Geht es noch ein wenig tiefer? Beim Limbo-Fliegen senkte der Modellflugclub Schlierbach das Flatterband immer weiter ab, bei der letzten Runde passte gerade noch ein DIN A4-Blatt hochkant darunter. Sieben Piloten waren angetreten, um untendurch zu fliegen, dabei durfte weder das Flatterband, noch eine Stange oder der Boden berührt werden. Das war anspruchsvoller, als es aussah, und mehrfach blieb ein Flieger im Flatterband hängen. Doch meistens bewiesen die sieben Piloten, die angetreten waren, ein erstaunliches Augenmaß und eine bewundernswerte Fingerfertigkeit, bei rasantem Tempo. Wenn es einmal nicht klappte, war das beim ersten Mal nicht so schlimm, denn jeder Flieger hatte zwei Leben. Am Ende ging Pilot Jonas beim Limbo-Fliegen als Sieger hervor.
Der zweite Wettbewerb war der "Aero-Musical-Battle": Jeweils zwei Piloten traten in einer Kür zu selbst gewählter Musik gegeneinander an. Anschließend bewerteten die Zuschauer per Applaus, welcher Tanz durch die Lüfte ihnen besser gefallen hatte, dieser Applaus wurde gemessen.
Doch Sieg und Wettbewerb standen gar nicht im Zentrum des 13. Indoor-Meetings des Modellflugclubs Schlierbach. Es war ein Freundschaftsfliegen, die insgesamt rund 30 Piloten waren bis aus Bexbach im Saarland und dem bayerischen Nördlingen angereist. Jeder Pilot hatte mindestens zwei Modelle mitgebracht.
Einer der Stars war ein Modell der Taube von Ingo Etrich, die 1912 ihren Erstflug hatte. Thomas Maier hatte seinen stolzen Eigenbau im Fahrradanhänger von Wangen bei Göppingen hertransportiert. Das Modell im Maßstab 1 zu 4,6 hat eine Spannweite von 3,10 Metern. Weil es dank nur einem Millimeter dünnen Balsaholz und Kohlefaserrohren erstaunliche 1,3 Kilogramm leicht ist, durfte es in der Sporthalle Bergreute im Innern fliegen. Das Vorbild schaffte rund 80 Kilometer pro Stunde, das entspricht etwa 17 Kilometern pro Stunde beim Modell. Mit diesem Tempo war die Taube in der Halle vorbildgerecht unterwegs.
Ein ganz anderes Vorbild aus der Kreidezeit hatte das Modell des Flugsauriers Pteranodon. Bei 123 Zentimetern Spannweite wog es nur 120 Gramm. Auch bei diesem Modell war das Ziel ein vorbildgerechter Flugstil.
Flugmodelle gibt es für fast jeden Geldbeutel und für ganz verschiedene handwerkliche Begabungen. Ein einfacher Bausatz ist für rund 100 Euro zu haben. Für einen Luxusbausatz mit sechs Metern Spannweite für den Betrieb nur im Freien können aber auch 20.000 Euro fällig werden. Der Wert eines Eigenbaus, an dem der Pilot vielleicht ein halbes Jahr lang sehr intensiv arbeitet, nach eigenen Zeichnungen, ist gar nicht zu beziffern. Der Fortschritt bei den Akkus, Reglern und Motoren eröffnet immer mehr Möglichkeiten: Alle drei Komponenten wurden immer kleiner und leichter. So können die Modelle heute Flugkunststücke vollführen, die beim Vorbild unmöglich wären – selbst die Drehrichtung des Propellers kann gewechselt werden.
Aufs Gewicht kommt es so sehr an, dass selbst Klebstoff zum Problem werden kann. Je mehr ein Modell repariert und geklebt werde, desto schwerer werde es, sagt der 2. Vorstand Michael Scheible. Und Reparaturen gibt es immer wieder, Sekundenkleber und Uhu por gehören zur Standardausrüstung der Piloten. Die Wahl des Klebstoffs will gut überlegt sein: Holzleim klebt sehr stabil, ist aber schwerer als Sekundenkleber.
Der jüngste Pilot beim Treffen war sechs Jahre, aber auch Senioren waren dabei. Zwar fehlt dem Modellflugclub Schlierbach mit rund 80 Mitgliedern eine eigene Jugendarbeit – nicht wegen mangelnden Möglichkeiten, sondern mangels Interesse von Jugendlichen. Doch ist jeder Neuling oder Interessent zum spontanen Besuch auf dem Flugplatz zwischen Schlierbach und Kirchheim willkommen. „Bei schönem Wetter ist am Wochenende eigentlich immer jemand da“, sagt Michael Scheible. Denn meistens wird im Freien geflogen, nur ein paarmal im Jahr drinnen in der Halle. Im kommenden Jahr feiert der Club sein 50-jähriges Bestehen.
Für den Nachwuchs mussten es in der Sporthalle Bergreute nicht einmal Flugmodelle sein. Ein Junge genoss es, zwischendrin seinem ferngesteuerten Auto einmal so richtig rasanten Auslauf zu gönnen.