Naturschutz
„Es zählt der Respekt vor dem Wald“

Vom Verlassen der Wege über das Grillen bis hin zum Kräutersammeln: Die Weilheimer Forstrevierleiterin Julia Usenbenz klärt darüber auf, was in den heimischen Wäldern okay ist – oder eben nicht.

Julia Usenbenz ist als Revierförsterin seit 2020 für das Waldgebiet um Weilheim zuständig. Foto: Fiona Peter

Die pilzbewachsenen Bäume stehen dicht an dicht, es riecht nach feuchtem Moos, aus den Baumwipfeln dringt Vogelgezwitscher. Es scheint, als könne die Idylle durch nichts gestört werden… zumindest so lange, bis sich das Gegröle nähert, der Bass aus der Musikbox die Vögel verstummen lässt und es statt Moos nach Currywurst und Zigarettenrauch riecht.

In den heimischen Wäldern sind die dort angesiedelten Wildtiere längst nicht mehr allein. Auch der Mensch macht sich dort überaus gerne breit – sei es zum Sporttreiben, zum Spazierengehen, zum Grillen oder Feiern. Auch wenn sich die allermeisten Leute im Wald benehmen, kommt es doch immer wieder – wissentlich oder unwissentlich – zu Fehlverhalten, berichtet Julia Usenbenz, die als Leiterin des Forstreviers Weilheim für eine rund 1000 Hektar große Fläche von der Teck bis zum Boßler zuständig ist.

Klettern und selbst sitzen ist auf den Holzpoltern nicht gestattet. Foto: Jörg Bächle

Ein „typischer Fehler“, so Usenbenz, sei etwa der leichtfertige Umgang mit Feuer. Abseits von Grillstellen ist das Entzünden von offenem Feuer immer verboten. Doch auch an ausgewiesenen Feuerstellen ist Vorsicht geboten: „Es geht manchmal eben doch ein Wind“, argumentiert die Försterin. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Funken weiter fliegen und im trockenen Laub landen.“ Das Rauchen ist im Wald von März bis Oktober sogar vollständig verboten.

Wer die Wälder abseits des Wegenetzes erkunden möchte, hat dazu grundsätzlich das Recht. Eine Ausnahme stellen Naturschutzgebiete dar: Hier gilt das gesetzliche Wegegebot. Obwohl es nicht verboten ist, rät Julia Usenbenz im Frühjahr aber auch in nicht-geschützten Wäldern davon ab, querfeldein herumzustreunen. So soll verhindert werden, dass die Tiere während der Brut- und Setzzeit gestört werden.

Sperrungen haben Gründe

Komplett tabu sind gesperrte Bereiche – eine Regel, die laut Julia Usenbenz allerdings gerne missachtet wird. „Wenn ein Waldweg gesperrt ist, hat das immer einen Grund“, betont die 31-Jährige. Ein typischer Anlass sei etwa die Holzernte, und das könne durchaus gefährlich werden. „Viele Leute meinen, sie würden ja aufpassen und auf jeden Fall rechtzeitig sehen oder hören, wenn ein Baum fällt.“ Ein Trugschluss, sagt die Försterin.

Besonders wichtig sei der Respekt vor Absperrungen übrigens in den Wintermonaten; andernfalls könne ein Spaziergang schnell im Jagdgebiet enden. Das Risiko, so Usenbenz, gehe dabei weniger von den Kugeln als von den Tieren aus, die eher in Bewegung und entsprechend gereizter seien.

Auch wenn die Wälder der Region zahlreichen größeren Wildtieren, wie Rehen, Wildschweinen, Füchsen, Hasen und Mardern, eine Heimat bieten, bleiben diese dem menschlichen Auge meist verborgen. „Tendenziell versucht jedes Wildtier, den Kontakt mit Menschen zu vermeiden“, berichtet Julia Usenbenz. Bekommt man doch einmal einen Waldbewohner zu Gesicht, ist Abstand entscheidend – selbst, wenn das Tier verletzt erscheint. In diesem Fall ist ein Anruf beim zuständigen Förster oder Rathaus der richtige Schritt. Auch ein scheinbar verlassenes Jungtier sollte auf keinen Fall berührt werden. Wie die Forstrevierleiterin erklärt, werden manche Tiere, wie etwa Rehkitze, von ihren Müttern, den Geißen, nur vorübergehend alleingelassen. Körperkontakt setzt das Kitz nicht nur unter immensen Stress, sondern kann auch dazu führen, dass die Mutter es nicht mehr annimmt. Natürlich, so Usenbenz, habe man den Beschützerwillen und wolle helfen. „Das ist aber oft das Schlimmste, was man tun kann.“

Grillstellen im Wald sind ausgewiesen. Ausschließlich dort darf Feuer gemacht werden. Foto: Markus Brändli

Wildcampen im Forst mag zwar ein Abenteuer sein, ist in Deutschland allerdings verboten. Das sogenannte Biwakieren, bei dem lediglich eine Isomatte oder ein Tarp zum Einsatz kommt, ist zumindest in manchen, nicht-geschützten Wäldern gestattet. Im Zweifel kann der zuständige Förster Auskunft geben.

Auch beim Picknicken gibt es einige Einschränkungen: Außerhalb von Naturschutzgebieten ist ein kleines Picknick auf einer Lichtung meist unproblematisch, solange die Flora und Fauna dabei in keiner Weise beschädigt wird. Ganz besonders wichtig ist die Wiedermitnahme von Müll – selbst, wenn es sich dabei um biologisch abbaubaren Abfall handelt. Lebensmittelreste können für die Tiere giftig sein oder Krankheiten, wie etwa die Schweinepest, übertragen. „Für Wildschweine kann schon ein liegengelassenes Wurstbrot tödlich enden und den heimischen Bestand gefährden“, warnt Julia Usenbenz. Die goldene Regel lautet: Was von außerhalb hergebracht wurde, kommt auch wieder mit.

Wer mehr mitnehmen möchte, als er mitgebracht hat, hat sich dabei an ein paar Regeln zu halten. So ist das Abschneiden von Zweigen und Ästen nicht gestattet, bei anderen Pflanzen gilt die Handstraußregel, sprich: Kleine Mengen für den privaten Gebrauch sind in Ordnung, solange es sich dabei nicht um eine geschützte Art, wie die Schüsselblume oder den Märzenbecher, handelt. Wichtig ist auch, dass dabei die Wurzel intakt bleibt. Julia Usenbenz empfiehlt: Schneiden und zupfen sind besser als reißen.

Betreten auf eigene Gefahr

Obwohl der heimische Wald für viele Menschen in erster Linie als Erholungsgebiet dient, ist es der Forstamtsleiterin wichtig, zu betonen, dass der Forst nun einmal auch bewirtschaftet wird. Daher hätten auch Forstarbeiter und -fahrzeuge ihre Daseinsberechtigung. Sind diese in Aktion, ist ein Sicherheitsabstand immer eine gute Idee. Auch Holzpolter – aufeinandergestapelte Baumstämme – am Wegesrand laden auf den ersten Blick zwar zum Klettern und Verweilen ein, davon muss allerdings abgesehen werden: Zum einen, weil die Polter zu den forstbetrieblichen Einrichtungen zählen, zum anderen, weil sich die Konstruktion unter Umständen lösen kann und Verletzungsgefahr besteht. Ähnliches gilt für Hochsitze.

„Der Besuch in der Natur steht und fällt mit dem gesunden Menschenverstand“, fasst Julia Usenbenz zusammen. Natürlich, so die Försterin, soll der Wald erlebt und genossen werden – jedoch nur mit Rücksicht auf die Pflanzen und Tiere, die dort beheimatet sind: „Es zählt der Respekt vor dem Wald.“