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Esslingens größtes Modehaus schließt

Ladensterben Das Traditionsgeschäft Kögel schließt Ende Januar 2024 nach 121 Jahren. Etwa 50 Mitarbeiter sind betroffen. Für die Innenstadt ein weiterer Schlag. Wie es an dem Standort weitergeht, ist offen. Von Johannes M. Fischer

Esslingens größtes und über die Stadt hinaus bekanntes Bekleidungsgeschäft macht zu. Die Schließung des von den Inhabern geführten Modehauses Kögel Ende Januar 2024 steht in einer Reihe von Schließungen traditionsreicher Handelshäuser in Esslingen.

Das 1902 gegründete Unternehmen hatte erst vor drei Jahren in den Umbau des 2500 Quadratmeter großen Modehauses investiert. Das aber nutzte nichts. „Die massiven Einschränkungen durch die Pandemie haben auch bei uns zu erheblichen Verlusten geführt, die wir im Kreise der Gesellschafter noch ausgleichen konnten. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine kommt nun aktuell die Inflation und damit verbunden ein deutlicher Rückgang im Konsumverhalten hinzu“, erläuterte Geschäftsführer Alexander Kögel die Hintergründe der Schließung. Gesellschafter sind außer ihm die Mutter Annegret Kögel und die Schwester Julia Huß. „Wir hätten gerne auch noch die 125 Jahre gefeiert, zusammen mit der Stadt“, sagte Kögel. Esslingen feiert 2027 seinen 1250. Geburtstag. „Aber diese Feier wäre für uns teuer geworden.“ Von einer Insolvenz sei man allerdings weit entfernt, so Kögel.

Rentabilität fehlt

Kögel, der auch Vorsitzender der City-Initiative in Esslingen ist, glaubt zwar weiterhin an den stationären Einzelhandel in einer Stadt wie Esslingen. Doch nach intensiver Analyse sei der Gesellschafterkreis „zu der Überzeugung gekommen, dass es zukünftig nicht mehr möglich sein wird, ein Modehaus wie unseres rentabel zu betreiben. Schweren Herzens haben wir uns dazu entschlossen, unser Geschäft nach nunmehr 121 Jahren zum 31. Januar 2024 zu schließen.“ Wichtig sei gewesen, Herr des Verfahrens zu sein, bevor es zu spät gewesen wäre, so Kögel. „Es war uns wichtig, frei zu entscheiden, bevor der Zwang von außen kommt.“

Keinen Einfluss auf diesen Schritt hatte laut Kögel die Ansiedlung einer Filiale des Modeparks Röther im Neckarcenter mit einer Verkaufsfläche von 4400 Quadratmetern. Am Ostersamstag, wenige Tage nach der Eröffnung von Röther, habe sein Haus seinen umsatzstärksten Samstag im laufenden Jahr gehabt. Das Problem sei anders gelagert: „Wir sind zu klein und doch schon zu groß.“ Zu groß, weil er als Geschäftsführer nicht wie in einer kleinen Boutique alles selber machen könne. Aber auch zu klein, weil er im Gegensatz zu größeren Häusern mit mehreren Standorten die Verwaltungskosten nicht auf die Filialen verteilen könne.

In der Esslinger Stadtverwaltung zeigte man sich geschockt. „Wir bedauern die Schließung dieses Traditionsunternehmens sehr. Es ist extrem traurig und bitter, vor allem für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die seit vielen Jahrzehnten für ihre Kundinnen und Kunden da sind“, sagte Oberbürgermeister Matthias Klopfer. Betroffen sind etwa 50 Mitarbeiter. Als sie in den vergagnenen Tagen informiert wurden, habe es Tränen gegeben, sagte Kögel. Auch ihm habe das Wasser in den Augen gestanden.

Die Schließung hat Konsequenzen für die gesamte Innenstadt und deren Entwicklung. Nach der angekündigten Schließung der Karstadt-Filiale sei dies „ein weiterer schwerer Schlag und herber Verlust“, sagte Klopfer. Das Modehaus Kögel sei ein Unternehmen mit hoher Bekanntheit, das Esslingen und den Einzelhandel in der Innenstadt jahrzehntelang geprägt habe. Das Haus gehöre „für viele Esslingerinnen und Esslinger einfach zur Innenstadt dazu“.

Bevölkerung ist betroffen

Kögel sei ein engagierter Händler, der viel investiert und modernisiert habe. Klopfer: „Umso bedauerlicher ist es, wenn solche Bemühungen nicht ausreichend sind.“ Mit Blick auf die Zukunft sagte Klopfer, er hoffe, dass es der Familie Kögel gelinge, eine attraktive Nachnutzung für die Flächen des Unternehmens zu finden, die den Einzelhandelsmix in der Innenstadt sinnvoll ergänzten. Seitens der Stadtverwaltung werde man die Familie Kögel hierbei unterstützen. Betroffenheit findet sich auch in den sozialen Medien. So schreibt eine Nutzerin auf Facebook: „Wie traurig. Ohne Worte, was in und mit Esslingen passiert.“

 

Die Entwicklung der Esslinger Innenstadt

Strukturwandel Überall in Deutschland stehen Innenstädte vor vergleichbaren Herausforderungen: Der Einzelhandel verändert sich unter anderem deshalb, weil der Onlinehandel zunimmt. Auch die Verkehrspolitik wirft mit Blick auf den Klimawandel grundsätzliche Fragen auf. Deshalb arbeitet Esslingen – Rathaus, Gemeinderat und viele weitere Engagierte – seit 2021 intensiv an einem neuen Konzept für die Innenstadt.
Leitbild Inzwischen wurde ein Leitbild erstellt. Unter dem Motto „Draußen ist das neue Drinnen“ soll die Stadt verstärkt auf die Aufenthalts- und Begegnungsqualität setzen. Der Verkehr soll so gestaltet werden, dass Esslingen als „Stadt der kurzen Wege“ erlebt wird und die Innenstadt bequem und umweltfreundlich erreichbar ist. Ein weiteres strategisches Ziel ist eine innovative und individuelle Einzelhandels-, Gastronomie- und Dienstleistungslandschaft. adi