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Familienzwist führt zu einem Schuss aus der Armbrust

Prozess In Ulm steht ein 59-jährigen Schlierbacher vor Gericht, der auf seinen jüngeren Bruder geschossen hatte.

Schlierbach. Am 3. September 2022 soll ein 59-Jähriger versucht haben, in seinem Elternhaus in Schlierbach seinen Bruder mit einer Armbrust zu töten. Jetzt hat vor dem Landgericht in Ulm der Strafprozess gegen den Mann begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchte Tötung vor. Damit wollte der Mann offenbar verhindern, dass er und der älteste, chronisch kranke Bruder aus dem Elternhaus ausziehen müssen.

Gegenüber einem Polizisten, der bei der Überführung des Angeklagten vom Tatort zum Revier in Uhingen dabei war, gab er an, die Tat bereits drei Wochen vorher geplant zu haben. Laut Staatsanwaltschaft sollte das Haus renoviert werden, um dort die pflegebedürftige Mutter unterzubringen. Über die Unterbringung der Mutter, die seit Mai zuerst im Krankenhaus und dann in Kurzzeitpflege war, hatte es bereits seit dem Frühsommer zwischen den insgesamt vier Brüdern immer wieder Streit gegeben.

Am Tattag trafen der jüngste, 55 Jahre alte Bruder und der zweitälteste Bruder in Schlierbach vor dem Haus auf die beiden anderen Brüder, die dort wohnten. „Als wir ankamen, stand ein Abfallcontainer vor dem Haus, was so nicht abgesprochen war“, erinnert sich der jüngste Bruder, der als Zeuge aussagt und auch Nebenkläger ist. Er beklagte, dass „sinnlos Sachen weggeworfen wurden, die nicht nur der Mutter, sondern der ganzen Familie gehörten.“ Die Brüder begannen vor dem Haus zu streiten. „Da ging es um alles aus den letzten 30 Jahren, da ist so viel hochgekommen“, so der 55-Jährige. Dabei ging es nicht nur um die Unterbringung der Mutter, sondern auch um Einkäufe, die mit der Bankkarte der Mutter getätigt wurden, während sie im Krankenhaus war. Der 55-Jährige forderte den Angeklagten auf, in dreieinhalb Stunden aus dem Haus auszuziehen. „Diese kurze Frist ist das, was mich verwundert“, so der Vorsitzende Richter, Wolfgang Tresenreiter. „Da ist Einiges zusammengekommen, bei allen Beteiligten“, vermutet er.

Nach der Auseinandersetzung fuhr der Angeklagte zum Wochenendhaus der Familie und holte dort seine Armbrust. Danach rief er den Polizeinotruf an. „Ich möchte einen Mord ankündigen, und wenn ihr nicht rechtzeitig kommt, werdet ihr nur noch zwei Leichen finden“, erklärte er dem Beamten. „Ich knalle sie ab“, fügte er noch hinzu.

Vor Ort soll der Angeklagte den 55-Jährigen und auch seinen 60-jährigen Bruder mit vorgehaltener Armbrust aufgefordert haben, das Grundstück zu verlassen. Der 60-Jährige ging hinter dem Schuttcontainer in Deckung. Der jüngste Bruder floh ins Haus und versuchte, die Keller- und die Haustür zu schließen. Dort traf er auf den Angeklagten, der die Armbrust im Anschlag hatte und bereits in der Haustür stand. Dem 55-Jährigen gelang es noch, die Tür zur Wohnung zu schließen. „Ich drückte von innen zu und mein Bruder von außen dagegen“, erinnert er sich. Dann schoss der Angeklagte mit der Armbrust durch die Glasscheibe und traf seinen Bruder an der linken Seite des Oberkörpers. Der 55-Jährige hat dabei unter anderem ein Hämatom und Hautabschürfungen erlitten. Nach dem Schuss gelang es ihm, den 59-Jährigen in den Würgegriff zu nehmen.

Vor Gericht bestritt der Angeklagte nun, dass er seinen Bruder hätte töten wollen. „Ich wollte ihn nicht umringen, ich wollte ihn nur erschrecken und ihm zeigen, dass ich mir nicht mehr alles gefallen lasse.“ Bei dem Prozess  schilderte er die Konflikte, die er vor allem mit einem seiner Brüder hatte. „Der hat immer gemeint, er muss den Big Boss spielen und uns schikanieren.“ Sowohl sein Bruder als auch eine Freundin beschreiben den Angeklagten als gutmütigen und hilfsbereiten Menschen. „Aber wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, zieht er das auch durch, egal was passiert“, so der Bruder.

Mit dem Urteil wird am 10. März gerechnet. Birgit Rexer