehört auch der Göppinger Matthias Bliederhäuser-Nille. Seine Zuständigkeit war die Logistik. 150 Kilometer wurden vom türkischen Flughafen bis zum Einsatzort Kirikhan per Bus zurückgelegt. „Da haben wir den ers­ten Eindruck vom Schadensausmaß bekommen“, erzählt Bliederhäuser-Nille.

Rund 120 000 Einwohner zählt die Stadt, mindestens jedes vierte Gebäude sei eingestürzt, die umliegenden Häuser beschädigt. „Wir waren das erste internationale Team vor Ort“, so Nille. Kaum hatten die Einsatzkräfte den Zielort erreicht, begann die Bergungsarbeit.

Viele Einwohner hätten mit bloßen Händen nach Familienmitgliedern oder Freunden in den Schuttbergen gegraben. Die Trümmer waren instabil, leichtere Nachbeben gab es einige. In Zwölf-Stunden-Schichten hat das Team rund um die Uhr gearbeitet, geschlafen wurde in den Fahrzeugen. Mit dabei waren Fachleute für Management, Bergung, Logistik, sechs Ärzte und ein Tierarzt für die fünf Rettungshunde.

„Die eingesetzten Trümmerhunde haben laufend Funde angezeigt“, erzählt der 55-Jährige, der auch für den Kommunikationsweg via Satellit gesorgt und Kontakt zu den lokalen Behörden und Vereinten Nationen gehalten hat.

Zweimal war er selbst im Sucheinsatz, berichtet von langen Wegen über die Trümmer, von einer Riesenherausforderung bei den Bergungen. „Vier Personen konnten wir lebend bergen“, erzählt Bliederhäuser-Nille.

Fast 60 Stunden haben die Rettungskräfte allein um das Leben der 40-jährigen Zeynep gekämpft, Versorgungsschläuche in die Tiefe gelegt und den Kontakt zu der Frau gehalten, bis sie geborgen werden konnte. „Leider ist sie dann in der Klinik verstorben“, sagt Bliederhäuser-Nille, und das habe das Team sehr mitgenommen. Er spricht von möglichem Bergungstod, der oft kurz nach der Rettung eintritt. Die Gründe dafür sind vielfältig, oft sei es eine Unterkühlung.

Gemeinsam mit dem Partnerteam ISAR Turkey wurde vor Ort Hand in Hand gearbeitet. „Wir hatten große logistische Unterstützung“, bestätigt Bliederhäuser-Nille. Das Partnerteam werde noch bis zu drei Wochen in Kirikhan im Einsatz sein, den Großteil des mitgebrachten Materials habe man vor Ort gelassen und der direkte Draht zu den türkischen Einsatzkräften werde gehalten.

„Die Not der Menschen ist groß“, bestätigt der Göppinger, genächtigt werde im Freien, die Nächte seien eiskalt, erst langsam laufe der Aufbau von Zelten an. In der türkisch-syrischen Grenzregion werden bereits mehr als 37 000 Todesopfer gezählt. Matthias Bliederhäuser-Nille ist sicher, dass noch viel mehr dazukommen werden. „Hinter unserem Team liegt der bisher umfangreichste Auslandseinsatz der Geschichte unserer Organisation“, sagt Jürgen Schart, Präsident des BRH-Bundesverbands Rettungshunde.

Matthias Bliederhäuser-Nille war bereits vor acht Jahren in Nepal im Einsatz, das gesamte Team wurde diese Woche auf dem Flughafen Köln-Bonn mit Beifall empfangen. Iris Ruoss