Begonnen mit dem „versteinerten Schlamm, der 157 Millionen Jahre alten Schicht Weißjura“ und geendet mit Kolkraben, Wanderfalken, Uhus sowie einem Vogel namens „Eagle II“. So nannte der Astronaut Neil Armstrong, der erste Mann auf dem Mond, sein privates Segelflugzeug, das von der Firma Glasflügel aus Schlattstall stammte. „1970 hat ihm Eugen Hänle das Flugzeug in Marfa, Texas, offiziell übergeben“, erzählte Ulrich Jaudas am Schluss seiner kurzweiligen und spannenden Ortsbegehung.







Zu Beginn erfahren die Gäste, dass die 168-Seelen-Gemeinde Schlattstall nichts mit der „Behausung fürs Vieh zu tun hat, sondern eigentlich „Schlatts-Tal“ heißt, was feuchtes, wasserreiches Tal bedeutet.“ Weiter geht’s, diesmal streift der Blick zum Rathaus, in dem sich einst der Bürgermeister den oberen Stock mit dem Gemeindegefängnis teilte. Darunter befand sich die Schule. Seit 1820 unterrichtete im Ort ein eigener Lehrer, 16 Jahre später wurde ein Schulhaus gebaut. Zum ersten Mal schriftlich erwähnt wurde Schlattstall anno 1384. Zahlen und Fakten nennt der bestens vorbereitete Ortsführer aus dem Jahr 1840: „Laut Oberamtsbeschreibung gab es neun Pferde, in Bezug auf die Einwohnerzahl doppelt so viele wie im Durchschnitt des Oberamtes Kirchheim.“ Die Tiere standen im Dienst der Mühlen, so musste „bei Bergfahrten mit dem gemahlenen Getreide vorgespannt und vierspännig gefahren werden“, verriet Ulrich Jaudas die Pflicht des Müllers, die im Mahllohn inbegriffen war.
Wiege von Baden-Württemberg
Nächster Stop ist bei einem Fachwerkhaus von 1730, „möglicherweise das älteste Gebäude von Schlattstall“, in dem der Wanderschäfer Oskar Rock wohnte. Mit Blick nach Norden zu den „Kartoffeläckern“ am Steilhang ging es gedanklich wieder zurück ins Jahr 1840. „Es gab fünf Mühlen, je zwei für Getreide und Öl sowie eine für Gips. In 36 Häusern lebten 267 Einwohner mit 45 Kühen, 24 Geißen, aber nur einem Stier, vermutlich ein Deckfarre“, zählte Ulrich Jaudas auf, wobei ein Teilnehmer gleich feststellt: „Das sind ja 100 Leute weniger als jetzt?!“ Gut aufgepasst, die Gruppe hörte konzentriert zu, auch deshalb, weil der 74-Jährige unheimlich viel zu erzählen hatte. Unter anderem vom „Schlattstaller Geheimtreffen am 21. Juni 1949“, bei dem der „selbst gekelterte Wein des Hirschwirts Gottlob Steudle“ eine tragende Rolle zugunsten Reinhold Maiers spielte. Am 25. April 1952 wurde dieser zum Ministerpräsidenten des neu gebildeten Bundeslandes Baden-Württemberg gewählt, Ulrich Jaudas schiebt zur Erheiterung aller Anwesenden nach: „Sein Konkurrent Gebhard Müller hat sich Zeit seines Lebens, bis 1990, bitter beklagt, dass Reinhold Maier ihn bei diesen Verhandlungen über den Tisch gezogen habe. Mit Fug und Recht kann Schlattstall somit als Wiege des Landes Baden-Württemberg bezeichnet werden.“
Die Stunde verging wie im Fluge, inzwischen war der Fleckenhock gut besucht, sogar die Sonne kam kurz heraus. „Unser Plan waren 500 Holzofenbrote fürs Fest“, verriet Simone Kuhn vom etwa 45-köpfigen Helferteam und ergänzte: „Die Vorbereitungen laufen schon seit Februar, in einer Gemeinschaftsaktion wurden die Krähle (Anmerkung der Redaktion: Reisig-Büschel) für den Holzbackofen gesammelt und gebunden.

