Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatte Kommandant Peter Flamm seinen Rücktritt erklärt; wenige Tage später taten es ihm seine drei Stellvertreter gleich. Mit Blick auf die anstehende Mediation ließen die vier Feuerwehrleute ihre Rücktrittsgesuche zunächst ruhen. Doch nachdem die Vermittlungsversuche für gescheitert erklärt und Mediator Matthias Berg gefeuert wurde (wir berichteten), nahmen sie ihre Anträge auf Abberufung wieder auf. In dieser Woche musste der Gemeinderat über die Rücktrittsgesuche von Flamm und seinen Stellvertretern Christian Wahl, Johannes Milkau und Markus Wezel entscheiden.
Es ist ein neuer Tiefpunkt in Sachen Feuerwehr erreicht.
Jörg Harrer, Stadtrat
Doch bevor es zur Abstimmung ging, musste geklärt werden, ob Christian Wahl befangen ist oder nicht. Wahl ist nicht nur stellvertretender Feuerwehrkommandant, sondern auch Stadtrat (FUW) und dürfte als solcher also über seinen eigenen Rücktritt mitentscheiden.Pia Schwarz (CDU/BLA) wies auf die Befangenheit hin. Wahl wiederum gab zu bedenken, dass er nur ehrenamtlich als Feuerwehrmann tätig sei und ein Gremiumsmitglied nicht wegen einer ehrenamtlichen Tätigkeit von Abstimmungen ausgeschlossen werden darf.
Der Gemeinderat hatte also zunächst darüber zu entscheiden, ob Wahl seine Stimme abgeben darf oder nicht. Dafür wurden alle Zuschauer aus dem Saal geschickt, denn über die Befangenheit eines Stadtrats dürfe nur in nicht-öffentlicher Sitzung entschieden werden, so Bürgermeister Sebastian Kurz. Nach wenigen Minuten war klar: Wahl darf an der Abstimmung teilnehmen. „Das Gremium hat Christian Wahl mehrheitlich für nicht befangen erklärt“, so Kurz.
Vor der Abstimmung über die Rücktrittsgesuche herrschte betretenes Schweigen im Saal. „Wird direkt abgestimmt, ohne Aussprache?“, ergriff Stadtrat Jörg Harrer das Wort und drückte sein Bedauern über die gescheiterte Mediation aus. „Ich hätte mir gewünscht, dass es zu Ende gebracht wird.“ Dann gab auch Wahl eine Stellungnahme ab: „Ich hätte mir gewünscht, dass wir dem Gemeinderat eine Idee aus der Mediation vorstellen können.“ Er und seine Feuerwehrkollegen seien sich einig gewesen, ihre Rücktritte ruhen zu lassen, solange die Mediation läuft. „Leider hatte die Mediation keinen Erfolg. Jetzt ist für uns ein Schlusspunkt erreicht“, so Wahl. Einen anderen Ausweg als den Rücktritt der gesamten Führungsspitze sehe er nicht. „Es sind Aussagen gefallen und auch in der Zeitung geschrieben worden, die mit dem Ehrenamt nicht mehr vereinbar sind.“
Vor knapp einem Jahr hatte zunächst Flamm seinen Rücktritt verkündet. In einem internen Schreiben an seine Kameraden begründete er den Schritt mit andauernden Konflikten zwischen Feuerwehr und Stadtverwaltung. Doch lief gegen den Kommandanten damals auch ein Amtsenthebungsverfahren. Verschiedene Vorwürfe stünden im Raum; näher wollten sich weder Verwaltung noch Feuerwehr damals äußern. Im August dieses Jahres warf Bürgermeister Kurz Flamm öffentlich vor, unautorisierte Beschaffungen getätigt und Rechnungen nachträglich geändert zu haben.
Flamm war der sechste Kommandant in elf Jahren in Aichtal. Wenige Tage nach dessen Rücktritt hatten dessen Stellvertreter dem Bürgermeister in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass sie die Verantwortung für die Feuerwehr ebenfalls nicht mehr tragen könnten. Hauptgrund für die jahrelangen Streitigkeiten zwischen Feuerwehr und Stadtverwaltung ist die geplante Fusion der drei Abteilungen, die von einem Teil der Feuerwehr abgelehnt wird.
Stadt gerät unter Zeitdruck
Führungslos sind die drei Abteilungen nach dem Rücktritt aber nicht; die drei Stellvertreter bleiben Kommandanten in ihren jeweiligen Stadtteilen. Laut Aichtaler Feuerwehrsatzung müssen der Kommandant und dessen Stellvertreter auch im Falle ihres vorzeitigen Ausscheidens ihre Ämter bis zum Dienstantritt eines Nachfolgers weiterführen. Dennoch gerät die Stadtverwaltung nun unter Zeitdruck. Denn das Feuerwehrgesetz in Baden-Württemberg gibt vor, dass innerhalb von drei Monaten ein neuer Kommandant ernannt werden muss. Sollte keine Neuwahl zustande kommen, muss der Gemeinderat einen kommissarischen Feuerwehrkommandanten oder Stellvertreter wählen.
Die Suche nach einem neuen Feuerwehrchef dürfte nicht leicht werden.