Für eine Besteuerung von Kerosin macht sich Andreas Schwarz stark. Das sieht der Fraktionschef der Grünen im Landtag anders als die Stuttgarter Flughafenchefs Arina Freitag und Walter Schoefer. Flug- und Bahntickets müssten die Auswirkungen auf das Klima stärker abbilden. Im Aufsichtsrat des Flughafens kämpft Schwarz dafür, die lärmabhängigen Entgelte noch stärker zu erhöhen. So will er die betroffenen Anwohner entlasten.
Klimaschutz ist in aller Munde. Andererseits schreibt der Flughafen Stuttgart wieder Rekordzahlen. Das stößt bei vielen auf Kritik. Wie sehen Sie als Fraktionschef der Grünen im Landtag und als Mitglied des Flughafen-Aufsichtsrats dieses Spannungsfeld?
Andreas Schwarz: Das ist natürlich ein Spannungsfeld. Deshalb werben wir dafür, dass die Preise fürs Fliegen wie auch für Bahntickets die Auswirkungen auf die Umwelt und unser Klima deutlich abbilden. Das Lösungsinstrument für uns ist ein CO2 -Preis. Das bedeutet, dass derjenige, der die Umwelt mehr belastet, auch mehr zahlen soll. Wer sich ökologischer verhält, zahlt einen geringeren Preis. Dann würde die alte Welt, zu der Kohle, Benzin und Kerosin gehören, die neue Welt mit Schienenverkehr, Bus oder Elektromobilität finanzieren. Zu den neuen Entwicklungen gehören ja auch Brennstoffzellenflugzeuge. Wer mit dem Flieger am Freitag übers Wochenende nach Malle reist, zahlt mehr. Wer dagegen mit der Bahn in Urlaub fährt, zahlt weniger, weil wir zum Beispiel die Mehrwertsteuer für Bahntickets reduzieren können. Ein CO2-Preis wäre da ein marktwirtschaftliches Steuerungsinstrument.
Die Direktoren des Stuttgarter Flughafens halten Kurzstreckenflüge, etwa zu den Drehkreuzen in Frankfurt und München, für unverzichtbar. Wie stehen Sie dazu?
Schwarz: Innerhalb Deutschlands ist es möglich, mit der Bahn zu fahren. Und über die Preise lässt sich die Nachfrage auch so steuern, dass immer mehr Reisende allein aus finanziellen Gründen umsteigen. Das Fliegen muss die ökologischen Auswirkungen abbilden und daher teurer werden. Wir setzen darauf, dass wir mit einer CO2-Steuer eine klare Lenkungswirkung erzielen - weg vom Fliegen, hin zur Bahn.
Die Flughafenchefs haben sich gegen eine Kerosinsteuer ausgesprochen. Was halten Sie davon?
Die Besteuerung von Kerosin für Flugzeuge gehört aus Sicht der Grünen-Landtagsfraktion auf jeden Fall dazu, um die Auswirkungen des Fliegens abzubilden. Ich bin klar für den CO2-Preis und für die Kerosin-Besteuerung. Denn es ist doch absurd, dass Sie für 29 oder 39 Euro nach Mallorca fliegen können, das Bahnticket in den Schwarzwald aber 50 Euro kostet. Da ist etwas durcheinander geraten. Deshalb muss der Flugverkehr die Auswirkungen des Klimas stärker abbilden. Richtig ist, dass wir zwar immer mehr Passagiere am Stuttgarter Flughafen haben. Was aber die Flugbewegungen angeht, sind wir vom Höchststand, den wir 2006 hatten, weit entfernt. 2006 hatten wir knapp 165 000 Flugbewegungen; 2018 waren es 137 000 Flugbewegungen. Die Maschinen werden also stärker ausgelastet. Die Fluggesellschaften setzen verstärkt auf Effizienz, was ich begrüße. So gibt es weniger Starts und Landungen. Das finde ich besonders wichtig, um die Anwohner zu entlasten. Fluglärm ist auf den Fildern nach wie vor ein großes Thema.
Dass viele Menschen auf den Fildern unter dem Fluglärm leiden, ist unbestritten. Zwar gibt es einen unabhängigen Lärmschutzbeauftragten für den Flughafen, dessen Stelle im Regierungspräsidium angesiedelt ist. Viele Bürger kritisieren aber, dass er überlastet ist und bemängeln, dass zu wenig gegen den Lärm getan wird. Was planen Sie?
Wir haben auch einen Lärmschutzbeauftragten der Landesregierung, das ist der Abgeordnete Thomas Marwein. Auch an ihn können sich Bürger wenden. Außerdem sage ich zu, dass wir noch mal über die Entgeltordnung des Flughafens für laute Flugzeuge reden werden. Wir haben enorme Zuschläge für Flüge in den Abendstunden. Ab 22 Uhr beträgt der Zuschlag 100 Prozent, ab 23 Uhr sogar 200 Prozent. Und wenn jemand meint, er müsste kurz nach 0 Uhr landen, und dafür eine Ausnahmegenehmigung bekommt, zahlt er in jedem Fall 300 Prozent Aufschlag. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Außerdem haben wir lärmabhängige Start- und Landeentgelte. Die Entgelte für laute Flugzeuge müssen weiter erhöht werden. So setzen wir einen Anreiz für die Fluggesellschaften, in leiseres und in moderneres Fluggerät zu investieren. Das zahlt sich für sie schließlich auch marktwirtschaftlich aus.
Stichwort Fairport: Manche Kritiker werfen dem Flughafen vor, das sei nur ein Feigenblatt. Was haben Sie erreicht?
Es geht darum, ökologische und soziale Aspekte stärker im Flughafenbetrieb zu verankern. So haben wir das Ziel, bis 2030 die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu reduzieren. Das ist auch ein realistisches Ziel. Der Flughafen Stuttgart hat 2018 immerhin schon 32 Prozent CO2-Emissionen eingespart. Diesen Weg, zu einem ökologisch vorzeigbaren Flughafen zu werden, gehen wir weiter. Dazu gehört, dass wir alternative Treibstoffe einsetzen und deren Entwicklung fördern. Da kommen wir allerdings in einen Randbereich, weil der Flughafen ein Infrastrukturbetrieb ist - wir fliegen ja nicht selber. Wir haben den Flughafenchefs den Auftrag erteilt, die Entwicklung solcher Antriebe zu unterstützen und mit voranzutreiben. Da machen sie einen guten Job. 2016 ist ein Brennstoffzellenflugzeug in Stuttgart gelandet. Das bekommen wir diesen Herbst wohl wieder hin. Dieser Bereich muss noch sehr viel stärker erforscht werden.
Fliegen wird aber nie ganz ohne Kerosin möglich sein . . .
Als Landespolitiker habe ich das Ziel, den Bahnverkehr auszubauen. Wenn Bahn zu fahren möglichst attraktiv wird, lassen sich Reisende zum Umstieg bewegen. Wenn ich in Deutschland unterwegs bin, schaffe ich es meistens. Reisen innerhalb Europas sind oft nicht mit der Bahn zu schaffen. Für diese Fälle werben wir als Grünen-Landtagsfraktion dafür, die geflogenen Kilometer zum Beispiel bei Organisationen wie Atmosfair finanziell zu kompensieren. Und wir Grünen wollen erreichen, dass Ministerien und Behörden für dienstliche Flüge eine Klimaabgabe zahlen. Die Hochschulen wollen wir über den Hochschulfinanzierungsvertrag ebenso dazu verpflichten.
Welchen ökologischen Fußabdruck haben Sie im Urlaub hinterlassen?
Ich bin an den Bodensee mit dem Zug gefahren. In die Dolomiten habe ich das Hybrid-Auto vom Carsharing Stadtmobil benutzt. Und auf das Stilfser Joch bin ich mit dem Rennrad gefahren.