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Esslinger Promi-Friseur machte nicht nur „Jogi" die Haare schön

Handwerk Jürgen Klinsmann, Joachim Löw und die Förster-Brüder: Beim Esslinger Friseurmeister Eric Schraepel gab sich die Stuttgarter Fußballprominenz einst die Klinke in die Hand. Jetzt hört er mit 75 Jahren auf – und verrät, was er über die Profikicker von heute denkt.

Esslingen. Am 1. Februar feiert Eric Schraepel Geburtstag. „75 Jahre werde ich und 50 Jahre habe ich in meinem Salon in der Stuttgarter Straße 12 gearbeitet“, sagt er und fügt hinzu: „Das ist jetzt genug.“ Er und seine sieben Jahre jüngere Ehefrau Angela wollen künftig auf Reisen gehen und spontaner über ihr Leben entscheiden. Das Ladenlokal in der Pliensauvorstadt, das er 1974 eröffnet hat, hat er an seinen Nachfolger vermietet, den Friseurmeister Kadir Geyik.

Sein Handwerk intensiv trainiert

Alles ist geregelt. Dennoch werden die Schraepels auch mit einem weinenden Auge aus dem Friseursalon gehen. „Wir haben unseren Beruf schon wahnsinnig geliebt“, bekennt Angela Schraepel. Ihr Mann stammt aus Thüringen, wo sein Vater als Bäcker arbeitete. Später in Biberach aufgewachsen, erlernte Eric Schraepel dort das Friseurhandwerk. „Ich war sehr ehrgeizig und habe mich ständig weitergebildet“, sagt Schraepel im Rückblick. Das tat er, indem er bei den renommiertesten Vertretern seines Fachs trainierte – oft nach Geschäftsschluss, in seiner Freizeit und mit bezahlten Models. Irgendwann war Meister Eric selbst einer der Besten seines Fachs. Er errang mehrere nationale und internationale Auszeichnungen, war Landesmeister, Fachbereichsleiter, und saß in den Jurys der Wettbewerbe. Der Salon der Schraepels brummte. „In unseren besten Zeiten haben wir mit unserem Team 80 Schnitte am Tag gemacht“, sagt Schraepel.

Neben seinen Stammkunden, die aus Esslingen und den umliegenden Städten und Gemeinden kamen, waren es vor allem Fußballer, die ihre Haare bei Meister Eric richten ließen. „Alle Stuttgarter Kickers waren bei mir und fast alle vom VfB Stuttgart“, erzählt Schraepel. Nicht nur Spieler, sondern auch die Manager. Die „Prinz-Eisenherz-Frisur“ von Jogi Löw wurde dabei genauso gerichtet wie die „Minipli“ auf dem Schopf von Eike Immel, die Förster-Brüder vom VfB saßen ebenso bei ihm vor dem Spiegel wie Thomas Tuchel, als der noch bei den Kickers spielte. Auf einem Foto ist Jürgen Klinsmann zu sehen, der sein Haupthaar ebenfalls den Künsten von Meister Eric anvertraute. Bald war Eric der „Fußballer-Coiffeur“.

Boxer, Sänger und noch viel mehr

„Damals waren die Dauerwellen bei den Männern sehr beliebt“, erinnert sich Schraepel, und ja, auch die später viel belächelten Vokuhila-Schnitte und die Popper-Frisuren seien Renner gewesen. Auch Box-Weltmeister René Weller nahm bei Meister Eric Platz. Man sei befreundet gewesen. Seine guten Kontakte zu Sportlern nutzte Schraepel gern für wohltätige Zwecke. Bei einem seiner Fußball-Benefizturniere kamen so 30 000 Mark zugunsten der Kinderklinik Esslingen zusammen. In seiner knapp bemessenen Freizeit hat Schraepel geboxt, Karate betrieben, ist Rad, Ski und Wasserski gefahren. Er war Schlagzeuger und Sänger in einer Band und einmal sogar bayerischer Meister der Amateur-DJs.

Fußballer kommen heute nicht mehr zu Meister Eric. „Die Jungs früher waren nicht arrogant und eingebildet, sondern freundlich und bescheiden“, sagt Schraepel. Er glaubt, dass da heute eine ganz andere Generation von Kickern am Start sei – oft auch durch die Aufmerksamkeit in den sozialen Netzwerken verdorben.

Ebenso kritisch beäugt er das heutige Friseurhandwerk, wenn Techniken im Internet erlernt und Haare von Maschinen geschnitten würden. Da er selbst die fundierte Ausbildung mit Niveau schätze und unterstütze, habe er sich unter den vielen Bewerbern für seinen Salon für Kadir Geyik entschieden. Der junge Meister betreibt derzeit noch einen Barber-Salon am Charlottenplatz. Barbara Scherer