Zwischen Neckar und Alb
Firmen bremsen bei Azubis

Arbeitsmarkt Einen Fachkräftemangel befürchtet die IG Metall, weil Unternehmen nicht mehr ausbilden wollen.

Region. Die Geschäftsleitung der Firma Nagel Maschinen- und Werkzeugfabrik in Zizishausen hat angekündigt, 2020 keine neuen Auszubildenden einstellen zu wollen. Es bestehe kein Bedarf, teilte die Geschäftsleitung per Aushang mit. Bisher wurden jährlich immer circa neun Auszubildende eingestellt. Die Ankündigung der Geschäftsleitung klingt nach Ansicht der IG Metall absurd, wenn man an die Dauerdebatte um den Fachkräftemangel denke. Im Geschäftsbericht des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall ist für 2019 von einer Lücke von bundesweit 311 000 Fachkräften in technischen Berufen die Rede. Weiter heißt es dort, dass davon „140 000 allein duale Auszubildende“ sind. „Diese Lücke dürfte sich in den nächsten Jahren noch vergrößern, wenn die Verrentungswelle der Babyboomer ihre Wirkung zeigt“, sagt Max Czipf von der IG Metall Esslingen in einer Pressemitteilung. „Dann stehen die Betriebe ohne erfahrene Fachkräfte da. Manche Unternehmen werden sogar schließen müssen, wenn sie jetzt nicht ausbilden.“

Man muss langfristig planen

Die Strategie, die Ausbildungszahlen von der Konjunktur abhängig zu machen, sei zu kurz gedacht, urteilt der Gewerkschaftssekretär. „Auch wenn im Moment einige Unternehmen mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, müssen sie an die Zukunft denken.“ In der letzten Krise hätten die Betriebe die Folgen einer kurzsichtigen Personalplanung teuer bezahlt. „Damals wurde zu wenig ausgebildet, heute fehlen die Fachleute“, stellt Czipf fest. Eine Ausbildung dauere in der Regel drei Jahre. „Auszubildende stehen daher nicht morgen als fertige Fachkräfte in der Werkstatt, sondern dann, wenn die Konjunktur wieder anzieht. Eine Ausbildung ist eine langfristige Investition.“

Angesichts der Digitalisierung seien die Betriebe gut beraten, sich Gedanken zu machen, welche Ausbildungsberufe in Zukunft benötigt werden. Es entstünden neue Berufe, für die die Fachkräfte heute ausgebildet werden müssen. Gerade Nagel als Hersteller für Honmaschinen täte gut daran, sich jetzt auf die Zukunft vorzubereiten, mahnt Czipf, denn Honmaschinen für die Bearbeitung von Verbrennungsmotoren sind bekanntlich ein Auslaufmodell.

Aber Nagel ist nicht allein, auch andere Betriebe wie Festo reden darüber, Ausbildungszahlen zu reduzieren. Auch hier gilt aus Sicht der IG Metall: Wer die Ausbildungszahlen vom Konjunkturzyklus abhängig macht, ärgert sich spätestens, wenn die Wirtschaft wieder anzieht. Deshalb ist Max Czipf auch überzeugt: „Langfristig gilt: Wer jetzt nicht ausbildet, gefährdet das eigene Unternehmen und die Zukunft.“ pm