Wirtschaft
Fällt der Pfingstmontag bald weg?​​​ Das sagen Unternehmen aus der Teckregion

Derzeit herrscht eine hitzige Debatte über die Abschaffung eines Feiertags zum Wohle der Wirtschaft. ­Unternehmen aus der Region beziehen Stellung. 

Nicht nur das Kirchheimer Unternehmen Keller Lufttechnik hält die Abschaffung eines Feiertags für wenig sinnvoll. Archivfoto: pr

Einen Feiertag abschaffen? Das fordert die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Medienberichten zufolge im Rahmen der Vorstellung des aktuellen „Weißbier-Index“. Durch das höhere Arbeitsvolumen solle der sich in der Rezession befindlichen Wirtschaft ein Anstoß gegeben werden. Am ehesten würden sich Ostermontag, Pfingstmontag oder der zweite Weihnachtsfeiertag anbieten. Auch Bundeskanzler Friedrich Merz schwört die Bevölkerung ein: „Wir Deutschen müssen wieder mehr arbeiten.“ Anfang des Jahres forderte zudem der Allianz-Chef Oliver Bäte die Wiedereinführung des sogenannten Karenztages, wodurch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am ersten Krankheitstag keine Lohnfortzahlung mehr bekämen.

„Die Forderung nach der Abschaffung eines Feiertags reiht sich ein in eine Liste von Nebelkerzen, die in den letzten Wochen und Monaten gezündet wurden“, sagt Alessandro Lieb, der Geschäftsführer der IG Metall Esslingen. Die Aufforderung verkenne die Lebensrealität von vielen Millionen Beschäftigten, die mit viel Einsatz und Überstunden die Wirtschaft, Kitas, Schulen und Verwaltungen am Laufen halten würden. Neu sei die Idee jedoch nicht, bereits im Jahr 1995 wurde der Buß- und Bettag gestrichen, um die Finanzierung der Pflegeversicherung zu gewährleis­ten. Auch der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz forderte bereits vor Wochen den Verzicht auf einen Feiertag, erklärt Alessandro Lieb. 

 

Wir sind gegen die Streichung eines Feiertags, um die Produktivität um sieben Arbeitsstunden zu steigern.

Frank Keller, der Geschäftsführer von Keller Lufttechnik sieht das Problem woanders. 

Das Weilheimer Unternehmen Fischer bezieht Stellung: „Wir sind gegen die Streichung von kirchlichen Feiertagen, denn diese bieten unseren Mitarbeitenden einerseits die Möglichkeit, Tradition und Glauben zu leben, und andererseits ihre Work-Life-Balance zu verbessern.“ Die höhere Zufriedenheit führe letztlich auch zu einer spürbar gesteigerten Produktivität.

Deutschland liegt im Mittelfeld

Das sieht Benjamin Stein, der Bezirksgeschäftsführer von verdi Fils-Neckar-Alb, ähnlich: „Bayern und Baden-Württemberg haben die meisten Feiertage – und gleichzeitig die stärkste Wirtschaftsleistung unter den Flächenländern.“ Wer also glaube, dass weniger freie Tage automatisch zu mehr Wohlstand führen würden, ignoriere die Realität.

Das Unternehmen Fischer bekräftigt: „Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit seinen Feiertagen im Mittelfeld, was zeigt, dass wir eine ausgewogene Anzahl an Tagen des Gedenkens und Erinnerns pflegen.“ Die Feiertage seien für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig, um sich zu erholen und neue Energie zu tanken.

Auch Frank Keller, der Geschäftsführer des Kirchheimer Unternehmens Keller Lufttechnik, äußert sich: „Wir sind gegen die Streichung eines kirchlichen Feiertags, um die Produktivität um sieben Arbeitsstunden zu steigern.“ Viel wichtiger ist für ihn die Frage danach, wie die Anzahl der Fehltage durch Krankheit wieder auf ein niedrigeres Niveau zu bekommen ist. Denn seit Corona sei die Zahl der Krankheitstage stark gestiegen und würde die Produktivität sehr viel stärker beeinflussen. Der Kirchheimer Unternehmer schildert: „Unsere Maßnahmen im betrieblichen Gesundheitsmanagement, wie Rückenschule, Volleyball, Fußball, geführte Radtouren, kostenfreies Obst, hochmoderne und ergonomische Arbeitsplätze sowie weitere Angebote zur Gesundheitsförderung, haben leider nur geringe Verbesserungen in der Krankheitsquote erzielt.“ Durch eine flexiblere Gestaltung des Arbeitsgesetzes, die einen besseren Umgang mit Auslastungsschwankungen ermöglichen würde, könnte eine Besserung herbeigeführt werden, sagt der Geschäftsführer.

Negativ für die Motivation

Dem Unternehmen Fischer ist es wichtig, zu betonen, „dass die Rahmenbedingungen für eine effiziente Wirtschaft durch die Politik geschaffen werden“. Der Fokus müsse nun auf die richtigen Stellschrauben gelegt werden. Eine Abschaffung von Feiertagen würde zu keiner nachhaltigen Steigerung der Produktivität führen, sondern könnte vielmehr das Wohlbefinden und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter negativ beeinflussen. „Wir wünschen uns in erster Linie geeignete Voraussetzungen, unter denen wir als Unternehmen wettbewerbsfähig und zukunftsorientiert arbeiten können.“ Eine Verbesserung der Bedingungen für die Wirtschaft könnte etwa dadurch erreicht werden, dass übermäßige Regulierungen abgeschafft, Verwaltungsprozesse vereinfacht und die Digitalisierung schneller vorangetrieben werden würden.

 

Das sagt die Kirche zur Debatte

Der Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Kirchheim, Christian Tsalos, rät von einer übereilten Entscheidung ab. „Wenn ein Feiertag mal abgeschafft ist, wird das in der Regel auch nicht mehr rückgängig gemacht.“ Feiertage seien jedoch wichtig, damit sich die Menschen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch und geistig erholen könnten. Die freie Zeit schaffe die Möglichkeit, zusammenzukommen und Verantwortung für die Gesellschaft zu entwickeln. ​​​​​​​Die Auswirkungen einer Abschaffung zeigten sich schon bei Menschen, die sonntags arbeiten müssten. Es gehe die Möglichkeit verloren, sich mit anderen zu treffen oder mit den eigenen Kindern Zeit zu verbringen. Es solle daher gut abgewogen werden, ob das wirklich Sinn ergebe.