Fast jeder kennt Sie als „Buffy“ – woher kommt der Name eigentlich?
HANS ETTMAYER: Den Namen hat mir der tschechische Trainer Leopold Stastny bei Wacker Innsbruck verpasst. Früher hat jeder seinen Spitznamen abgekriegt. Buffy heißt so viel wie Dickerchen.
Waren Sie da nicht etwas beleidigt?
ETTMAYER: Überhaupt nicht. Ich hatte immer Theater mit den Trainern. Ich war damals ungefähr 1,72 Meter groß und hab 84 Kilo gewogen. „Du musst abnehmen!“, haben die mir gesagt. Aber das ist mir nie gelungen. Ich hab seitdem noch ein paar Gramm zugenommen. Was „Dicker“ heißt, weiß ich leider nicht.
Wurden Sie mit Ihrem Gewicht nicht irgendwann auf die Bank gesetzt?
ETTMAYER: 1973 beim VfB wollte Herrmann Eppenhoff mich unter die 80 Kilo kriegen. Ich hab nichts mehr zu fressen gekriegt, gar nichts! Ich hab es dann tatsächlich geschafft, mich auf 79,8 Kilo runterzuhungern. Die ganze Mannschaft schrie „Hurra!“ Aber dann hatten wir irgendein Vorbereitungsspiel. Ich hab gespielt wie der letzte Arsch und der Trainer sagte zu mir: „Friss wieder, Buffy.“
Ging es im Profi-Fußball früher lockerer zu als heutzutage?
ETTMAYER: Ich behaupte: Wir haben früher sogar viel mehr trainiert als die Spieler heute – länger und intensiver. Dafür hab ich mindestens zehn Zeugen. Ich lach mir einen Ast ab, wie die heute trainieren.
Was hat sich noch verändert seit Ihrer Profizeit?
ETTMAYER: Alles ist schicker geworden: Der Rasen, das Stadion, die Autos. Da kriegste Tränen in den Augen. Heute glaubt kein Mensch mehr, wo wir früher gekickt haben. Es gibt heute Riesenstadien. Und was wird darin gespielt? Der Sport hat sich für mich nicht verbessert. Viele der Fußballer heute hätten früher Koffer getragen. Wenn einer aus ein paar Metern trifft, kriegt er gleich eine Million. Früher wurde besser Fußball gespielt – technisch versierter. Heute wird Fußball gekämpft. Aber ich spiele gerne hinter dem Ball, nicht dagegen!
Auch bei Ihrem Ex-Verein VfB Stuttgart geht es zurzeit steil bergab – woran liegt‘s?
ETTMAYER: Das geht doch schon seit drei Jahren so. Die Einkaufspolitik funktioniert einfach nicht. So viele Neue mussten schon wieder gehen. Abdellaoue, Rausch und Haggui zum Beispiel. Einen richtigen Knaller kann sich der Verein nicht leisten. Und die Perspektivspieler? Die haben keine Perspektive. Das sieht man schon daran, dass sie gleich wieder weg sind.
Und trotzdem gehen Sie jedes Wochenende ins Stadion.
ETTMAYER: Eigentlich bin ich seit 1960 Bayern-Fan. Ich hatte vor dem VfB schon einen Vertrag mit Bayern, aber das hat nicht geklappt. Naja, man sieht ja: Jetzt bin ich trotzdem wieder hier. Es gefällt mir im Schwabenland. Man muss sich ein bisschen einfügen, aber dann kommt man überall zurecht.
1975 endete Ihre Karriere beim VfB Stuttgart – wie kam‘s?
ETTMAYER: Gerhard Mayer-Vorfelder hat mich beurlaubt, weil ich zu vorlaut war. Dann bin ich nach Hamburg gegangen. Weltklasse! Nur meine Frau war davon nicht so begeistert. Ich bin ein Nachtmensch. In Hamburg hab ich nicht so viel Sonne gesehen.
Im Nachhinein betrachtet: Sind Sie mit Ihrer Karriere zufrieden?
ETTMAYER: Ich bin damit sehr zufrieden. Wer kann schon sein Lieblingshobby zum Beruf machen? Du kommst als kleiner Bub auf die Welt und fängst an zu kicken. Und dann verdienst du damit Geld. Das ist das Beste auf der Welt. Ich hätte nur gerne so viel verdient wie die Spieler heute.
Sehen Sie die Entwicklung im modernen Fußball nicht kritisch?
ETTMAYER: Ach Quatsch. Das Schicki-Micki-Getue ist mir egal. Da bin ich dabei!
Fußballer gehen bekanntlich früh in Rente. Wurde Ihnen nicht schnell langweilig?
ETTMAYER: Überhaupt nicht, ich hab immer was zu tun. Mein Lieblingsplatz ist am Kirchheimer Wachthaus. Da gibt‘s gutes Eis. Deswegen hab ich Übergewicht – wegen meiner Schwäche für Süßigkeiten. Ich war schon öfter in der Diabetes-Klinik, aber mir fehlt einfach die Disziplin. Dafür sind wir Österreicher doch bekannt: Die Deutschen sind geboren, um zu arbeiten, die Österreicher, um zu leben.
Zur Person
Johann „Buffy“ Ettmayer wurde 1946 in Wien geboren. Nachdem er 1971 als Publikumsliebling bei Wacker Innsbruch österreichischer Meister wurde, wechselte er zum VfB Stuttgart. Neben seinem knallharten Schuss und Überblick über das Spielfeld war er schon damals für seinen Wiener Schmäh berühmt und berüchtigt. In 101 Spielen konnte er für die Weiß-Roten 33 Mal einnetzen. Außerdem absolvierte er zwischen 1968 und 1975 insgesamt 30 Spiele für die österreichische Nationalmannschaft. Mit dem Ende bei der Nationalmannschaft verließ er auch den VfB in Richtung Hamburg. Nach weiteren Stationen in Lugano, Freiburg und Göppingen wurde er 1984 Trainer in Rommelshausen. Heute lebt er mit seiner Frau Susanna wieder in Notzingen.