Vollbeschäftigung, prall gefüllte Auftragsbücher in den Firmen und eine sprudelnde Steuerquelle - der letzte Kreishaushalt vor den Kommunalwahlen im kommenden Jahr ist das dreizehnte Zahlenwerk von Kreiskämmerin Monika Dostal und beileibe keines, das bei aller Symbolik von großem Unglück kündete. Der Kreis kann sich bei Investitionen in Berufsschulen, Nahverkehr und die Modernisierung seiner Verwaltung auf Steuermittel in Rekordhöhe stützen. Um zehn Millionen Euro wuchsen allein die Mittel aus der Kreisumlage, obwohl der Anteil der 44 Städte und Gemeinden mit 30,7 Punkten prozentual gleich blieb. Dass es angesichts der guten Konjunktur zu keiner Senkung kam, liegt an der angespannten Kassenlage. Dort fehlen aus dem vergangenen Jahr noch immer 20 Millionen Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen, die vom Land zugesagt sind.
17,3 Millionen Euro gibt der Kreis 2019 für Sanierung und Bau von Schulen in Esslingen, Nürtingen und Ruit, allen voran die nächste Rate für den Neubau der Nürtinger Albert-Schäffle-Schule aus, die 9,4 Millionen verschlingt. 8,2 Millionen Euro fließen in den Erhalt von Kreisstraßen und den öffentlichen Nahverkehr, wo mit der Tarifreform im VVS in diesem Jahr der Grundstein für billigere Ticketpreise ab dem Frühjahr gelegt wurde.
Klingt nach sorgenfreiem Wirtschaften - ist es aber nicht. Dass es trotz boomender Konjunktur immer mehr Verlierer gibt, bekommt der Kreis besonders zu spüren. Als Aufgabenträger für eine Vielzahl sozialer Hilfen steht er in der Pflicht. Die Kosten dafür schießen seit Jahren durch die Decke, der Sozialetat verschlingt 99 Prozent der Kreisumlage, die wichtigste Einnahmequelle ist. Esslingens Landrat Heinz Eininger sorgt sich deshalb um den „Kitt“ in der Gesellschaft, in der sich immer mehr Menschen den politischen Rändern zuwendeten. Den Zusammenhalt zu wahren, sei „das Megathema der nächsten Jahre“, betonte Eininger in seiner Haushaltsrede.
Aus seiner Warte wird dieses Bemühen im Etat deutlich sichtbar. Der neu aufgelegte Integrationsplan für Zuwanderer mit Bleiberecht, verbesserte Angebote in Berufsschulen und sonderpädagogischen Einrichtungen sind Eckpunkte. In Zusammenarbeit mit Jobcenter und Arbeitsagentur ist auch erstmals eine Förderung der Jugendberufshilfe für benachteiligte und schwer zu erreichende Jugendliche in Höhe von mehr als 280 000 Euro vorgesehen.
Die wirtschaftlichen Zeiten sind gut, die Vorhaben entsprechend groß. An seinen Schulen hat der Kreis zuletzt teure Bauvorhaben angepackt und die Tür ins digitale Zeitalter aufgestoßen. Was als Nächstes bevorsteht, hat eine ganz andere Dimension: Der Neubau des Landratsamtes an den Standorten in Plochingen und Esslingen soll nach derzeitigem Stand 155 Millionen Euro verschlingen. Insgesamt geht die Verwaltung bis 2025 von Investitionen in Höhe einer Viertelmilliarde Euro aus. Das bedeutet neue Schulden. Schon 2019 weicht man vom Sparkurs der vergangenen vier Jahre ab. Zum ersten Mal steigt die Gesamtverschuldung wieder: um 13,7 Millionen auf 173 Millionen Euro - dem Stand von vor zwei Jahren.
Schuldengrenze erreicht
Die Freien Wähler als stärkste Kraft im Parlament schlagen bereits Alarm. Angesichts der vom Regierungspräsidium festgelegten Schuldengrenze, die bei 170 Millionen Euro liegt, müsse man über eine Finanzierungsstrategie sprechen, kündigte Fraktionschef Bernhard Richter an. Was mögliche Kostensteigerungen beim Verwaltungsneubau betrifft, meint Richter: „Das mag ich mir bei diesem Projekt gar nicht vorstellen.“