Freifunk hat schon mehrere Flüchtlingsunterkünfte im Raum Stuttgart ausgestattet – Steckt da drin auch ein wenig eigenes Herzblut?
THOMAS RENGER: Wir finden es wichtig, dass alle Leute mit Internet versorgt sind. Die Flüchtlingsunterkünfte sind ein guter Anfang. Viele Flüchtlinge können sich tatsächlich keinen eigenen Zugang leisten. In den Facebook-Kommentaren wird darüber oft Unmut geäußert. Nach dem Motto: Warum kriegen die das und wir nicht? Aber das stimmt nicht: Wir machen das für alle, die wollen.
. . . weil Internetzugang ein Grundbedürfnis ist?
RENGER: Der Internetzugang ist heute definitiv eine wichtige Versorgungsaufgabe – vergleichbar mit Wasser oder Elektrizität. Das klappt nicht so richtig, wenn man sie gewinnorientierten Konzernen überlässt. Viele Städte wollen jetzt flächendeckendes WLAN einführen, doch meistens muss man dort seine Daten angeben und kurz darauf ist das Volumenlimit abgelaufen. Wer weiter surfen will, muss einen Vertrag mit dem Anbieter abschließen – die müssen schließlich auch ihr Brot verdienen. Dabei ist genug Internet für alle da.
Und das wollen Sie für jedermann kostenlos zugängig machen?
RENGER: Ja, die Idee dahinter ist es, ein großes, erstmal vom Internet unabhängiges Netzwerk aus WLAN-Routern aufzubauen, die in direkter Umgebung sind und untereinander kommunizieren können. In Berlin gibt es schon Gegenden, wo sich die Router „sehen“ können und Passanten Zugriff auf ein großes, zusammenhängendes Netz haben. In Stuttgart muss man noch gezielt danach suchen. Wenn man so ein Netz erstmal aufgebaut hat, kann dort im zweiten Schritt jeder ganz einfach ins Internet.
Wie entsteht dieses Netz?
RENGER: Die Router werden meist von Privatpersonen in Eigenregie aufgebaut und anderen zur freien Verfügung gestellt. Wer ein Teil vom Freifunk-Netzwerk werden will, muss sich einfach ein entsprechendes Gerät zulegen und unsere Software runterladen. Wir kommen auch gerne zu Besuch, wenn es Probleme bei der Installation gibt. Unser Traum ist, dass es Freifunk irgendwann überall gibt. Der Vorteil bei dem System ist, dass durch die Vernetzung egal ist, wenn eine Verbindung zum Internet mal ausfällt. Hauptsache ist, dass genügend andere funktionieren.
Das klingt alles schön und gut, aber gibt es mit dem Projekt keine rechtlichen Probleme?
RENGER: Überhaupt nicht. Erst mal sind die Privatpersonen oder Restaurants, die die Router anbieten, vollkommen aus dem Schneider, weil der Verkehr auf unsere Server umgeleitet wird. Das heißt, in den IP-Adressen tauchen die privaten Anschlüsse gar nicht mehr auf. Wenn jemand in unserem Netz etwas Illegales macht, sind wir selbst in der Verantwortung. Wir unterstützen dann die Behörden im Rahmen unserer technischen Möglichkeiten. Was wir allerdings nicht tun, und zum Glück auch noch nicht tun müssen, ist Daten auf Vorrat zu speichern.
Zurück zum Fall der Flüchtlingsunterkünfte: Wie kommen die Router in die Unterkünfte?
RENGER: In Stuttgart und Umgebung haben wir schon sechs Heime versorgt. Die Geräte für das Projekt werden zum Beispiel durch Spenden vom Freundeskreis der Unterkünfte finanziert, aber den Rest erledigen wir. Schwierig ist es manchmal, einen Internetanschluss zu finden – den gibt es nämlich nicht überall. Oft beteiligen sich dann Nachbarn und teilen ihr eigenes Netzwerk von zu Hause.