Filderstadt. Der Fall Esra O. ist juristisch doch noch nicht abgeschlossen. Die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart hat die im April 2017 erlassene Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Stuttgart aufgehoben. Das bedeutet: Es muss weiter ermittelt werden, ob der Tod der 21-jährigen Deutschtürkin, die im April 2015 bei einer Routine-Untersuchung in der Filderklinik ums Leben kam, hätte verhindert werden können.
Weil kein gravierender Kunstfehler festgestellt werden konnte, hatte die Staatsanwaltschaft die Akte geschlossen und das Verfahren eingestellt. Bei den Eltern der Toten keimt nun die Hoffnung, dass dem Chefarzt der Gynäkologie doch schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden kann. „Das ist für uns ein kleiner Teilerfolg“, sagt Anwältin Anna Grub. Die auf Medizinrecht spezialisierte Juristin aus Stuttgart vertritt die deutsch-türkische Familie.
Angehörige fechten Gutachten an
In ihrer Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft fechten die Angehörigen ein Gutachten der Uni Freiburg an, das die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens bewogen hatte. Es kommt zu dem Schluss, dass dem verantwortlichen Operateur keine fahrlässige Tötung vorzuwerfen ist. Das zweifelt die Familie an. „Es gibt viele Anhaltspunkte, dass gravierende Behandlungsfehler gemacht wurden“, sagt die Rechtsanwältin.
Die junge Frau war Ende April 2015 um 6 Uhr in die Filder-klinik gekommen, weil sie Bauchschmerzen hatte. Ursache war eine Zyste am Eierstock. Mit einem minimalinvasiven Eingriff sollte ihr geholfen werden. Bei der gegen 11 Uhr erfolgten Bauchspiegelung verletzten die Operateure die Patientin so schwer an der Baucharterie, dass sie innerlich verblutete. Fünf Tage später starb die 21-Jährige an Organversagen. Die Filderklinik hatte den Fall damals bei einer Pressekonferenz drei Tage nach dem Eingriff publik gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war Esra schon nicht mehr zu retten.
Arzt räumt Fehler ein
Dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt hat, rief bei der Familie Verwunderung hervor. Denn die Haftpflichtversicherung hatte ihnen schon rund ein halbes Jahr nach Esras Tod ein „sehr ordentliches“ Schmerzensgeld gezahlt. Außerdem hatte der Ärztliche Direktor der Klinik damals öffentlich ein fehlerhaftes Verhalten am OP-Tisch eingeräumt. „Meine Mandanten wollen, dass der Fall in einer öffentlichen Verhandlung aufgearbeitet wird“, sagt Rechtsanwältin Anna Grub. Die Familie könne nicht nachvollziehen, dass der Arzt weiter behandeln darf. Harald Flößer