Zwischen Neckar und Alb
Esslinger Hochschule soll betrogen haben

Verdacht Der Bildungseinrichtung wird vorgeworfen, 2008 rechtswidrige Gehaltszulagen an Professorinnen und Professoren ausbezahlt zu haben. Die Rede ist von von 1,6 Millionen Euro. Von Simone Weiß

Die Hochschule Esslingen steht im Verdacht, im Jahr 2008 rechtswidrig erhöhte Gehaltszulagen an ihre Professorinnen und Professoren ausbezahlt zu haben. Das baden-württembergische Wissenschaftsministerium spricht von möglicherweise falschen Leistungsbeiträgen in Höhe von etwa 1,6 Millionen Euro. In insgesamt 52 Fällen soll die Hochschule mit Standorten in der Stadtmitte und der Flandernstraße in Esslingen sowie einem Campus in Göppingen betrogen haben. Das Ministerium hat nach eigenen Angaben „die erforderlichen Maßnahmen zur Aufklärung und Aufarbeitung der fehlerhaften Vergaben ergriffen“.

Der Betrugsvorwurf fällt in die Amtszeit von Bernhard Schwarz, der 2007 zum Rektor der Hochschule Esslingen gewählt worden war. Wegen seines Führungsstils war Schwarz in die Kritik geraten. 2013 wurde Christian Maercker zum neuen Rektor der Hochschule gewählt.

 

„Auszugehen ist von insgesamt rund 1,6 Millionen Euro.
Denise Burgert
Pressesprecherin im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium

 

Nach Angaben von Heike Lindenschmid, Kanzlerin der Hochschule Esslingen, handelt es sich um Zulagen für Professorinnen und Professoren, die nach derzeitigem Wissensstand im Nachhinein erhöht wurden: „Außerdem sind einige gewährt worden, ohne dass eine Leistung ausreichend bewertet wurde“, erklärt sie. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gibt Auskunft zur Höhe: „Die Aufarbeitung läuft gerade. Auszugehen ist von einem Volumen der möglicherweise rechtswidrig erfolgten Vergabeentscheidungen von insgesamt rund 1,6 Millionen Euro“, sagt Pressesprecherin Denise Burgert.

Ans Licht gekommen sind die möglichen Unregelmäßigkeiten im Oktober vergangenen Jahres. Nach Angaben von Denise Burgert war die Aufarbeitung fehlerhafter Vergaben an anderen baden-württembergischen Hochschulen Anlass für verstärkte Kontrollen. Seit 2017 habe das Ministerium aus diesem Grund stichprobenhafte Überprüfungen an Hochschulen des Landes durchführen lassen – so auch an der Hochschule Esslingen: „Bei der Aufarbeitung dieser Fälle ist die Hochschule Esslingen auf diesen neuen Themenkomplex aufmerksam geworden“, teilt die Pressesprecherin mit. Die Einrichtung habe das Ministerium umgehend über den Verdacht informiert.

Im Oktober ans Licht gekommen

Ministerium und Hochschule sind nach eigenen Angaben in enger Zusammenarbeit um eine Aufklärung und Aufarbeitung bemüht. Gegenstand der Untersuchungen im Wissenschaftsministerium seien auch „verjährungshemmende Maßnahmen hinsichtlich möglicher Regressansprüche“. Doch: „Das Ergebnis der aufwendigen besoldungsrechtlichen Aufarbeitung bleibt abzuwarten.“ Wissenschaftsministerin Theresia Bauer aber betont: „Ich habe großen Respekt vor dem Rektorat der Hochschule Esslingen, das sich nach Entdecken der vermutlich fehlerhaft vergebenen Leistungsbezüge aus dem Jahr 2008 unverzüglich an das Ministerium gewandt hat und nun eine intensive, nach so vielen Jahren sehr aufwendige Aufarbeitung vollzieht.“

Einmaliger Fall

Mit einer schnellen Lösung sei nicht zu rechnen. Nach so vielen Jahren, so Denise Burgert, seien die Nachforschungen sehr aufwendig. Das Aufspüren der Gründe für die möglicherweise fehlerhaften Gehaltszulagen sei auch Teil des Aufarbeitungsprozesses. Ernsthafte Folgen drohen nach Angaben der Pressesprecherin aber nicht: „Die Hochschule muss mit keinen Sanktionen rechnen. Gegebenenfalls werden Regressansprüche gegenüber den damals handelnden Akteuren zu prüfen sein.“ 

Der gegen die Hochschule Esslingen schwelende Verdacht ist in Baden-Württemberg laut Burgert einmalig: „In dieser Konstellation sind dem Ministerium keine Fälle bekannt.“