Weilheim · Lenningen · Umland
Erster Christopher Street Day in Esslingen

LGBTQIA Am Samstag ziehen queere Menschen vom Bahnhof bis zum Marktplatz und feiern die Vielfalt.

Esslingen. Jüngst habe sie sich mit einer Transperson zum Shoppen verabredet, berichtet Pia Zazzarini. „Ich habe vorab überlegt und geplant, wo man hingehen kann, ohne dass man Gefahr läuft, angefeindet zu werden“, sagt die 25-jährige Studentin über ihre Motivation, bei der Organisation des Chris­topher Street Days (CSD) in Esslingen mitzuhelfen, der erstmals in der Stadt stattfindet. „Solange man sich über alltägliche Sachen wie Einkaufen Sorgen machen muss, ist es nötig, für die Rechte der queeren Szene zu kämpfen.“

Den Stein ins Rollen brachte der ebenfalls 25 Jahre alte Daniel Krusic. Bei einem Besuch des Stuttgarter CSD habe er sich gedacht: „Cool hier! Warum gibt es das nicht in Esslingen?“ Zwar gebe es eine lebendige Szene in der Nähe, aber „selbst die Drag-Künstlerinnen und -Künstler, die aus Esslingen kommen und am CSD-Esslingen auftreten, sind sonst nur in Stuttgart unterwegs“, sagt Krusic. Im vergangenen Herbst hätten die Initiatoren alle Vereine und Gruppierungen angeschrieben, die Berührungspunkte mit ihrer Bewegung hätten. „Zum ersten Treffen kamen direkt um die 30 Leute, und es wurden immer mehr.“

Die zunehmende Gewalt gegen queere Menschen bereite ihnen Sorgen. Schließlich sei das nicht nur ein globales Thema, sondern auch ein kommunalpolitisches. „Die Gesellschaft wird offener, aber ein kleiner radikaler Teil wird lauter.“ Die 24-jährige Schulsozialarbeiterin Cere Melzer, die wie Krusic und Zazzarini Teil des fünfköpfigen Hauptorganisatorenteams ist, trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck des Esslinger CSD-Logos. Auf dem Weg zum Termin habe sie es aus Vorsicht nicht getragen. „Es könnte immer was passieren“, sagt sie. Vor allem die sozialen Medien würden polarisieren.

Derzeit gebe es viele Strömungen auch auf politischer Ebene, die ihnen Unbehagen bereiten würden. Beispielsweise habe in Bayern eine geplante Dragqueen-Lesung das konservative Weltbild der CSU erschüttert. Dem gelte es entgegenzutreten, meinen die Organisatoren des Esslinger CSD. Deshalb wollen sie auch während der Demonstration am 17. Juni an Bürgermeister Yalcin Bayraktar eine konkrete Liste mit Forderungen übergeben. Eine Erweiterung des Amts der Beauftragten für Chancengleichheit um den Bereich „Queer und Diversity“, die Ausweisung von touristischen und gastronomischen Angeboten als „LGBTQIA+ friendly“ und ein breiteres kulturelles Programm von und für queere Menschen werden beispielsweise gefordert.

Forderungen und Emotionen

Aber natürlich soll es am Tag des CSD nicht nur um Politik gehen. „Es geht auch um das Feiern von Vielfalt: an diesem einen Tag einfach mal so zu sein, wie man ist, zu tragen, was man möchte, und zu wissen, dass man von anderen nicht verurteilt wird“, sagt Melzer.

„Wir verbinden unsere Forderungen mit Emotionen“, sagt Krusic. Langfristig sei ihr Ziel, dass der Esslinger CSD jedes Jahr stattfinde und auch allgemein mehr für die queere Community veranstaltet werde. Noch seien sie eine freie Initiative, aber das soll sich bald ändern: Geplant ist, dass ein Verein gegründet wird. Frederic Feicht

 

Das volle Programm

Freitag Um in Stimmung zu kommen, finden am Freitagabend, 16. Juni, um jeweils 20 Uhr mehrere Veranstaltungen statt. Im Landesfilmdienst kann bei einer Karaokeparty mitgesungen werden, im Jugendhaus Komma wird es einen queeren Poetry-Slam geben, und im Kulturpalast wird bei der offiziellen CSD-Warm-up-Party das bunte Wochenende eingeläutet.

Samstag Am Hauptveranstaltungstag, 17. Juni, werden ab 12 Uhr im Kulturpalast Schilder für die anstehende Demonstration gebastelt. Diese beginnt dann um 16 Uhr am Bahnhofsvorplatz und zieht zum Marktplatz, wo um 17 Uhr eine Hocketse stattfindet. Weiter geht es um 20.30 Uhr mit einer Drag-Show im Komma. Im Kommunalen Kino werden ab 20.35 Uhr queere Kurzfilme gezeigt. Bei der LGBTQIA+-Party im Lux darf gefeiert werden.

Sonntag Zum Ausklang gibt es am 18. Juni ab 11 Uhr mehrere kostenlose Workshops zu verschiedenen Themen der queeren Community.

Mehr Informationen gibt es auf der Internet­seite www.csd-esslingen.de. ff