Zwischen Neckar und Alb
Gästezahlen brechen massiv ein

Tourismus Corona-bedingt gehen die Gäste- und Übernachtungszahlen in der Region Stuttgart dramatisch zurück. Auch die Hotels im Landkreis Esslingen sind davon stark betroffen. Von Matthäus Klemke

Mit nur 4,2 Millionen Übernachtungen im vergangenen Jahr musste die Region Stuttgart drastische Einbußen beim Tourismus hinnehmen. Das teilten die Stuttgart-Marketing und das Statistische Landesamt mit. Demnach fiel der Tourismus im Jahr 2020 auf das Level von 1996 zurück.

Die fünf Landkreise der Region und die Landeshauptstadt seien „gezeichnet von den verheerenden Auswirkungen der Corona-Pandemie“, heißt es in der Pressemitteilung. Während den Übernachtungsgästen zu Beginn 818 Betriebe mit 59 480 Betten zur Verfügung standen, reduzierte sich das Angebot im Laufe des Jahres auf etwa 694 Betriebe mit 50 337 Betten. Die Auslastung lag im Jahresschnitt bei 22,5 Prozent. Das Übernachtungsvolumen fiel im Vergleich zum Vorjahr um 54,4 Prozent.

Unter den Landkreisen schneidet der Kreis Esslingen mit einem Minus von 57 Prozent am schlechtesten ab. Nur 680 633 Übernachtungen gab es im vergangenen Jahr. Zum Vergleich: 2019 waren es noch knapp 1,6 Millionen. Einen starken Einbruch gab es bei den Übernachtungen von Gästen aus dem Ausland. Spitzenreiter sind wie im vergangenen Jahr die US-Amerikaner mit 16 593 Gästen zwischen Januar und November. Im Jahr 2019 waren es noch 45 085 Übernachtungsgäste. Den stärks- ten Einbruch gab es bei den Gästen aus China. Waren es 2019 noch 18 464, wurden 2020 nur 1580 gezählt.

„Überraschend sind diese Zahlen nicht“, sagt Daniel Ohl, Pressesprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg (Dehoga). „Von Mai bis Oktober hatten wir in Baden-Württemberg noch ganz ordentliche Zahlen, gerade im Schwarzwald und am Bodensee, weil viele Leute Urlaub im eigenen Land gemacht haben. Der Landkreis Esslingen hat von diesen privaten Übernachtungen aber nur wenig profitiert.“ Hier seien die Hotels vor allem auf Geschäftsübernachtungen ausgerichtet.

Seit dem 1. März 2020 fand auf der Landesmesse nichts mehr statt. Das bekommen alle Hotels in der Region massiv zu spüren. Hinzu kommt der Wegfall von Hochzeiten und anderen Events. Manche Hotelbetreiber aus dem Kreis sprechen von einer derzeitigen Auslastung von gerade einmal zehn Prozent.

„Im Landkreis Esslingen ist der Anteil der Geschäftsreisenden besonders hoch“, bestätigt auch Judith Rühle, Tourismusbeauftragte des Landkreises. „Dies liegt natürlich insbesondere an der Bedeutung der Messe Stutt- gart. Für die Hotels ist damit der Tourismus fast vollständig eingebrochen.“ Dem Landratsamt liegt bisher eine corona-bedingte Insolvenz eines Hotels vor: das Esslinger Park Consul Hotel.

Private Übernachtungen finden hingegen vor allem rund um die Schwäbische Alb statt. „Hier können immerhin einige Gastgeber von der im Juli 2020 eingeführten Gästekarte Albcard profitieren“, so Rühle. In den ersten drei Monaten wurden mehr als 57 000 Übernachtungen von Gästen mit einer Albcard verzeichnet. „Über 18 000 Mal nutzten Gäs- te die Albcard, um Sehenswürdigkeiten und touristische Angebote der Schwäbischen Alb kostenlos zu erleben“, so Rühle.

Dehoga-Sprecher Daniel Ohl gibt zu bedenken, dass der Tourismus im Kreis auch nach der Corona-Pandemie eine Veränderung erfahren wird. „Betriebe haben gemerkt, dass Tagungen auch online funktionieren können.“ Das Auslas- tungsniveau der vergangenen Jahre zu erreichen, könnte also auch nach der Corona-Zeit schwierig werden. „Es wäre naiv zu glauben, dass alles so wird, wie es früher war“, meint Ohl. Deshalb müsse man auch im Landkreis Esslingen den privaten Tourismus mehr in den Fokus rücken. „Städte müssen ihre touristische Attraktivität steigern. Der Landkreis Esslingen hat einiges zu bieten.“

Die Krise habe dem Tourismus auch Chancen eröffnet, sagt Ohl: „Viele Menschen haben entdeckt, dass es auch abseits der typischen Reiseziele schöne Ecken gibt.“ Hier seien nun das touristische Marketing und die Hotelbetreiber gefragt: „Um diese Urlaubsgäste nicht wieder zu verlieren, gilt es, entsprechende Angebote zu machen.“

Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Mobilität und intelligente Angebotsvernetzung - so möchte die Region Stuttgart auf die Krise reagieren, sagt Armin Dellnitz, Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing und Regio Stuttgart Marketing- und Tourismus GmbH: „Wir werden gemeinsam mit unseren Partnern den Freizeittourismus ausbauen, neue hybride Veranstaltungsformate anbieten, die Synergien zwischen Landeshauptstadt und Region noch optimaler nutzen.“