Schon seit vielen Jahren kümmert sich der Esslinger Tierschutzverein um verwilderte und herrenlose Katzen. Doch trotz routinemäßiger Kastration der aufgefundenen Tiere geht die Anzahl wild lebender Katzen im Stadtgebiet Esslingens nicht zurück. Das wäre aus Sicht des Vereins und der Stadtverwaltung aber wünschenswert. Mit einer Katzenschutzverordnung will man deshalb nun für eine bessere Kontrolle der Population sorgen.
Der Esslinger Tierschutzverein füttert bereits seit Langem herrenlose Katzen an Futterstellen an, damit sie eingefangen, kastriert und medizinisch versorgt werden können. Doch trotz der konsequenten Versorgung und Kastration der wild lebenden Katzen sei kein spürbarer Rückgang der Anzahl verwilderter Katzen in Esslingen zu verzeichnen, heißt es aus dem Rathaus. Zumal sich die Tiere schnell fortpflanzten: Im Normalfall könne eine gesunde Katze pro Jahr bis zu zwölf Katzenwelpen bekommen, die ihrerseits ab dem fünften Lebensmonat fortpflanzungsfähig seien. Innerhalb von nur drei Jahren könne eine Katze zusammen mit ihren Nachkommen also für mehr als 400 zusätzliche Katzen sorgen.
Herrenlose Katzen sind häufiger krank
Mit einer Katzenschutzverordnung will die Stadt nun die Katzenpopulation in Esslingen kontrollieren und so auch vorbeugenden Tierschutz betreiben. Damit ist Esslingen eine der wenigen Städte in der Region, die ein solches Regelwerk einführen wollen. Kernpunkte der Verordnung sind eine Kastrationspflicht sowie die Pflicht zur Registrierung und Kennzeichnung von frei laufenden Katzen. Damit bleibe vielen Tieren Schmerz und Leid erspart. Denn die Lebenserwartung von Katzen ohne menschliche Betreuung und medizinische Versorgung sei erheblich geringer als die von Katzen in menschlicher Obhut, so die Stadt. Krankheiten wie Katzenschnupfen träten signifikant häufiger auf, auch der Anteil an unterernährten Katzen sei bei herrenlosen Tieren deutlich höher.
Außerdem werde durch die Katzenschutzverordnung das Tierheim entlastet, man sorge für Rechtssicherheit im Umgang mit frei lebenden Katzen und die Kosten für die medizinische Behandlung von Tieren sänken. Immerhin habe die Stadt in den Jahren von 2019 bis 2023 insgesamt rund 11 500 Euro für die medizinische Behandlung und Kastration von Katzen bezahlt – und gehe davon aus, dass die Kosten in den kommenden Jahren wegen der neuen Gebührenordnung für Tierärzte spürbar ansteigen werden. Ein positiver Nebeneffekt der Verordnung sei zudem ein besserer Schutz für Singvögel, Kleinsäuger und Reptilien, deren Bestände teilweise bedroht seien, weil sie von wild lebenden Katzen gejagt und erbeutet würden.
Den Anstoß für die neue Verordnung hatte ein Antrag der Grünen gegeben. Sie hatten nach eigenen Angaben in Abstimmung mit dem Tierschutzverein eine solche Verordnung gefordert, um den Schutz für Katzen, aber auch für Singvögel und Reptilien zu erhöhen. „Wir haben den Antrag mit dem Tierschutzverein abgestimmt und wurden mit offenen Armen empfangen“, berichtete Carmen Tittel, Fraktionschefin der Grünen, im jüngsten Verwaltungsausschuss. Die jetzt präsentierte Verordnung sei „wirklich gut für die Freigänger und die Natur“. Das befand auch Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar und erklärte: „Es gibt nur wenige Kommunen, die das so machen – wir können als Vorbild für andere Kommunen dienen.“ Selbst wenn nur die Hälfte der herrenlosen Katzen registriert werde, sei das ein Fortschritt. Denn derzeit bleiben aufgegriffene Katzen oft lange im Tierheim, ohne kastriert werden zu können, weil ihre Halter nicht zu ermitteln seien. Bei der begrenzten Zahl an Plätzen im Tierheim sei aber jeder frei werdende Platz wichtig.
Beim Veterinäramt des Landkreises Esslingen begrüßt man die neue Verordnung. Denn die Populationen von verwilderten Hauskatzen stellten bundesweit ein erhebliches Problem in den Bereichen Tier- und Artenschutz dar, heißt es in einer Stellungnahme des Amtes. Verwilderte Katzen seien aufgrund ihrer Unterversorgung von zahlreichen Erkrankungen bedroht, vor allem der Katzenschnupfen verursache erhebliches Tierleid. Gleichzeitig seien verwilderte Hauskatzen oft hervorragende Jäger, denen viele Kleintiere zum Opfer fielen. Naturschutzverbände gingen von mehreren hundert Millionen Beutetieren pro Jahr aus. Vor diesem Hintergrund begrüße das Veterinäramt den Erlass von Katzenschutzverordnungen durch Gemeinden, die ein entsprechendes Problem identifiziert haben, heißt es in der Stellungnahme.
Neue Vorgaben für frei laufende Katzen
Esslingen: Die Katzenschutzverordnung in Esslingen soll sowohl für herrenlose Katzen als auch für sogenannte Freigänger-Katzen gelten, die bei Menschen leben, aber draußen frei herumlaufen können. Für sie gilt künftig eine Pflicht zur Kastration, Registrierung und Kennzeichnung. Das soll auch ermöglichen, entlaufene Tiere schnell an ihre Halter zurückzugeben.
Umgebung: Esslingen ist eine der wenigen Städte im Umkreis, die bald eine Katzenschutzverordnung hat. In vielen anderen größeren Städten im Kreis sieht man keine Notwendigkeit für eine solche Verordnung. In Nürtingen etwa ist der Erlass einer solchen Verordnung kein Thema, da nicht bekannt sei, dass es ein Problem mit streunenden, verwahrlosten Tieren gebe, heißt es aus dem Rathaus. In Ostfildern ist derzeit ebenfalls keine Katzenschutzverordnung geplant. In Leinfelden-Echterdingen und Filderstadt verweist man auf eine sogenannte Fundtiervereinbarung, die man zusammen mit Aichtal mit dem Tierheim geschlossen habe. Dieses kümmere sich gegen eine Entschädigung um Fundkatzen, versorge diese und vermittele sie weiter. Derzeit sehe man keine rechtliche Grundlage für die Einführung einer Katzenschutzverordnung. ez