Lenninger Tal
Forscher entdecken neue Höhle

Entdeckung Forscher mit Erfahrungen aus dem Blautopf sind bei Lenningen nach einem Tauchgang auf einen 573 Meter langen Hohlraum gestoßen. Statt Tropfsteinen sehen sie aber dunkle Wände. Von Joachim Striebel

Das Wasser ist so trüb, als ob Flusspferde sich darin gesuhlt hätten. Durchpassen würden die allerdings nicht, und auftauchen wäre in diesem Abschnitt nicht möglich. Höhlentaucher Andreas Kücha berichtet von der ersten, unter Wasser liegenden Passage des Schlossbergbröllers. Der Siphon ist zwölf Meter lang. Und so eng, „dass man die Tauchflasche vor sich herschieben muss“.

Die schlechte Sicht hat der Taucher selbst durch Aufwirbeln von Sediment verursacht. Nach dem Auftauchen wird alles klar. Im Licht der Scheinwerfer bestätigt sich die Vermutung: Es ist eine Höhle. Andreas Kücha, Vorsitzender der Höhlenforschungsgruppe Ostalb-Kirchheim (HFGOK), und seine Kameraden haben die zuvor unbekannte und völlig unberührte Höhle bei Lenningen mittlerweile auf einer Länge von 573 Metern vermessen.

„Der Eingang ist schon sehr eng“, bestätigt Sven Pfeiffer, der wie Andreas Kücha als Mitglied der zur HFGOK gehörenden „Arge Blautopf“ viel Tauch-Erfahrung im Blaubeurener Blauhöhlensystem gesammelt hat. „Die Höhle weitet sich dann und wird immer größer.“ Wo ein Bach plätschert, geht es zunächst kriechend und krabbelnd und nach 300 Metern aufrecht weiter.

Im Rahmen der von den Behörden genehmigten Forschung haben die Männer schon bei einer der ersten Touren eine Strecke von 400 Metern zurückgelegt. „Das ist auf der Schwäbischen Alb selten“, sagt Kücha.

Der Hauptgang weitet sich zu einem größeren Raum, rund 20 auf zehn Meter groß und zehn Meter hoch. Die Forscher nennen ihn „Schlossbergsaal“. „Da könnte man eine Party feiern“, sagt Andreas Kücha. Gäste könnten allerdings nur die spezialisierten und mit Genehmigung ausgestatteten Höhlentaucher sein. Zudem fehlt der für viele Alb-Höhlen typische Tropfsteinschmuck. Das mag daran liegen, dass der Bröller manchmal bis zur Decke Wasser führt. Sogenannte Fließfacetten und große Kolke weisen darauf hin, dass es immer wieder Verwirbelungen gibt mit Sand und Stein. Wie Sven Pfeiffer berichtet, sind die Höhlenwände mal brüchig, mal fest, mal ausgewaschen.

Die große Besonderheit des Schlossbergbröllers sind die schwarzen Wände. Die Forscher sprechen von einer Manganschicht mit Moorwasser. Ein höher liegendes Moorgebiet entwässert über die Höhle. Trotz der Verfärbung schwärmt Andreas Kücha von „wunderschönen Formationen“. Am meisten angetan hat es ihm die „Newtonstütze“, ein kleines Türmchen zwischen Boden und Deckenvorsprung, das aussieht, als ob jemand einen Steinbrocken auf den anderen gesetzt hätte. War doch schon jemand vor der Forschungsgruppe Ostalb-Kirchheim da?

Geringe Fließgeschwindigkeit

Auch andere Geheimnisse gibt es in der neuen Höhle bei Lenningen noch zu lüften. Etwa das, was nach einem zweiten Siphon am derzeitigen Forschungsende kommt. Die Unterwasserpassage ist wieder verdammt eng. „Wir prüfen, ob man da tauchen kann oder nicht“, sagt Andreas Kücha. Einen ersten Versuch mit einer Tauchflasche samt montierter Lampe voraus hat er abgebrochen. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers war zu gering. Wenn die Höhlentaucher Schlamm aufwühlen wie die Flusspferde, sollte eine stärkere Strömung herrschen, damit unter Wasser rasch für klare Sicht gesorgt werden kann.