Nachdem Landrat Heinz Eininger Anfang Oktober den Haushaltsentwurf eingebracht hatte, für den er bei der Kreisumlage einen Riesensprung von 8,1 Prozentpunkten nach oben vorschlug, war man vor allem in den Kommunen des Landkreises gespannt, was aus den Fraktionen des Esslinger Kreistags dazu gesagt wird. Gelegenheit dazu hatten sie bei der zweiten Lesung des Haushalts, bei der die Fraktionen mit ihren Stellungnahmen und Anträgen ihr politisches Königsrecht ausübten. Einige Redner nannten eine konkrete Zahl für die Höhe der Umlage, die von den 44 Gemeinden und Städten an den Kreis für dessen Aufgabenerfüllung und Investitionen zu entrichten ist, andere hielten sich noch zurück. Doch zeichnet sich jetzt schon die Tendenz ab, dass die Umlage niedriger als vom Landrat vorgeschlagen ausfallen wird.
Neue Finanzierungsleitlinien
Auch dieser hatte schon bei der Einbringung des Haushalts signalisiert, dass man über die Umlage noch reden müsse, um die Kommunen nicht über Gebühr zu belasten. Bei diesen war teils ein Sturm der Entrüstung bis hin zu blankem Entsetzen ausgebrochen. Eininger hatte die drastische Erhöhung jedoch auch mit den neuen Finanzierungsleitlinien begründet, die im vergangenen Sommer von einer Mehrheit aus Freien Wählern, SPD, FDP und Grünen gegen seinen Willen beschlossen wurde. Während seither Verbesserungen aus dem Haushalt zu 60 Prozent über die Kreisumlage wieder an die Kommunen zurückgegeben wurden, gleichen die neuen Leitlinien einem Automatismus, laut diesem dem Kreis nur so viel belassen wird, dass er eine Rücklage in Höhe von 20 Prozent seiner ordentlichen Ausgaben bilden kann. Diese Regelung gilt allerdings auch umgekehrt, wenn der Kreis keine Verbesserungen erzielt. Genau dies ist nun eingetroffen, und noch mehr. Erstmals seit Jahren wird der aktuelle Haushalt mit einem Defizit abschließen. Laut den neuen Leitlinien müsse das in den kommenden Haushalt einberechnet werden, was rund die Hälfte der vorgeschlagenen Umlageerhöhung ausmache. Die andere Hälfte wird mit einer schlechteren Konjunkturlage und den Folgen der verschiedenen bundes- und weltweiten Krisen begründet.
Das stellte Bernhard Richter (Freie Wähler) nicht in Abrede. Dafür werde aber eine Erhöhung der Umlage von derzeit 27,8 auf 31,5 Prozent ausreichen. Damit liegt er 4,4 Prozentpunkte unter den von Eininger geforderten 35,9 Prozent. Richter ist der Meinung, dass die rund vier Prozentpunkte, die der Landrat mit den neuen Leitlinien begründet, nicht schon für den nächsten Haushalt einberechnet werden könnten, weil sich die Leitlinien auf das aktuelle Ergebnis beziehen. Das laufende Haushaltsjahr ist jedoch noch nicht abgerechnet.
Herauszuhören war, dass die Freien Wähler damit geliebäugelt hatten, deshalb die Haushaltsverabschiedung auf das Frühjahr zu verschieben, wovon sie nun jedoch absehen wollen. Einiger hatte dazu schon im Oktober gesagt, das lähme die Handlungsfähigkeit des Kreises und lasse die Kommunen im Ungewissen bei der Aufstellung ihrer Haushalte.
Fraktionen sind gesprächsbereit
Michael Medla (SPD) schloss sich der Argumentation Richters an. Sein Zusatz hörte sich jedoch schon etwas nach Rückzug an: „Leitlinien binden uns niemals starr in unserem Haushalts- und Königsrecht.“ Im fortlaufenden Prozess könne eine Überprüfung und Gesamtbewertung der Leitlinien vorgenommen werden. Die SPD schlägt 31,6 Prozent vor. Auch Marianne Erdrich-Sommer drückte sich ähnlich aus. Man habe nur im Sinne eines Kompromisses zugestimmt, mit der Vorgabe, in einem Jahr nochmals darüber zu reden. Dass man nun schneller als gedacht darüber reden müsse, räumte sie ein. Zur Umlagehöhe machte sie keine Aussage.
Sieghart Friz (CDU) stellte fest: „Eine solche Erhöhung wäre ein Novum, das es zumindest in den letzten 25 Jahren nicht gab.“ Neben den unerwarteten Verschlechterungen soll laut Friz wenigstens ein Teil des Fehlbetrags, der durch die neuen Leitlinien entsteht, noch im kommenden Jahr ausgeglichen werden, über den Rest müsse man reden. Die CDU schlägt 33,5 Prozent vor. Kerstin Hanske (AfD) dazu: „Wir haben schon immer zu niedrige Umlagen kritisiert und waren deshalb auch gegen die neuen Leitlinien.“
Marc Dreher (Die Linke) sagte: „Der Beschluss für die Leitlinien war falsch, es ist ein unflexibles Regelsystem, das eine dynamische Anpassung auf die aktuelle Situation erschwert.“ Seine Fraktion beantragte, die Leitlinien auszusetzen und es dem neu gewählten Kreistag im nächsten Jahr zu belassen, darüber zu beraten. Ulrich Fehrlen (FDP) sagte nur einen Satz dazu: „Wir wollen bis zur dritten Lesung im Dezember abwarten, bis weitere Fakten auf dem Tisch liegen.“