Gewinn durch Verzicht? – Die Grundidee der Fastenzeit gefällt vielen
Fasten nur weil‘s im Kalender steht?

Saftiger Zwiebelrostbraten, ein beruhigendes Feierabendbierchen, eine zart schmelzende ­Nugatpraline – wer lässt sich nicht gern ab und zu verführen? Die „Fastenzeit“ hat gerade begonnen. Einige Kirchheimer wollen sechs Wochen lang standhaft bleiben. Andere halten nichts vom Verzicht nach Kalender, wie eine Zufalls­befragung des Teckboten ergab.

Kirchheim. In der katholischen Kirche hat die klassische Fastenzeit am Aschermittwoch begonnen. Sie erstreckt sich über 40 Tage bis Ostern. Hat Fasten heute noch etwas mit Religion zutun? Ja, dieser Meinung ist Sigrid Höhn aus Dettingen. Sie als evangelische Christin steht nicht hinter der katholischen Tradition. Deshalb hat sie auch noch nie gefastet und hat auch nicht vor, das dieses Jahr zu ändern. „Außerdem ist mir das zu stressig“, fügt sie mit einem Lachen hinzu.

Auch Friedrich Schiller aus Kirchheim nimmt die Fastenzeit nicht beim Wort. „Warum sollte ich das machen?“, fragt er irritiert. Er versuche ohnehin das ganze Jahr über auf alles Überflüssige zu verzichten und bescheiden zu leben. Dafür braucht er keinen speziellen Anlass. Darum hat Fasten für ihn auch keine Tradition, die es zu wahren gilt.

Ähnlich geht es Helmut Beisswenger. Den Grundgedanken, auf Luxus und lieb gewonnene Gewohnheiten zu verzichten, kann der „reingeschmeckte“ Kirchheimer gut nachvollziehen. Allerdings nicht „befehlsmäßig, nur weil‘s im Kalender steht“, schmunzelt er. Gar nicht gefalle ihm, wenn man fastet, um abzunehmen. Den „Magerwahn“ lehnt er nämlich grundsätzlich ab und empört sich darüber.

Nicht aufs Abnehmen, sondern auf etwas ganz anderes kam es Jochen Gere an. Er hat vor einiger Zeit gute Erfolge beim Heilfasten mit Entschlacken erzielt. Für ihn war das eine durchweg gute Erfahrung. Für dieses Jahr hat sich der Dettinger trotzdem keine Wiederholung des Heilfastens vorgenommen. Fasten hat für ihn persönlich keine Tradition – „Jeder soll es halten, wie er will“.

Ebenfalls gute Erfahrungen hat Inge Lindner vor zwei Jahren gemacht. Man fühle sich „schon leichter“, wenn man das Fasten tatsächlich durchgehalten hat. Trotzdem will sie dieses Jahr nicht so entschlossen an die Sache rangehen. Sie hat Verständnis für jeden, der die Gelegenheit nutzt, sich beim Essen etwas zurückzuhalten. Gerade in der üppigen Weihnachtszeit hat schließlich jeder gern vom Plätzchenteller genascht.

Ganz konsequent geht dagegen Elke Rödig aus Erkenbrechtsweiler an den Verzicht von Süßigkeiten heran, und das nicht nur zwischen Aschermittwoch und Ostern: Sie hat schon einmal erfolgreich gefastet und sieben Kilo abgenommen. Dann stellte sie ihre kompletten Ernährungsgewohnheiten dauerhaft um. Deshalb wird sich in der Fastenzeit nichts für sie ändern.

Hoch motiviert ist auch der junge Dimitri V. aus Kirchheim. Er hat sich ganz fest vorgenommen, 40 Tage lang auf Fleisch und Süßigkeiten zu verzichten. Falls er das gut durchhält, kann er sich auch vorstellen, dauerhaft daran festzuhalten. Das wird ihm gewiss nicht leichtfallen, meint er mit Zweifeln in der Stimme.

Für Motivierte wie ihn bringt Michael Ruf aus Wolfschlugen viel Bewunderung auf. „Nachdem man es sich an den Feiertagen gut gehen lassen hat, finde ich es toll, wenn man auch mal gezielt auf Süßes verzichtet“, sagt er. Gerade in der heutigen, schnelllebigen Zeit sei Fasten etwas Erstrebenswertes. „Bewusst auf etwas verzichten – wann macht man das schon noch?“, fragt er nachdenklich und zieht deswegen auch in Erwägung, mitzufasten. „Aber wenn, dann richtig“, schmunzelt er.

Rosmarie Burgsmüller hat sogar schon vor dem regulären Beginn der Fastenzeit angefangen, auf Süßigkeiten zu verzichten. Vor allem von Schokolade könne sie nur schwer die Finger lassen, gesteht sie. „Ich bin ziemlich süß ausgerichtet“, sagt sie von sich selbst. Deshalb ist sie sich auch nicht sicher, ob sie bis Ostern durchhält – aber der gute Wille zählt. Außerdem esse sie dafür von Natur aus wenig Fleisch.