Der Verlust eines lieben Menschen. Ein schlimmer Unfall. Menschen in akuten Krisensituationen brauchen Hilfe, auch psychosoziale Hilfe. Erste Hilfe für die Seele sozusagen. Deshalb ist der Aufgabenbereich der PSNV (Psychosoziale Notfallversorgung) breit gefächert. Tanja Baumann ist als Koordinatorin im ständigen Austausch mit verschiedenen Organisationen, die an der Notfallseelsorge beteiligt sind. Hierzu gehören die Einsatzkräfte, die vom Polizeipräsidium Reutlingen, dem Kreisfeuerwehrverband Esslingen-Nürtingen, den zuständigen DRK-Kreisverbänden, dem Malteser Hilfsdienst Neckar-Alb und der Leitende Notärzte Gruppe Esslingen vertreten werden. Auch der Flughafen Stuttgart ist beteiligt, genauso wie die evangelischen Kirchenbezirke aus dem Kreis und das katholische Dekanat Esslingen-Nürtingen. Zusammen organisieren sie am Samstag, 26. Oktober, einen Gottesdienst in Wolfschlugen.
Viel Arbeit also für Tanja Baumann, doch die steigende Anzahl der PSNV-Einsätze lässt sich nicht nur auf eine größere Nachfrage zurückführen. Während die Seelsorger 2022 im Altkreis Nürtingen nur siebenmal Polizeibeamte bei der Überbringung von Todesnachrichten begleitet hatten, waren es vergangenes Jahr 24 Einsätze. „Wenn die Polizei die ehrenamtlichen Seelsorger erst nach der Überbringung der Nachricht anruft, kann es oft mehr als eine Stunde bis zu unserem Eintreffen dauern – die meisten Menschen brauchen direkt Unterstützung“, erklärt die PSNV-Koordinatorin. Mittlerweile trifft man sich davor mit den Beamten auf dem Revier und fährt präventiv mit.
Trotzdem spiele laut Tanja Baumann auch die ansteigende Hilflosigkeit in der Bevölkerung eine Rolle. Es gäbe den ein oder anderen Einsatz, den man hätte vermeiden können: „Deshalb sehen wir uns nicht nur in der Rolle direkt vor Ort zu helfen, wir bieten auch Hilfe zur Selbsthilfe an“. Damit sind unter anderem auch Angebote zur „Letzten Hilfe“ gemeint, im Kontrast zur Ersten Hilfe. Hier gäbe es Kurse für Erwachsene, aber auch speziell für Kinder. Die Teilnehmer lernen, wie man mit kranken oder sterbenden Leuten umgeht, aber auch wie wichtig es ist, mit seinen älteren Verwandten über den Tod zu sprechen: „Wenn der Opa stirbt, aber davor schon gesagt hat, was man zum Beispiel mit seinen Hinterlassenschaften anstellen soll, gibt das den Hinterbliebenen oft Sicherheit nach dem Ableben“, erläutert Baumann.
Neben Betroffenen, wofür die „PSNV B“ – das B steht für Betroffene – zuständig ist, betreut die „PSNV E“ auch Einsatzkräfte. Diese bräuchten nach belastenden Einsätzen natürlich oft auch psychologische Unterstützung. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 1123 Personen betreut, fast 200 mehr als im Jahr zuvor.
Die Ehrenamtlichen müssen bis zu zweieinhalb Jahre ausgebildet werden, bevor sie Notfallseelsorger werden können. Zunächst wird an einem Seelsorgekurs teilgenommen, darauf folgt dann die Fachausbildung. Wer zum Beispiel einen beruflichen Hintergrund in der Psychotherapie hat, kann den ersten Kurs überspringen. Im Altkreis Nürtingen gibt es 22 ausgebildete Seelsorger, im Landkreis Esslingen sind es über 30, dazu kommen noch die Pfarrer der Bezirke und des Dekanats.
Beim Gottesdienst am Samstag, 26. Oktober, um 17.30 Uhr in der evangelischen Kirche in Wolfschlugen können Interessierte ins Gespräch mit den Notfallseelsorgern kommen.
1123
Personen wurden im vergangenen Jahr von der Psychosozialen Notfallversorgung betreut.