Überhaupt nicht einverstanden waren die Owener Gemeinderäte mit dem, was ihnen vonseiten der Deutschen Bahn (DB) zum Thema Bahnübergänge innerhalb des Städtles präsentiert wurde. Vor allem die Schließung des Übergangs in der Schleifmühlestraße stieß auf wenig Verständnis. „Der Landwirt in der Schleifmühlestraße hat damit den absoluten Super-Joker gezogen. Zu seinem nahe gelegenen Schuppen kommt er dann nicht mehr kurz rüber. Stattdessen muss er vor bis zur Beurener Straße fahren, eine halbe Ewigkeit warten, bis er bei dem Verkehr heutzutage einbiegen und dann wieder nach dem Bahnübergang links abbiegen kann. Das ist erbärmlich“, fand Michael Roth deutliche Worte.
Schon seit 2009 ist die Stadt Owen mit der Bahn wegen der technischen Sicherung der innerörtlichen Übergänge im Gespräch. Rund sieben Jahre später gab es eine planerische Abstimmung, die dann aber von der DB nicht mehr weiterverfolgt wurde. Das Gesetz verlangt, die Anzahl der Bahnübergänge zu reduzieren. Dann kam vor einiger Zeit die Hiobsbotschaft im Rathaus an, dass der Übergang sowohl in der Brühl- als auch in der Schleifmühlestraße für Fahrzeuge geschlossen werden und nur noch für Fußgänger und Radfahrer nutzbar sein soll – mittels „Umlaufsperre“, also einer Schranke oder eines Gatter-Zickzack-Wegs für nicht (hoch-)motorisierte Verkehrsteilnehmer.
„Wir suchten Anfang 2020 nochmals das Gespräch, um zu verdeutlichen, warum uns die Verbindung insbesondere in der Brühlstraße sehr wichtig zwischen den Ortsteilen ist, vor allem für Feuerwehr, Rettungswagen, beim Katastrophenschutz und wegen der Überlastung der Bundesstraße“, sagte Bürgermeisterin Verena Grötzinger. Nach jetzigem Stand ist der Übergang Schleifmühlestraße nicht mehr zu retten. Als Gewinn kann Owen jedoch verbuchen, dass der Übergang Brühlstraße in der Nähe des Bahnhofs bleibt. Damit nimmt die DB 800 000 bis eine Million Euro in die Hand, wie das Ratsrund erfuhr, als Jochen Eberhardt zum Ausdruck brachte, dass es „um die Kosten geht“. Auch auf Brucken wurde verwiesen, wo der Übergang beim Bahnhof großräumig ausgebaut wird.
Standards und Gesetzesvorgaben müssen eingehalten werden, weshalb die Kosten für den verkehrssicheren Übergang in die Höhe schießen. „Sobald etwas an einen Übergang angefasst wird, gilt der Bestandsschutz nicht mehr. Solche Altanlagen müssen aber regelmäßig überprüft werden. Technisch nicht gesicherte Anlagen sind nicht gewollt“, erklärte Alexander Solc von DB Netze. Er hatte das Konzept dem Gemeinderat vorgestellt. Von ungesicherten Anlagen würde ein großes Unfallrisiko ausgehen, dazu komme an der Brühlstraße noch das Problem mit der Kuppe. „Autos können sich festfahren“, sagte er. „Es gibt einen Zwischenschritt: Blinken ohne Schranke wie in Österreich, das ist viel billiger“, schlug Jochen Eberhardt darauf vor. Die Antwort kam prompt von Alexander Solc: „Da unterscheiden wir nicht. Das mag zwar ärgerlich erscheinen, aber ohne Schranke geht es nicht.“
Ulrich Raichle wünschte sich als Aktiver der Feuerwehr den Erhalt der Übergänge und machte einen charmanten Vorschlag, um das Unfallrisiko zu minimieren: „Dann soll der Zug dort halt so schnell fahren wie eine Häuslesschnecke läuft.“ Damit hatte er bei Alexander Solc aber keine Chance: „Ein 1,3 Kilometer langer Umweg ist verkraftbar, die Schleifmühlestraße können wir nicht ausbauen.“ Heiko Hoyler sieht an schönen Wochenenden gar Fußgänger und Radfahrer über die Gleise gehen, weil keiner Lust habe, sich hinten anzustellen, bis alle durch das Nadelöhr Umlaufsperre durch sind. Sibylle Schmid-Raichle fühlte sich an die Sanierung der Teckhalle erinnert: „Da fehlen mir die Worte und die Relation auf dieser Mini-Nebenbahn. Das ist die Überregulierung in Deutschland – Personenschutz in allen Ehren.“
„Wir erkennen die rechtlichen Vorgaben an, wir müssen sie akzeptieren. Es gilt der Grundsatz: regelkonform. Alle Anlieger, Landwirte, Fußgänger und Radfahrer können jedoch eine schriftliche Stellungnahme zu dieser Sachlage abgeben. Wir haben eine Bürgerbeteiligung“, rief Verena Grötzinger dazu auf, dieses Recht in Anspruch zu nehmen und zu nutzen.
Ursachen aus Sicht der DB Netze für die Schließung der Owener Bahnübergänge
Konkrete Gefährdungen liegen aus Sicht von Alexander Solc an den Bahnübergängen Schleifmühle- und Brühlstraße in Owen vor. Bei älteren Anlagen werde es irgendwann schwierig, Ersatzteile zu bekommen, zudem würden sich mit der Zeit Störungen häufen. „Technisch nicht gesicherte Bahnübergänge sind vielerorts nicht mehr zeitgemäß“, erläuterte er.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erwarte die stetige Reduzierung von Bahnübergängen. „Die DB Netz AG muss alle bestehenden Altanlagen beseitigen oder entsprechend den aktuellen Regelwerken erneuern. Sicherheit steht hier an erster Stelle“, so Alexander Solc.
Durch Pfeifsignale macht der Lokführer an den nicht gesicherten Übergängen auf den nahenden Zug aufmerksam. Um die Sicherheit zu erhöhen, werden in der Schleifmühlstraße „Umlaufsperren“ gebaut, ansonsten wird der Übergang für den Kfz-Verkehr gesperrt.
Vier Varianten wurden für den Übergang Brühlstraße ausgearbeitet. Die reichen von der einfachen Umlaufsperre bis zum „Ausbau für den Begegnungsfall Pkw/Müllfahrzeug“. Letztere soll nun realisiert werden. Alexander Solc listete die Vorteile dafür auf: Kfz können queren, Fußgänger und Radler sind durch Schranken geschützt – und es ist ein Begegnungsverkehr möglich. Dem folgen die Nachteile. Der Umbau ist teuer, der Schleichweg zum Wasenweg muss entfallen und die Bahn Grundstücke kaufen.
Anfang 2022 will DB Netze das Planrechtsverfahren einleiten. „Wir rechnen jedoch mit einem Baubeginn nicht vor 2024“, sagte Alexander Solc. Sobald die Baugenehmigung vorliegt, beginnt die Ausführungsplanung. Änderungen und Auflagen werden darin berücksichtigt. Danach erfolgt erneut eine Information.
Drei bis vier Monate wird die Bauzeit dauern. „Grundsätzlich soll tagsüber gearbeitet werden, um Lärmbelästigungen so gering wie möglich zu halten. Trotzdem werden einzelne Arbeiten bei Nacht, vor allem entlang der Strecke, nötig sein“, so Alexander Solc. Auch die Autofahrer müssen teilweise mit Einschränkungen rechnen. An wenigen Tagen kommt es zudem zu Streckensperrungen für die Bahn. ih